Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
1
Es regnet. Schon wieder. Ich bin noch nicht richtig wach, als diese Gedanken durch meinen Kopf wandern. Einen Kopf, der sich anfühlt, als wäre er mit Nebel gefüllt. Verdammte Schlaftabletten.
„Damit solltest du aufhören, Tamara“, murmele ich. „Das ist auf Dauer nicht gesund.“ Erschöpft schließe ich die Augen. Diese Selbstgespräche strengen mich an. Sogar das Schlafen strengt an. Mit einem Seufzer drehe ich mich auf die Seite. Nur noch fünf Minuten.
Der Regen trommelt noch immer leise an die Fensterscheibe, als ich das nächste Mal aufwache. Ich muss aufstehen. Ohne große Begeisterung lasse ich es zu, dass sich der Gedanke in meinem Dämmerzustand auflöst. Aber es hilft nichts, irgendwann muss ich diesen Tag beginnen.
Mit halb geschlossenen Augen taste ich mich ins Badezimmer vor. Dort vermeide ich den Blick in den Spiegel, denn ich ahne, wie ich aussehe. Stattdessen klatsche ich mir jede Menge kaltes Wasser ins Gesicht. Das vertreibt normalerweise die weiße Schwerelosigkeit, die sich in meinem Gehirn festgesetzt hat. Seit zwei Wochen schon finde ich ohne die harmlos aussehenden kleinen Pillen nachts keine Ruhe mehr. Wenn das so weitergeht, verwandele ich mich noch in einen Pharmajunkie.
Aber damit ist jetzt Schluss! Gestern Abend, als ich noch klar denken konnte, habe ich beschlossen, den ständigen Streitereien zwischen meinem zukünftigen Ehemann Ron und meiner Mutter ein Ende zu bereiten. Es wird Zeit, dass die beiden anfangen, sich wie erwachsene Menschen zu benehmen. Noch ist mir schleierhaft, wie ich das erreichen soll. Seit unsere Hochzeit näher rückt, wird die Stimmung zwischen den beiden immer angespannter. Wenn ich nicht damit beschäftigt bin, die aufgeregten Gemüter zu beruhigen, vertreibe ich mir die Zeit damit, mich zu ärgern. Darüber, dass es keinen der beiden Streithähne interessiert, wie ich mir den schönsten Tag meines Lebens vorstelle. Der droht allmählich zu meinem schlimmsten Albtraum zu werden! Und nur deshalb kann ich seit Wochen nicht mehr schlafen.
Meine Gedanken werden von der Türklingel unterbrochen, die ich gekonnt ignoriere. Es ist mir egal, wer draußen steht. Schließlich bin ich weder geschminkt noch richtig angezogen. An die Unordnung, die im ganzen Haus herrscht, will ich gar nicht denken. Ron ist seit gestern auf Geschäftsreise, was regelmäßig dazu führt, dass das Chaos mit beängstigender Geschwindigkeit einzieht. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber kaum ist er weg, verwandeln sich sämtliche Räume in ein Schlachtfeld, übersät mit meinen Habseligkeiten.
Wieder durchschneidet das melodische Klingeln, das für diese Tageszeit eindeutig zu laut ist, meine wirren Gedankengänge. Das kann nur ein Verrückter sein! Irgendwann wird er merken, dass niemand zu Hause ist. Entschlossen greife ich zum Make-up, beginne gerade damit, mein Gesicht in eine makellose Maske zu verwandeln, als an die Tür gehämmert wird. Langsam nervt der ungebetene Besucher. Bevor ich mit einem Knall die Badezimmertür zuschlagen kann, um endlich Ruhe zu haben, schallen folgenschwere Worte zu mir herauf: „Öffnen Sie die Tür. Hier ist die Polizei!“
Die Polizei? Meine Hand erstarrt in ihrer Bewegung. Das kann nichts Gutes bedeuten. Hoffentlich ist Ron nichts zugestoßen oder meiner Mutter … Oder sind sie wegen mir da? Der Gedanke legt sich wie ein dunkler Schatten auf meine Seele. Vielleicht sollte ich besser so tun, als sei ich nicht zu Hause. Es ist zwar lange her, seit ich Probleme mit der Polizei hatte, aber es breitet sich noch immer ein mulmiges Gefühl in meinem Magen aus, sobald ich einen Beamten auch nur von Weitem sehe. „Öffnen Sie bitte!“
Mist. Denen scheint es ernst zu sein. Zögernd setze ich mich in Bewegung. Eines ist sicher: Um diese Tageszeit kann es sich nur um schlechte Nachrichten handeln.
„Augenblick, ich komme ja schon“, rufe ich, um zu verhindern, dass sie in ihrem Eifer die Eingangstür demolieren. Innerlich fluche ich, während ich die Treppe hinabeile. Hätten die nicht ein paar Minuten später kommen können? Wenigstens so, dass ich statt eines löchrigen T-Shirts und einer Jogginghose etwas halbwegs Anständiges angehabt hätte?
Unten angekommen, mache ich mich an den vielen Riegeln und Schlössern zu schaffen, die an unserer Haustür angebracht sind. Endlich. Das letzte Schloss ist geöffnet.
Ohne nachzudenken, reiße ich die Tür auf.
Prompt zerfetzt der schrille Ton der Alarmanlage mein
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