Aus den Augen (T-FLAC) (German Edition)
trampelte zu der glänzenden schwarzen Limousine zurück. Kane konzentrierte sich wieder auf die Kamera und gab AJ weitere fünfzehn Minuten lang knappe Anweisungen, bevor er schließlich rief: »Okay, das war’s. Zieh dich um, und wir verschwinden hier.« Kane hatte die Stimme ein wenig erhoben.
AJ hörte ihn wirklich gut. Seine Stimme war tief und voll, genau richtig, um weit zu tragen.
Der Bodyguard kehrte zurück, eine langstielige Rose in der Hand.
AJ ignorierte den Kerl im Anzug und war einfach nur froh, bequeme Sachen anziehen zu können. Kane hatte ein paar junge Männer angeheuert, die auf sein Zeichen hin den Baldachin abbauten und ihm behilflich waren, seine Sachen in den Wagen zu laden.
Sie kam sich ein bisschen wie eine Glucke vor, der die Küken nachliefen, während sie hastig über den Parkplatz auf das kleine Zelt zueilte, um sich umzuziehen, gefolgt von kichernden, schubsenden Kindern.
Sie blieb stehen, als der Chauffeur der Limousine ihr in den Weg trat, die langstielige Rose gezückt wie ein Schwert. Er schob sie ihr vor die Brust. »Mr. Raazaq würde Sie heute Abend gerne zum Dinner einladen.«
AJ nahm die verwelkende Blume am Stil. Sie wusste, wie man sich bei dieser Hitze fühlte. »Ich weiß nicht, wer dieser Mr. Reesack ist. Bestellen Sie ihm meinen Dank, mein Lieber, aber ich bin heute Abend beschäftigt. Ein andermal vielleicht.« Sie drehte sich um und winkte dem Mann zu, der sich hinter den schwarzen Scheiben des Wagens verbarg. »Wir sind in der Auberge du Lac. Er soll mich anrufen.« Sie wartete nicht auf die Antwort, sondern lief weiter, die Kinder, zwei Hunde und einen kreischenden Esel im Schlepptau.
In Ägypten war es Brauch, die erste Einladung abzulehnen. Raazaq hätte es verdächtig gefunden, wenn sie sofort eingewilligt hätte, mit ihm zu Abend zu essen. Er würde anrufen. Sie würde annehmen.
Man hatte sie wegen ihrer Schießkünste auf diese Mission geschickt. Aber falls es ihr gelang, Raazaq auf möglichst undurchsichtige Weise zu eliminieren und den Verdacht auf einen seiner Leute zu lenken, umso besser.
Gift oder Kugel. Sie würde den Job erledigen, so oder so.
Tot war tot.
Es gab keinen Spielraum für Faxen. Keinen Spielraum für Fehler.
Das Gift aus ihrem goldenen Ohrring wirkte langsam. Abhängig vom Körpergewicht in einem Zeitraum von fünf bis neun Stunden. AJ und Kane würden längst wieder in Kairo sein, wenn Raazaq seinen letzten Atemzug tat.
Sie würden abwarten, bis ihr Nachrichtendienst den Tod bestätigte und dann den nächsten Flug nach Hause nehmen.
Schnell und relativ einfach, falls alles nach Plan lief. Falls nicht, gab es immer noch die Dragunov und eine schnelle Kugel.
Sie würde nicht danebenschießen.
Nicht noch einmal.
»Was machst du so lange da drin?«, rief Kane von draußen. »Einen Tunnel nach China graben?«
»Mich umziehen. Du kannst schon mal das Auto beladen, und würdest du bitte die Klimaanlage anschalten?«
»Ja, Madam.«
Sie war mehr als glücklich, das Chiffonkleid loszuwerden und in den kühlen blumengemusterten Rock und ein T-Shirt zu schlüpfen. Auch wenn die Stiefel nicht unbedingt dazu passten, sie fühlte sich doch ein bisschen mehr wie sie selbst. Sie packte das Make-up zusammen und trat aus dem Zelt in die Nachmittagshitze.
»Danke.« Sie bedeutete den beiden Männern, die draußen herumschlichen, dass sie das Zelt abbauen konnten, und ging zum Wagen, wo Kane auf sie wartete.
Die Limousine war fort, aber der Rest des Publikums lief immer noch in einem weiten Kreis um sie herum. Die Leute zögerten zu gehen, um ja nichts zu verpassen, aber inzwischen war auch ihnen heiß und langweilig. Sie liefen umher, plauderten, aßen und starrten sie an.
AJ machte die Tür auf und glitt ins kühle Wageninnere. »Er hat den Köder geschluckt.« Sie drehte das warme Gewicht ihrer offenen Haare zusammen und steckte sie mit einem Stift, der auf der Mittelkonsole lag, am Hinterkopf zusammen.
»Zweifelsohne.« Kane startete den Wagen. »Wir halten uns, bis er sich meldet, bedeckt. Soll er ruhig schmoren. Das macht ihn nur gieriger. Und unaufmerksamer.«
Sie legte den Kopf an die Sitzlehne und drehte sich zu ihm. »Gott, ich kann es nicht erwarten loszulegen.«
Die kühle Brise aus der Klimaanlage wehte Kane die Haare ins kantige Gesicht. Er sah sie an. »Du freust dich darauf?« Die Worte waren schlicht, es war der Unterton, der AJ das Blut in den Kopf steigen ließ.
Dass er sich ihrer sicher sein musste, war
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