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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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zitterte. Wie konnte sie
    dieses Omen – und ein Omen war es zweifellos – von der düsteren Prophezeiung, vom drohenden Untergang Avalons denken?
    »Der Gott hat einen Platz für den Verräter vorbereitet. Begrabt ihn also in der gespaltenen Eiche…«
    Die Priesterinnen verneigten sich schweigend und gingen durch Blitz und Donner in den wild niederprasselnden Regen hinaus. Morgaine dachte angstvoll daran, daß sie Nimue vergessen hatte. Aber eine Stimme in ihr sagte:
Jetzt ist es zu spät!
    Man fand die junge Priesterin mittags, gerade als die Sonne sich wieder nach dem Sturm zeigen wollte. Nimue lag zwischen dem Schilf im Wasser. Die langen Haare trieben wie goldene Schlingpflanzen im See. Betäubt und starr vor Schmerz dachte Morgaine:
Ich kann es nicht bedauern, daß Kevin nicht allein ins Schattenreich gegangen ist.

10
    Graue Tage folgten auf Kevins Tod. Morgaine zweifelte nicht daran, daß die Göttin es selbst übernommen hatte, die Gefährten der Tafelrunde zu vernichten. Aber warum wollte sie auch Avalon zerstören?
    Ich werde alt. Raven ist tot, und Nimue ist tot, die nach mir die Herrin hier sein sollte. Die Göttin hat auf keine andere Priesterin die Hand gelegt und sie zu ihrer Prophetin erwählt. Kevin liegt in der Eiche begraben. Was soll jetzt aus Avalon werden?
Die Welt schien sich zu entfernen, die Welt jenseits der Nebel schien immer schneller dem Wirklichen zu entrücken. Außer ihr und ein oder zwei alten Priesterinnen konnte niemand mehr die Pforten durch die Nebel öffnen. Es gab auch nur wenige Gründe, es zu versuchen. Manchmal, wenn Morgaine das Haus verließ, sah sie weder die Sonne noch den Mond und wußte, daß sie sich ins Feenreich verirrt hatte. Aber sie entdeckte nur selten die Zeichen der Feen zwischen den Bäumen. Die Feenkönigin sah sie nie wieder. Morgaine fragte sich, ob die Göttin sie wirklich verlassen hatte.
    Einige Mädchen aus dem Haus der Jungfrauen waren wieder in die Welt zurückgekehrt, und andere irrten für immer durch das Feenland.
Die Göttin zeigte sich zum letzten Mal in der Welt, als ich den Gral durch Artus
'
Halle trug,
dachte Morgaine und fragte sich dann verwirrt:
Hat die Göttin den Gral wirklich getragen, oder haben Raven und ich nur ein Trugbild hervorgebracht? Ich habe die Göttin gerufen und fand sie in mir.
Morgaine wußte, sie würde Rat und Trost nur noch in sich finden. Jetzt gab es keine Priesterin, keine Prophetin, keinen Druiden, keinen Ratgeber und keine Göttin mehr, an die sie sich wenden konnte. Ihr blieb nur noch ihr führungsloses Selbst. Hin und wieder versuchte sie nach alter Gewohnheit das Bild der Göttin zu beschwören, um Rat zu finden. Aber sie sah nichts – manchmal Igraines Gesicht… nicht die ältere, den Christenpriestern hörige Witwe, sondern die junge und schöne Mutter, die ihr als erste die Last aufgebürdet hatte. Sie übertrug ihr die Sorge für Artus und gab sie in Vivianes Hände. Hin und wieder sah sie auch Vivianes Gesicht, die sie zu dem Gehörnten geschickt hatte; sie sah auch Raven, die im Augenblick der großen Beschwörung an ihrer Seite stand.
    Sie sind die Göttin, und ich bin die Göttin. Es gibt keine andere Göttin.
    Es trieb sie nichts mehr dazu, in den magischen Spiegel zu sehen. Aber hin und wieder ging sie bei Neumond zur Heiligen Quelle hinauf, um zu trinken und ins Wasser zu blicken. Aber sie sah nur quälende, flüchtige Bilder: Die Gefährten der Tafelrunde ritten ruhelos durchs Land, folgten Träumen und flüchtigen Visionen und dem Gesicht. Aber keiner fand den Gral. Manche vergaßen ihre Aufgabe und suchten nur noch das Abenteuer. Andere begegneten Abenteuern, die ihre Kräfte überstiegen, und sie kamen um. Manche vollbrachten gute Taten, andere ruchlose; ein oder zwei erlebten überwältigende göttliche Visionen, träumten sich ihren eigenen Gral und starben. Andere folgten der Botschaft ihrer Visionen und machten sich auf zur Pilgerfahrt ins Heilige Land. Wieder andere ließen sich von einem Wind treiben, der in dieser Zeit die Welt durchwehte: Sie zogen sich in die Abgeschiedenheit der Wälder zurück und führten ein Leben als Einsiedler. Sie suchten in Höhlen und dürftigen Hütten ein Leben in Stille und Buße… Aber Morgaine erfuhr nicht, welche Visionen sie hatten. Sahen sie den Gral oder etwas anderes?
    Ein- oder zweimal sah sie bekannte Gesichter: Mordred an Artus' Seite in Camelot und Galahad auf der Suche nach dem Gral. Aber da sie ihn nur einmal sah, fragte sie sich, ob er

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