Beim ersten Om wird alles anders
Vorstellung immer noch mit Langeweile und drögen Übungsabfolgen in Verbindung gebrachte Yoga interessieren könnten.
Die Natur hat uns Lebewesen anpassungsfähig geschaffen, als Mann in der Frauendomäne Verlag wird man so zwangsläufig zum Frauenversteher, ob man will oder nicht. Das bedeutete in meinem Fall, dass ich zumindest nicht
weghörte, wenn es vonseiten der drei Kolleginnen mal wieder hieß: „Du glaubst nicht, wie wohl ich mich fühle, seitdem ich Yoga mache, und wie sehr es mir fehlt, wenn ich nicht dazu komme.“Zwar ging es mir etwas auf die Nerven, wenn mir wieder einmal vorgeschwärmt wurde, wie gut aussehend und zugleich einfühlsam diese - erstaunlicherweise in allen Erzählungen stets männlichen - Yoga-Lehrer sind. Aber ich hörte den eher abwechslungsarmen, gleichwohl ungebrochen begeisterten Geschichten der Damen trotzdem weiter zu.
Sie nahmen mir sogar das Versprechen ab, irgendwann einmal selbst Yoga auszuprobieren. Dieser Tag sollte früher als geplant kommen, und ursächlich für alles, was daraus folgte, ist ausnahmsweise einmal ein Mann, nämlich Ralf Bauer.
Kopfstanddouble für Ralf Bauer
Über den Schauspieler Ralf Bauer gehen die Meinungen ja auseinander. Die einen (Männer) finden ihn unglaublich attraktiv und deshalb doof. Die anderen (Frauen) finden ihn unglaublich attraktiv und deshalb klasse. Ich kannte Ralf Bauer nur aus seiner Jahre zurückliegenden, ihn aber wohl für immer begleitenden ersten großen Serienrolle als Surfer in Sankt Peter-Ording. Zusammen mit Hardy Krüger junior kämpfte er dort nicht nur Gegen den Wind , sondern vor allem um Liebe und Freundschaft, mit Siegen und Niederlagen und einigen Schicksalsschlägen. Ralf Bauer war meist mit langen und vor allem nassen Haaren, nacktem Oberkörper und schönen Frauen zu sehen,
und natürlich windsurfte er wie verrückt. Da ich früher gerne längere Haare gehabt hätte, damit aber eher lächerlich aussah, und da ich nicht windsurfen konnte, es aber gerne gekonnt hätte, von den schönen Frauen einmal ganz zu schweigen, lag meine ursprüngliche Bewertung recht nahe bei der typischen Männermeinung.
Einen viel differenzierteren Eindruck sollte ich gewinnen, als er mir in Zusammenhang mit einem Buchprojekt für unseren Verlag als Autor des Hauses vorgestellt wurde. Ralf Bauer ist einer unserer Autoren? Schreibt der schon seine Memoiren oder wie neuerdings alle Schauspieler ein Kinderbuch? Das waren meine ersten Gedanken, bevor ich erfuhr, dass es um ein Yoga-Buch gehen soll. Noch schlimmer, dachte ich.Wer will denn das Yoga-Buch eines Schauspielers lesen? Ist doch Mädchenkram.
Im Gespräch zeigte sich dann aber schnell, dass Ralf Bauer ein nachdenklicher, in sich ruhender Mann ist, der offenbar viel Kraft zieht aus seiner speziellen Art,Yoga zu betreiben. Obwohl mir das irgendwie imponierte, meinte ich, ihm sagen zu müssen, dass ich, wie es sich für einen Mann gehört, selbstverständlich KEIN Yoga praktiziere, aber viele Kolleginnen im Verlag von kaum etwas anderem redeten. Aus einer Laune heraus schlug ich ihm vor, doch nach Fertigstellung des Buchs für die Verlagsmitarbeiter eine kleine Lesung mit anschließender Yoga-Übung zu veranstalten, und wusste nicht, dass das indirekt mein Leben verändern würde. Am Ende des Gesprächs, Ralf Bauer hatte den Vorturntermin tatsächlich zugesagt, konnte ich es mir nicht verkneifen anzumerken, dass ich, obwohl überzeugter Nicht-Yogi, den als schwierig geltenden Yoga-Kopfstand beherrsche. Ralf Bauer hielt das vermutlich für eine maßlose Prahlerei und sagte nichts dazu, aber er hatte es sich, wie sich noch herausstellen sollte, gut gemerkt.
Ralf Bauer ist neben seinen sonstigen Vorzügen offensichtlich auch jemand, der Wort hält. Kaum war sein Buch fertig, kam auch schon seine Anfrage, wann denn die geplante Veranstaltung im Verlag durchgeführt werden könne. Ein Termin war rasch gefunden, und ich bat meinen Assistenten Jens, durch Aushängen von Ankündigungsplakaten im Foyer des Verlags ordentlich Werbung für die Bauer-Show zu machen. Zuerst weigerte sich Jens mit dem Argument: „Chef, das geht nicht, wenn die Leute sehen, dass ich als Mann Plakate für eine Yoga-Veranstaltung aufhänge, kann ich mich nirgendwo mehr blicken lassen und sitze in Zukunft alleine in der Kantine.“Als Vorgesetzter hat man bekanntlich eine Fürsorgepflicht, weshalb ich ihm entgegenkam und gestattete, die Plakate erst nach Feierabend aufzuhängen, damit er sichergehen konnte, dass
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