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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Handlung, die sie nun vollziehen mußte. Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie noch immer die Kraft dazu besaß. Angstvoll dachte sie:
Ich bin schon alt, aber ich muß noch leben, bis Morgaine und ihr Bruder erwachsen sind. Der Frieden dieses Landes hängt von dem ab, was ich tun kann, um sie zu schützen.
Sie verdrängte diesen Gedanken. Jeder Zweifel war von Übel. Sie erinnerte sich selbst daran, daß sie dies fast jeden Tag getan hatte, seit sie erwachsen war. Inzwischen empfand Viviane es als natürlich, daß sie es im Schlaf oder auf dem Sterbelager hätte tun können. Aufrecht und starr stand sie, gefangen in der Spannung des Zaubers, hob die Arme hoch über den Kopf, streckte sie aus, die Handflächen dem Himmel zugewendet, dann stieß sie schnell den Atem aus, ließ die Hände sinken – und mit ihnen senkten sich die Nebel herab. Die Kirche verschwand, die Insel der Priester und selbst der Berg. Das Boot glitt durch dicken, undurchdringlichen Nebel, der sie wie dunkle Nacht umgab. Viviane hörte, wie Morgaine in der Dunkelheit ängstlich wie ein erschrockenes Tier schneller atmete; sie wollte sprechen, um dem Mädchen zu versichern, daß nichts zu befürchten sei, beschloß aber dann zu schweigen. Morgaine war jetzt eine Priesterin in der Ausbildung, und sie mußte lernen, die Angst ebenso zu besiegen wie Müdigkeit, Hunger und Mühsal. Das Boot glitt schnell und sicher durch den Nebel; auf diesem See gab es keine anderen Schiffe. Viviane spürte die durchdringende Feuchtigkeit auf Haar und Augenbrauen. Auch ihr wollener Umhang wurde naß. Morgaine zitterte in der plötzlichen Kälte. Dann verschwand der Nebel wie ein Vorhang, den jemand zur Seite zieht. Vor ihnen im Sonnenlicht lag eine grüne Küste. Auch der Berg war wieder da. Viviane bemerkte, wie das junge Mädchen vor Überraschung und Staunen den Atem anhielt. Auf der Spitze des Berges erhob sich im strahlenden Sonnenlicht ein Kreis aufrechter Steine. Dorthin führte der breite Prozessionsweg, der sich wie eine Spirale den hohen Berg hinaufwand. Am Fuß des Berges standen die Gebäude, in denen die Priesterinnen lebten. Auf einer Anhöhe sah das Mädchen den Heiligen Brunnen und etwas tiefer gelegen das silberne Glitzern des Spiegelteiches. Am Ufer erstreckten sich Haine mit Apfelbäumen, und dahinter wuchsen mächtige Eichen. In ihren Zweigen hingen goldene Misteln.
    Morgaine flüsterte ergriffen: »Wie schön…«, und Viviane hörte die Ehrfurcht in der Stimme, als sie fragte: »Ist das alles Wirklichkeit, Herrin?«
    »Es ist wirklicher als jeder andere Ort, den du je gesehen hast«, antwortete Viviane, »und bald wirst du es selbst wissen.« Die Barke näherte sich dem Ufer und stieß knirschend auf den Sand. Die schweigenden Ruderer vertäuten sie und halfen der Herrin an Land. Dann führten sie die Pferde von Bord; Morgaine mußte das Boot alleine verlassen.
    Sie sollte den ersten Blick auf Avalon im Sonnenuntergang nie vergessen. Grüne Wiesen erstreckten sich bis hinunter zum hohen Schilf, das den See säumte. Schwäne glitten still wie das Boot über das Wasser. Hinter den Eichen und Apfelbäumen erhob sich ein niedriges Gebäude aus grauen Steinen, und Morgaine sah weißgewandete Gestalten, die langsam durch den Säulengang schritten. Von irgendwoher drangen die leisen Klänge einer Harfe. Die schrägen Sonnenstrahlen – war das die Sonne, die sie kannte? – tauchten das Land in goldenes Schweigen. Morgaine spürte Tränen in sich aufsteigen. Ohne zu wissen warum, dachte sie:
Ich komme nach Hause,
obwohl sie ihr ganzes Leben in Tintagel und Caerleon verbracht und das Feenreich noch nie gesehen hatte. Viviane gab Anweisung, die Pferde zu versorgen, und wendete sich dann wieder Morgaine zu. Sie sah die Ehrfurcht und die Ergriffenheit auf dem Gesicht des Mädchens, und sie schwieg, bis Morgaine tief Luft holte, als erwache sie aus tiefem Schlaf. Auf dem Pfad kamen ihnen Frauen in dunklen Gewändern, über die sie Umhänge aus Hirschleder trugen, entgegen; manche hatten einen blauen Halbmond zwischen den Augenbrauen. Einige waren klein und dunkel wie Viviane und Morgaine, aber andere waren groß und schlank mit blonden oder rötlichbraunen Haaren. Morgaine entdeckte zwei oder drei, denen man deutlich die römische Abkunft ansah. Die Frauen verbeugten sich in schweigender Ehrfurcht vor Viviane, und die Priesterin hob segnend die Hand.
    »Dies ist meine Verwandte«, erklärte Viviane. »Sie heißt Morgaine, und sie wird eine der euren

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