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Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus?, Die

Titel: Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus?, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Mühsam
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als eigene Angelegenheit berühren könnte. Wie aber Lust und Schmerz aus körperlichen oder seelischen Anlässen entstehen, die im Gegensatz zu den Gefühlen der Beeinflussung und Veränderung durch den menschlichen Willen unterliegen, so wird auch das soziale Bewußtsein durch menschliche Veranstaltungen oder Unterlassungen erregt. Der in unserer geistigen Wesenheit begründete Wille zur Gerechtigkeit wird befriedigt oder beleidigt, indem bestimmte Grundforderungen des sozialen Gewissens erfüllt oder enttäuscht werden. Die erste soziale Grundforderung ist Gleichberechtigung. Sie bedeutet Gerechtigkeit durch Gleichheit. Bedingung ihrer Verwirklichung ist jedoch die Verpflichtung der Gleichberechtigten auf Gegenseitigkeit . Der Kampf der Arten gegen einander – alles Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen beruht auf Tötung einer Art durch die andere und Umsetzung der Substanz der vernichteten Kreatur in Lebenskraft des Vernichters –, dieser Kampf um die Erhaltung der Arten findet seine Ergänzung in der organisierten Unterstützung der Artgenossen zu Daseinskampf, Verteidigung und gesellschaftlicher Zuchtpflege. Wie weit Kameradschaftsbünde verschiedener Arten, beziehungsweise Substanzumwandlungen innerhalb gleicher Arten in der Natur vorkommen, ist in diesem Zusammenhange belanglos. Sicher ist indessen, daß von allen auf gesellschaftliches Zusammenwirken angewiesenen Geschöpfen allein der Mensch den Kampf planvollauf die eigene Art ausgedehnt hat, und zwar nicht, wie das bei manchen Tieren und bei den Kannibalen geschieht, um Ernährungsschwierigkeiten zu beheben, sondern um ungleiches Recht in derselben Gattung zu schaffen und dadurch Machtgelüste zu befriedigen. Gegenseitige Hilfe ist ebenso Bestandteil der Gleichberechtigung, wie soziale Ungleichheit jede Gegenseitigkeitsbeziehung unmöglich macht. Die kapitalistische Gesellschaft zerstört die soziale Gemeinschaft der Gegenseitigkeit und setzt an ihre Stelle die gegenseitige Unterstützung einer machthungrigen Minderheit bei der Entrechtung und Ausbeutung der in künstlicher Zersplitterung gehaltenen Gesamtheit der die gesellschaftlichen Werte schaffenden Kräfte. Wohl hat ein großer Teil des Proletariats erkannt, daß auch sein Heil nur in der Vereinigung zur gegenseitigen Hilfeleistung gesucht werden kann, doch greift sein Kampf bis jetzt in sehr geringem Maße über die Abwehr der schlimmsten Wirkungen der kapitalistischen Vergewaltigung hinaus, und sein Kampfziel beschränkt sich selbst da, wo die Verbindung schon unter sozialistischen und kommunistischen Losungen erfolgt ist, fast überall auf nur materielle Umgestaltung des Lebens. Der Angriff richtet sich ausschließlich gegen die Erscheinungsformen des Kapitalismus, gegen die Wirkungen der Besitzmacht auf die Lebenshaltung, die Gesundheit und die soziale Stellung der besitzlosen Klasse, aber, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, nirgends gegen die moralischen Grundsätze, die Werden, Wachsen und Wirken des Kapitalismus möglich gemacht haben und deren Beseitigung mit dem Sturz des Wirtschaftssystems zugleich erfolgen muß, soll der Geist der Gleichberechtigung und der gegenseitigen Hilfe, ohne den es keinen Sozialismus gibt, jemals lebendig werden.
    Der kommunistische Anarchismus wendet seinen Kampf also zugleich gegen die wirtschaftliche Unterdrückung von Menschen durch Menschen wie gegen die Moral, die die Unterscheidung zwischen den Menschen für zulässig hält. Der Kapitalismus könnte nicht sein, könnte niemals geworden sein, wenn nicht dem Verzicht auf die Verfügung über die eigene Arbeitskraft, die das Wesen der wirtschaftlichen Verknechtung ist, der Verzicht auf die Selbstverantwortlichkeit der Menschen vorausgegangen wäre. Alle geschichtlichen Erklärungen, nach denen die kommunistisch wirtschaftenden Ackerbauer der Frühzeit zur Verteidigung des Bodens gegen Ueberfälle bewaffnete Männer aussonderten, welche sich allmählich kraft ihrer Ueberlegenheit durch den Waffengebrauch zu Herren des Landes machten und als bevorrechtigte Klasse den Arbeitsertrag ihrer Auftraggeber in persönlichen Reichtum verwandelten, sich zu Eigentümern des Grundes und Bodens aufwarfen und die Arbeitenden dadurch ihren Machtansprüchen hörig machten, – alle Erforschungen der Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus und der Klassenkämpfe sollen als wahr und richtig anerkannt werden. Sie beweisen nichts für das marxistische Dogma, daß das ökonomische Sein allein oder doch ausschließlich

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