Bel Ami (German Edition)
des Nachbars legen zu können.
Als er in den Salon eintrat, hatte er von neuem das Gefühl, in ein Treibhaus zu kommen. Hohe Palmen öffneten ihre anmutigen Fächer in allen vier Ecken, stiegen bis zur Decke empor und verbreiteten sich dann wie Wasserstrahlen. Zu beiden Seiten des Kamins standen zwei runde Gummibäume mit ihren langen, dunkelgrünen, übereinander wachsenden Blättern, und auf dem Flügel prangten zwei ganz originelle, runde Sträucher, mit Blüten bedeckt, die einen dunkelrosa, die anderen schneeweiß. Sie sahen aus, als ob sie künstlich wären und zu schön, um echt zu sein.
Die Luft war angenehm frisch, von einem diskreten, zarten Parfüm erfüllt, das man nicht näher bestimmen konnte.
Duroy fühlte sich jetzt bedeutend sicherer und sah sich das Zimmer aufmerksam an. Es war nicht groß, und außer den Sträuchern war nichts darin, was den Blick besonders auf sich lenkte, keine lebhaften Farben traten hervor; man fühlte sich ruhig und gemütlich darin; es umfing den Körper sanft wie eine zärtliche Liebkosung. Die Wände waren mit einem alten, violetten Stoff bespannt, mit kleinen gelblichen Pünktchen, die kleine Blümchen darstellten und so groß waren wie eine Fliege. Blaugraue Tuchportieren mit leichten Stickereien aus roter Seide bedeckten die Türen und Fenster, und durch das ganze Zimmer standen, wahllos verstreut, Sitzmöbel in allen Formen und Größen, Chaiselongues, große und kleine Fauteuils, Puffs und Taburetts mit Louis-XVI.-Seide oder schönem Utrechter Samt bezogen, mit granatfarbenem Muster auf cremefarbenem Grund.
»Nehmen Sie eine Tasse Kaffee, Herr Duroy?«
Frau Forestier reichte ihm die volle Tasse mit einem freundlichen Lächeln, das ihre Lippen nicht verließ.
»Ja, gnädige Frau, ich danke Ihnen.«
Er nahm ihr die Tasse aus der Hand, und während er sich ängstlich vorbeugte, um mit der silbernen Zange ein Stück Zucker aus der Schale zu nehmen, die das kleine Mädchen hielt, sagte die junge Dame halblaut:
»Sie müssen jetzt Frau Walter den Hof machen.«
Dann entfernte sie sich, bevor er ein Wort hatte antworten können.
Zunächst trank er seinen Kaffee aus, weil er fürchtete, denselben womöglich noch auf den Teppich zu gießen. Dann fühlte er sich etwas freier und suchte nach einer Möglichkeit, sich der Frau seines zukünftigen Direktors zu nähern und eine Unterhaltung anzuknüpfen.
Plötzlich bemerkte er, daß sie eine leere Tasse in der Hand hielt. Sie befand sich ziemlich weit von einem Tisch und wußte nicht recht, wo sie die Tasse hinstellen sollte. Er eilte auf sie zu.
»Gestatten Sie, Madame.«
»Ich danke Ihnen, mein Herr.«
Er trug die Tasse fort und kam wieder zurück:
»Wenn Sie wüßten, gnädige Frau, welch glückliche Stunden mir die Vie Française da unten in der Wüste bereitet hat. Sie ist wirklich die einzige Zeitung, die man außerhalb Frankreichs lesen kann, denn sie ist geistvoller, literarischer und lange nicht so monoton und banal wie die übrigen. Man findet alles, was man will.«
Sie lächelte mit liebenswürdiger Gleichgültigkeit und sagte dann ernst:
»Herr Walter hat sich viel Mühe gegeben, eine solche Zeitung zu schaffen. Sie entspricht dem jetzigen modernen Bedürfnis.«
Sie begannen zu plaudern. Er sprach leicht und oberflächlich mit einer reizvollen Stimme. Auch hatte er viel Anmut im Blick und einen unwiderstehlich bestechenden Schnurrbart. Er wirbelte sich kraus und allerliebst auf der Lippe, dunkelblond, mit einem Stich ins Rötliche, während die Haarspitzen etwas heller schimmerten.
Sie unterhielten sich über Paris und seine Umgebung, über die Ufer der Seine, über die Badeorte, Sommerfrischen und alle diese Dinge, über die man ohne jegliche geistige Anstrengung endlos plaudern kann.
Dann trat Norbert de Varenne mit einem Likörglas in der Hand heran, und Duroy zog sich diskret zurück.
Madame de Marelle, die sich eben mit Madame Forestier unterhielt, rief ihn heran: »Also, Sie wollen es mit dem Journalismus versuchen?« fragte sie etwas schroff.
Da sprach er mit unbestimmten Worten über seine Pläne und begann dann mit ihr genau dieselbe Unterhaltung, die er vorher mit Frau Walter geführt hatte. Jetzt, wo er den Gegenstand besser beherrschte, zeigte er sich etwas gewandter und wiederholte, wie aus sich heraus, das, was er gerade gehört hatte. Dabei blickte er seiner Dame fortwährend in die Augen, wie um seinen Worten einen tieferen Sinn zu geben.
Sie erzählte ihm ihrerseits Geschichten mit
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