Bädersterben: Kriminalroman
am Fähranleger in Glückstadt anzusteuern. ›Alter Tattergreis‹ war noch das Vornehmste, was ihm die nachfolgenden Mitreisenden an den Kopf knallten. Zweimal war er versucht, die Autonummer zu notieren, aber ihn interessierten Stübers Informationen mehr.
»Stüber, bist du noch dran?« Sein Oberkommissar hatte immerhin die Stellung gehalten, und er setzte seinen Bericht fort. »Ja, wie ich bereits eben sagte. Insgesamt hätten hier fast 250 Millionen Euro verbuddelt werden können und 100 vorwiegend hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn nicht …« Jetzt unterbrach Stüber das Gespräch. Hansen schlug wütend auf das Lenkrad. Es sollte anscheinend nicht sein. Doch Stüber meldete sich wieder. »Kommissar Klüver vom BKA hat uns gerade Infos über Dieter Duckstein und seine ehemalige Frau zugesendet. Die beiden haben gemeinsam zwei Insolvenzverfahren heil durchgestanden. Vorstrafen gibt es keine, aber die Steuerfahndung kennt Ducksteins Haus vermutlich besser als er selbst. Er gilt als vermögend, aber sein Geld lagert nicht auf deutschen Konten. Klüver versucht jetzt über Europol noch einmal, auf mögliche versteckte europäische Depots von ihm zu stoßen.«
Das waren spannende Details, aber dieser Duckstein interessierte Hansen genauso sehr wie die toten Katzen des Nachbarn. Er hielt ihn lediglich für eine schmierige Ratte. »Stüber, was ist denn nun bei Heidenreich schiefgelaufen?«
Sein Oberkommissar setzte noch einmal von vorn an. »Heidenreich wollte in der Tat fast 250 Millionen Euro in die Hand nehmen, um ein Millionärsbecken mit der entsprechenden Infrastruktur aus dem Watt zu stampfen. Er hatte sogar eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Biologischen Anstalt Helgoland in den Händen. Das soll angeblich der Heiligenschein sein, der jeden Landesbediensteten ohne weitere Nachprüfungen Baugenehmigungen erteilen lässt.«
Warum kam Stüber nicht auf den Punkt? Hansen war schier am Verzweifeln. »Stüber, du hast eben zweimal ›wenn nicht‹ gesagt. Was ist schiefgelaufen?«
Wieder legte Stüber die gewohnte kleine Kunstpause ein, bevor er ein wenig unwillig endlich die Auskunft gab. »Na ja, seine Architekten hatten zur Nordsee hin großzügig geplant. Richtung Norden sollte allerdings zur südlichsten Straße von Hörnum, dem Süderende, gegen den Häuserbestand am Hang ein hoher Zaun gezogen werden. Man kann das ja irgendwie verstehen, dass man vom Pöbelpack abgeschirmt sein will.«
Kommissar Hansen wollte keine neue Diskussion mit Stüber über dessen Ansichten beginnen. Er beschränkte sich auf das Dienstliche. »Hast du die Besitzer der Häuser schon überprüfen lassen und mit der Liste aus der Staatskanzlei abgeglichen? Vielleicht war Heidenreich eine regelrechte Hassfigur auf Sylt.«
Sein Oberkommissar beschwichtigte ihn. »Nein. Heidenreich hatte sich als Investor völlig zurückgehalten. Er hatte seine Finanzmanager alles mit den Architekten einfädeln lassen, und deswegen ist das Projekt vermutlich auch in die falsche Richtung gelaufen. Zur Rettung hat sich Heidenreich dann der Dienste von Reinicke versichert, dessen Gutachten deutlich machen sollte, dass die Planung für Sylt eine Aufwertung bedeuten würde.«
Hansen wurde unruhig. »Wen hatte Heidenreich denn beauftragt? Die Biologische Anstalt oder Reinicke direkt?«
Sein Oberkommissar übte sich in Demut. »Mensch, Hauptkommissar Hansen. Druck hilft doch keinem jetzt. Ich weiß es nicht. Über die Infos von Heidenreich verfüge ich seit keiner halben Stunde, und in Wedel habe ich noch niemanden erreicht. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Daneben gibt es auch noch ein Privatleben. Ich jedenfalls habe noch eines. Ich melde mich morgen wieder.«
Hansen beendete mürrisch das Gespräch und entschied sich, wegen der politischen Gefechtslage abzuwarten und Stuhr erst zu informieren, wenn Stüber nähere Erkenntnisse über den Widerstand in Hörnum gesammelt hatte. Beruhigend war natürlich die Tatsache, dass sich Stüber offenbar wieder mit der Witwe Eilenstein vertragen hatte.
Wo sollte Hansen jetzt hinfahren? Eigentlich sollte er in die Polizeidirektion nach Kiel reisen, um Stüber zukünftig mehr auf die Finger zu klopfen. Er entschied sich aber, nach Sankt Peter zurückzukehren und das schöne Sommerwetter zu genießen.
27 Muschelfang
Schon von Weitem war seine blonde Terrassennachbarin an der Hotelbar unübersehbar. Nicht, dass sie mögliche Nebenbuhlerinnen wegen ihrer besonderen Schönheit
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