Koch zum Frühstück (German Edition)
David
»Wo bleibt die beschissene Seezunge? Und ich brauch', verdammt noch mal, zweimal das Perlhuhn für Tisch neun! Und zwar jetzt, nicht in fünf Minuten. Und was ist mit der Soße? Krieg' ich die eigentlich heute noch?«
»Eine Sekunde!«
»Und was, bitte, ist das da?« Ich mustere die beiden Teller, die mir irgendwer an den Pass gestellt hat. Ein echter Witz… aber dummerweise befürchte ich, irgendwer hier glaubt ernsthaft, das seien die Rinderfilets. Witze stehen in meiner Küche nämlich definitiv nicht auf der Karte und folglich haben sie auch am Pass nichts zu suchen. Gott… ich könnte Patrick umbringen! Dieser Vollidiot, nicht mal auf einer Leiter kann er sich halten und sowas ist mein Souschef! Aber was noch viel schlimmer ist: Ohne ihn bin ich hier fast nur von Idioten umgeben. Manchmal glaube ich, Reuter hat einfach ein Schild auf der Straße aufgestellt und ‚Idioten ohne Plan bei regelmäßiger Bezahlung gesucht‘ drauf geschrieben. Und ich bin der Oberidiot, der's dann hübsch anrichten darf. Ich hoffe, Stefan hat hinten auf meinem Platz am Herd wenigstens die Stellung gehalten.
»Das sind die Rinderfilets für Tisch elf«, teilt Alex mir überflüssigerweise mit.
»Mach mir ein Bankettschild dran«, sage ich. »Sonst erkenn' ich's nicht.«
»Ein Bankettschild, sofort. Pierre, der Chef will ein Bankettschild!«
Ich fass es nicht.
»Wer von euch Idioten hat das angerichtet?«, frage ich, ohne weiter drüber nachzudenken, wie bescheuert man eigentlich sein muss, um tatsächlich ein Bankettschild holen zu lassen, während ich versuche, zu retten, was zu retten ist. Ich hoffe, die Filets sind wenigstens auf den Punkt.
»Pierre«, kommt es kleinlaut von Alex. Vermutlich, weil er genau weiß, dass Pierre dafür noch immer nicht qualifiziert ist. Er ist zwar mittlerweile im dritten Lehrjahr, aber an dem Tag, als er sich hier beworben hat, stand vermutlich ‚Vollidioten‘ auf dem Schild.
»Hol' doch gleich die Putzfrau und frag', ob sie einen neuen Job braucht«, sage ich zynisch. Denn wenn Pierre irgendwas überhaupt nicht kann, dann ist es anrichten – abgesehen von all den anderen Sachen, für die er auch zu blöd ist. Fleisch kann er nicht. Soßen auch nicht. Die Liste ist endlos. Wobei, neulich, als einer meiner beiden Spüler unentschuldigt gefehlt hat, hat er seine Sache als Ersatz gar nicht so schlecht gemacht. Außerdem kann er mittlerweile auch gut ‚Mise en Place‘ kloppen und Gemüse schälen. Allerdings hab' ich keine Ahnung, wie er es damit durch die Gesellenprüfung schaffen will…
»Claas?«
»Chef?«, höre ich es von irgendwoher aus der Küche.
»Mach' den Pass, sonst gibt das eine Katastrophe. Und damit meine ich nicht nur, dass ich ausflippe…«
»Okay!« Nur ein paar Sekunden später steht Claas neben mir und wischt sich die Hände am Touchon ab.
Eigentlich ist der Pass als Küchenchef zum Großteil meine Aufgabe. Jedenfalls, nachdem ich die Einteilung für den Abend gemacht habe. Ich koche nicht mehr allzu oft selbst. Diese Typen brauchen Aufsicht. Aber da Patrick für die nächsten Wochen ausfällt, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich selbst an den Herd zu stellen. Und ich hab' keine Ahnung, wie dieser Laden hier so lange mit einen Mann weniger funktionieren soll… Ich hatte noch nicht viel Zeit, darüber nachzudenken Vielleicht könnte ich Claas das Fleisch machen lassen… Dann könnte ich anrichten und vorne wenigstens ein Auge drauf haben, was der Rest der Truppe so treibt…
Nicht, dass ich drauf stehe, im Gegenteil, ich hasse anrichten. Was allerdings nicht heißt, dass das Ergebnis genauso beschissen aussieht wie diese kümmerlichen Rinderfilets. Ich bin da Perfektionist. Und hinter vorgehaltener Hand hält dieser ganze Laden hier mich für verdammt verbissen. Manche finden, dass ich ein Arschloch bin. Aber der Erfolg gibt mir Recht. Schließlich ist es immer noch mein Stern, der ihnen ihren Job sichert. Außerdem hat ein bisschen Ehrgeiz noch niemandem geschadet… schon gar nicht in der Küche.
»Was?«
Elena, oder wie auch immer die Kleine aus dem Service heißt, steht vor uns und streckt Claas in Erwartung der Teller ihre Handflächen hin.
»Das kann so nicht raus«, blaffe ich sie an. »Und reiß Pierre gefälligst den Arsch auf!« Das gilt wieder Alex, der immer noch dämlich neben mir steht.
»Noch mal?«, fragt er betreten.
Einen Augenblick lang denke ich darüber nach, wann ich das letzte Mal angeordnet habe,
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