Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
»Ich mache Euch einen anderen Vorschlag. Schickt ihn zu mir, damit er in Avalon aufwächst. Niemand außer den Gläubigen im Dienst der Heiligen Insel können dorthin gelangen. Mein jüngster Sohn ist bereits sieben Jahre alt; ich werde ihn bald an den Hof des Königs Ban in die Bretagne schicken, damit er dort aufwächst, wie es sich für den Sohn eines Königs ziemt. Ban hat noch andere Söhne, Galahad ist nicht sein Erbe. Aber Ban erkennt ihn als seinen Sohn an. Er gab ihm Ländereien und Besitz. Galahad soll als Page und später als Soldat an seinem Hof bleiben. In Avalon wird Euer Sohn alles lernen, was er über die Geschichte seines Landes und über seine Bestimmung wissen muß… ebenso wie über das Schicksal Britanniens. Uther, keiner Eurer Feinde weiß, wo Avalon liegt. Dort wird ihm kein Leid geschehen.«
»Er wäre wohl in Sicherheit. Aber das ist aus einem anderen Grund nicht möglich. Mein Sohn muß als Christ erzogen werden. Die Kirche ist mächtig; sie würde keinen König hinnehmen…«
»Ich dachte, Ihr hättet gesagt, er könne nicht König nach Euch werden«, entgegnete Viviane trocken.
»Die Möglichkeit besteht immer«, klagte Uther verzweifelt, »wenn Igraine keinen anderen Sohn bekommt. Würde er unter Druiden und Zauberern aufwachsen… die Priester sprächen von Sünde.«
»Verkörpere ich in Euren Augen das Böse, Uther… oder der Merlin?« Viviane blickte dem König offen in die Augen, und Uther senkte den Blick.
»Nein, natürlich nicht.«
»Warum wollt Ihr dann Igraines Sohn nicht seiner und meiner Weisheit anvertrauen?«
»Weil auch ich dem Zauber von Avalon nicht traue«, bekannte Uther schließlich und berührte fahrig die tätowierten Schlangen an seinem Handgelenk. »Ich habe auf dieser Insel Dinge gesehen, die jeden Christen erbleichen ließen… und wenn mein Sohn herangewachsen ist, wird dieses Land christlich sein. Ein König wird sich dann nicht mehr mit solchen Dingen beschäftigen müssen.« Viviane spürte Zorn in sich aufsteigen.
Du Narr, der Merlin und ich haben dich auf den Thron gesetzt, nicht deine christlichen Priester und Bischöfe.
Aber es konnte zu nichts Gutem führen, sich mit Uther zu streiten.
»Ihr müßt tun, was Euch Euer Gewissen befiehlt, Uther. Aber ich bitte Euch, laßt ihn an einem geheimen Ort erziehen. Verkündet, daß er in der Abgeschiedenheit aufwächst, damit er nicht den Schmeicheleien erliegt, die einen Prinzen bei Hofe verderben… das ist einleuchtend genug. Laßt die Leute glauben, er gehe in die Bretagne, an Bans Hof. Dann schickt Ihn zu einem Eurer ärmeren Vasallen… vielleicht zu einem der alten Getreuen des Ambrosius… zu Uriens oder Ectorius, zu jemandem, der zurückgezogen lebt und Eures Vertrauens würdig ist.«
Uther nickte bedächtig. »Igraine wird es schwerfallen, sich von ihrem Sohn zu trennen«, sagte er, »aber ein Prinz muß aufwachsen, wie seine Bestimmung es verlangt. Er muß Selbstbeherrschung üben und sich zu fügen wissen. Ich werde noch nicht einmal Euch, Schwägerin, sagen, wohin ich ihn schicken werde.«
Viviane lächelte und dachte:
Glaubst du wirklich, Uther, du kannst es vor mir verbergen, wenn ich es erfahren will?
Aber sie war zu klug, um es laut auszusprechen.
»Ich möchte Euch noch um einen anderen Gefallen bitten, Schwager«, sagte sie. »Gebt mir Morgaine, ich will sie in Avalon erziehen.«
Uther sah sie einen Augenblick verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. »Unmöglich!«
»Was ist dem Großkönig, dem Pendragon unmöglich?«
»Für Morgaine gibt es nur zwei Wege«, erwiderte Uther. »Sie wird einem mir treu ergebenen Mann zur Frau gegeben, dem ich vertrauen kann. Und wenn ich keinen solchen Mann unter meinen Verbündeten finde, muß sie den Schleier nehmen und ins Kloster gehen. In meinem Reich wird sie keine Cornwall-Erben großziehen.«
»Für eine gute Nonne erscheint sie mir jedoch nicht fromm genug.«
Uther zuckte mit den Schultern. »Bei der Mitgift, die ich ihr gebe, wird jedes Kloster Morgaine mit offenen Armen aufnehmen.«
Plötzlich wurde Viviane zornig. Sie blickte Uther fest in die Augen und sagte: »Glaubt Ihr wirklich, Ihr könnt das Reich lange ohne die Unterstützung der Stämme halten, Uther? Ihnen liegt nichts an Eurem Christus und an Eurer Religion! Sie blicken nach Avalon, und als diese Schlangen…«, sie berührte mit dem Finger die Zeichen an seinem Gelenk – hastig zog Uther die Hand zurück –, »… als diese Schlangen um Eure Arme gelegt wurden,
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