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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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gebracht wurde, blieb die Namensänderung eine bloß rechtliche Angelegenheit. Cheng wurde weiterhin mit seinem alten Namen gerufen und akzeptierte dies. Er war in diesem Namen gefangen.
    Doch davon abgesehen, hatte sich alles zum Guten gewendet. Cheng kam mit seiner Stieftochter sehr viel besser zurecht als befürchtet. Weder wurde von ihm verlangt, eine tiefe Einsicht in die pubertierende Seele vorzunehmen, noch den Launen Lenas mit Verständnis und Großzügigkeit zu begegnen. Lena war viel zu elitär, als daß ihr Großzügigkeit oder eine äffische Vaterliebe etwas bedeutet hätten. Sie schätzte an Cheng seine beträchtliche Verfügbarkeit. Denn er war so vernünftig, auf das übliche Beschäftigungstheater der Unterbeschäftigten zu verzichten. Nein, wenn Lena etwas Bestimmtes benötigte, diese oder jene Hilfestellung, dann nahm Cheng sich einfach die Zeit dafür. Zeit, die ihm ja in Übermaßen zur Verfügung stand. Die meisten Väter hingegen zeigen sich zwar prinzipiell willens … nun ja, prinzipiell eben. Wie Früchte in einer Schale, die verführerisch leuchten, sich dann aber als aus Glas erweisen.
    Da es so gut wie nichts gab, was Cheng nicht auch hätte später erledigen können, zog er die Dinge, um die Lena ihn bat − wenn man das bitten nennen konnte −, und die immer auf eine verspätete Weise dringend waren, einfach vor. Eine Anmeldung, eine Abmeldung, eine Besorgung, lauter harmlose Sachen. Aber auch das Harmlose muß getan werden, und im Unterschied zu Cheng wirbelte Lena durch den stressigen Alltag ihres Alters. Sie befand sich unter dem Diktat ihres Handys. Und nur ein Schalk, der auf die Idee gekommen wäre, man könnte diese Geräte richtig ausschalten. Dies wird immer bloß von Leuten behauptet, die noch nie ein Handy in der Hand hatten und also auch noch nie versucht haben, es außer Betrieb zu setzen. Es nützt ja ebenso wenig, zu warten, bis diesen Dingern der Saft ausgeht. Sie benötigen weder Essen noch Schlaf. Und daß gewisse Firmen für ihren Gebrauch Gebühren einheben … irgendwann werden die sogar die Atemluft besteuern.
    Lenas Handy lag neben dem Teller, durchaus wie eine dritte Person am Tisch. Genau eine solche war es ja auch. Lenas beste Freundin.
    Cheng hingegen schätzte sein eigenes Handy weit weniger und ließ es im Dunkel seiner Rocktasche versauern. Während er seine Pizza aß, las er in einem Buch. Die Bücher waren die Konkurrenten der Handys im Wettstreit um die Liebe der Menschen. Wobei die Dominanz der Taschenbücher gegenüber den gebundenen Exemplaren eine darwinistische Note bedeutete. Im Kampf um die Aufmerksamkeit der Benutzer mußte ein Buch eine ähnlich praktikable Form aufweisen wie ein Handy. Das Prinzip vom Überleben der Stärkeren bedeutete, daß die Bücher wie die Handys unentwegt versuchten, ihre Attraktivität zu steigern, also schöner, handlicher, kultiger und mittels ihrer Funktionen verführerischer zu werden.
    Für Cheng, den »alten Mann«, stand fest, den Büchern den Vorzug zu geben. Auch wenn sein Handy selten Ruhe gab, immer wieder mal klingelte. Aber erstens verstand es Cheng, dieses Klingeln zu überhören, und indem sein Handy immer tiefer in die Rocktasche abrutschte, immer tiefer in der textilen Finsternis versank, immer mehr ins Überhörte abdriftete, sich immer mehr in Selbstgesprächen verlor und keinen Funken Zuneigung abbekam, verlor es an Kraft, ja man darf sagen, an Lebenskraft. Dazu kam natürlich, daß auch das Buch keine Ruhe gab, gewissermaßen mit dem Finger auf sich zeigte und mit allem protzte, was es besaß.
    Es handelte sich dabei um Samuel Becketts frühen Roman Traum von mehr bis minder schönen Frauen , ein Buch, das Cheng vor allem wegen des Titels gekauft hatte. Der Titel strahlte geradezu in die Welt hinaus, verzauberte Chengs Umgebung, verzauberte diese häßliche Kneipe, verzauberte das wirkliche Leben, welches ja eher recht ungenial daherkommt, während natürlich ein von Beckett geschaffener Text, gelesen oder auch ungelesen, eine genialische Aura verströmt und gerade die häßlichen und schäbigen Dinge vergoldet. Ohne freilich auch nur ein bißchen Gold zu benötigen. Pure Alchemie.
    »Ich habe nächste Woche Geburtstag«, erinnerte Lena, keinen Moment den Blick vom Display ihres Handys nehmend.
    »Ich weiß«, antwortete Cheng, seinerseits in inniger Umarmung mit einem Buch, das er nicht verstand und sich gerade darum mit besonderer Zuneigung darin vertiefte.
    Lena erklärte, sie wolle jetzt endlich

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