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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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zu, dass sie ein Recht auf dunkle, schlabbernde Nächte hatten wie jeder Mann und jede Frau, man kriegt sie ohnehin selten genug. Es gibt schlicht zu viele Gesetze, die sich dagegen verschworen haben. Am liebsten würde ich genau so leben, mit dieser Distanz. Die Bilder von damals kommen und gehen schneller, als mir lieb ist, die Nächte mit F., unsere Freundschaft, die Feuerleitern, die wir hinaufgeklettert sind, unser Glück, wenn wir einfach zuse hen durften, wie die Menschen funktionierten. Aber es dauert leider nicht lange, bis ich wieder kleinlich werde, bis der Besitzanspruch in seiner schändlichsten Form zurückkehrt, als Tyra nnei über ein paar Quadratzentimeter Fleisch – die eheliche Möse.

7.
    Die Irokesen hätten beinahe gewonnen. Ihre Hauptfeinde wa ren die Huronen, die Algonquin und die Franzosen. » La Nou velle-France se va perdre si elle n’ est fortement et promp tement secourue«, schrieb Le P. Vimont, der Supérieur von Québec, 1641. Juhu! Juhu! Das ist ja wie im Film! Die Irokesen waren ein Zusammenschluss von fünf Stämmen, die zwischen dem Hudson River und dem Erie-See lebten. Als da wären (von Ost nach West): die Agniers (von den Engländern Mohawk genannt), die Oneida, die Onondaga, die Goyoquin (oder Goyoguin) und die Tsonontouan. Die Mohawk (von den Franzosen Agniers genannt) siedelten in einem Gebiet um den oberen Hudson, Lake George, Lake Champlain und den Richelieu-Fluss (der anfangs noch Irokesenfluss genannt wurde). Catherine Tekakwitha kam 1656 als Mohawk zur Welt. Die ersten einundzwanzig Jahre verbrachte sie bei den Mohawk. Sie lebte am Ufer des Mohawk-Flusses und war demnach eine waschechte Mohawk-Dame. Fünfundzwanzigtausend Seelen zählte dieses Volk der Irokesen. Sie konnten bis zu zweitausendfünfhundert Krieger in die Schlacht schicken, ein Zehntel der Gesamtbevölkerung. Die Mohawk stellten nur fünf- oder sechshundert, galten aber als besonders blutrünstig. Sie besaßen Gewehre, die ihnen holländische Händler in Fort Orange (Albany) im Tausch gegen Felle überlassen hatten. Es macht mich stolz, dass Catherine Tekak witha eine Mohawk war (oder ist), ihre Brüder hätten bestimmt gut in die alten, schwarz-weißen Westernfilme gepasst, bevor sie psychologisch wurden. Meine Einstellung zu ihr entspricht in etwa der Einstellung, die einige meiner männlichen Leser haben werden, wenn sie in der U-Bahn einer hübschen Schwarzen gegenübersitzen. Woher kommen diese langen, schlanken Beine, welchem rosafarbenen Geheimnis entspringen sie? Meine Leser werden es nie erfahren. Ist das nicht gemein? Und wie sieht es mit all den kleinen Schwänzen aus, die unseren amerikanischen Mitbürgerinnen bisher entgangen sind? Zieht euch aus, will ich rufen, zieht euch alle mal aus, eine Bildungslücke, das müssen wir uns ansehen! F. hat gesagt: Mit achtundzwanzig (jawohl, mein Freund, so spät erst), mit achtundzwanzig habe ich aufgehört, nach Hautfarbe zu ficken. Catherine Tekakwitha, ich hoffe sehr, dass du ganz dunkelhäutig bist. Es wäre schön, wenn ich einen Hauch von rohem Fleisch und weißem Blut in deinem vollen schwarzen Haar entdecken würde. Vielleicht noch etwas Fett. Oder hast du all das im Vatikan vergraben, in den Verließen, in denen die Kämme versteckt werden? Im siebten Jahr unserer Ehe schmierte sich Edith eines Abends mit einer fettigen, roten Pampe voll, die sie in einem Kostümladen gekauft hatte. Sie drückte es direkt aus der Tube. Es war zwanzig vor elf, ich kam gerade aus der Bibliothek, und da stand sie: mitten im Zimmer, splitternackt, ein erotisches Überraschungsgeschenk für ihren Mann. Sie reichte mir die Tube und sagte: Komm, wir sind heute mal ganz anders. Offenbar wollte sie neue Arten, zu küssen, zu beißen, zu blasen, zu wippen entdecken. Ich weiß, dass es bescheuert klingt, rief sie, und ihre Stimme überschlug sich, aber machen wir es trotzdem. Ich habe keinen Zweifel, dass sie es gut meinte. Aber was wollte sie mir eigentlich sagen? Komm mit auf eine Reise, eine Reise, die man nur miteinander machen kann, wenn man einander fremd ist? Damit wir später, wenn wir wieder wir selbst sind, in Erinnerungen schwelgen können? Damit wir nie wieder ganz wir selbst sein müssen? Vielleicht hatte sie ein Bild von einer bestimmten Landschaft, ein Ziel, von dem sie schon lange träumte, so, wie ich von der Reise aller Reisen träume, die ich mit Catherine Tekakwitha unternehmen möchte, zu einem Fluss im Norden, in einer Nacht, die hell und sauber ist

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