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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erhob sich der Merlin. Er wandte sich dem Pferd zu, und Nimue wußte, dieser Zauber verlangte genaue Anweisungen.
    »Zieh dich zuerst an«, befahl sie. Gehorsam zog er sein Gewand an und gürtete sich. Er bewegte sich hölzern, und Nimue sah im Sternenlicht das Glitzern seiner Augen. Trotz der Macht des Zaubers wußte er, daß Nimue ihn verraten hatte. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt von Schmerz und wilder Zärtlichkeit. Sie wollte ihn zu sich hinabziehen und den Bann brechen, sein erstarrtes Gesicht mit Küssen bedecken und weinen, weinen und weinen über den Verrat ihrer Liebe. Aber auch ich habe einen Schwur geleistet, und es ist Schicksal. Sie kleidete sich an, stieg auf ihr Pferd, und schweigend ritten sie zur Straße nach Avalon. Im Morgengrauen würde Morgaine die Barke über den See schicken.
    Einige Stunden vor der Morgendämmerung erwachte Morgaine aus einem unruhigen Schlaf. Sie ahnte, daß Nimue ihre Aufgabe erfüllt hatte. Schweigend kleidete sie sich an, weckte Niniane und die diensttuenden Priesterinnen. Sie folgten ihr langsam hinunter zum Seeufer – in ihre dunklen Gewänder und die gefleckten Hirschfelltuniken gehüllt, die Haare zu einem einzigen Zopf geflochten, der ihnen über den Rücken fiel, und die Dolche mit den schwarzen Griffen an der Hüfte. Schweigend warteten sie hinter Niniane und Morgaine. Als der Himmel sich im ersten Licht blaßrosa färbte, befahl Morgaine mit einer Geste der Barke abzulegen, und sie sahen, wie sie im Nebel verschwand.
    Sie warteten. Es wurde heller, und gerade als die Sonne aufging, tauchte das Boot wieder aus dem Nebel auf. Morgaine sah Nimue am Bug. Sie hatte die Kapuze über den Kopf gezogen und wirkte groß und aufrecht. Aber ihr Gesicht war unter der Kapuze nicht zu sehen. Im Boot sah sie eine zusammengesunkene Gestalt.
Was hat sie mit ihm gemacht? Ist er tot oder verzaubert?
Insgeheim wünschte Morgaine, er sei wirklich tot. Sie hoffte, Kevin habe sich aus Verzweiflung und Angst das Leben genommen. Zweimal hatte sie diesen Mann außer sich vor Zorn einen Verräter an Avalon genannt. Das dritte Mal war er wirklich zum Verräter geworden, als er die Heiligen Insignien aus dem Heiligtum gestohlen hatte. O ja, er verdiente den Tod. Selbst den Tod, den er an diesem Morgen erleiden würde. Sie hatte mit den Druiden gesprochen, und sie hatten einstimmig erklärt: Er muß im Eichenhain sterben, nicht gnädig und schnell. Seit den Tagen von Eilan hatte es in Britannien einen solchen Verrat nicht mehr gegeben. Eilan hatte insgeheim den Sohn eines römischen Prokonsuls geheiratet und durch falsche Orakelsprüche die Stämme davor zurückgehalten, sich gegen die Römer zu erheben. Eilan war im Feuer gestorben, und mit ihr drei ihrer Priesterinnen. Kevins Tat war nicht nur Verrat, sondern auch Gotteslästerung, und er mußte bestraft werden.
    Zwei der dunklen Männer halfen dem Merlin auf die Füße. Er war nur notdürftig bekleidet, und das Gewand verbarg kaum seine Blöße. Die Haare hingen ihm wirr um den Kopf, und seine Augen starrten ins Leere… stand er unter der Wirkung berauschender Mittel oder war er verzaubert? Der Merlin versuchte zu gehen. Aber ohne seine Stöcke schwankte er und griff haltsuchend um sich. Nimue stand noch immer unbeweglich am Bug und sah ihn nicht an. Aber als die ersten Sonnenstrahlen auf sie fielen, zog sie die Kapuze nach hinten.
    Im selben Augenblick fiel der Zauber von Kevin ab, und Morgaine sah, wie der Krüppel langsam begriff. Er wußte jetzt, wo er sich befand, und was geschehen war.
    Morgaine beobachtete, wie er Nimue ungläubig ansah. Und dann verriet sein Gesichtsausdruck, daß er den Verrat in seinem ganzen Ausmaß erkannte. Voll Entsetzen und Scham senkte er den Kopf.
Jetzt weiß er nicht nur, was es heißt zu verraten, sondern auch verraten zu werden.
    Aber dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Nimue zu. Die Priesterin war bleich, und ihr Gesicht wirkte blutleer. Sie hatte offensichtlich versucht, sich hastig die Haare zu flechten, dennoch lagen sie ihr wirr um den Kopf. Nimue warf einen schnellen Blick auf Kevin, und ihre Lippen zitterten, als sie sich schnell wieder abwendete.
    Sie liebt ihn – der Zauber ist auf sie zurückgefallen. Ich hätte es wissen müssen,
dachte Morgaine,
ein so mächtiger Zauber wirkt in zwei Richtungen.
    Wie es in Avalon Brauch war, verbeugte Nimue sich tief. »Herrin und Mutter«, sagte sie tonlos, »ich bringe Euch den Verräter, der die Heiligen Insignien verraten hat.«
    Morgaine trat vor

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