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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
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Als er ihnen ganz nahe war, verlor er wieder den Mut.
    Die Brünette sagte: »Na, hast du deine Sprache wiedergefunden?«
    Er stotterte: »Allerdings!« Ein zweites Wort konnte er aber nicht hervorbringen.
    Alle drei blieben stehen und hielten die Bewegung der Spaziergänger auf, die einen Wirbel um sie bildeten.
    Die Brünette fragte ihn plötzlich: »Kommst du zu mir?«
    Er zitterte vor Begierde und erwiderte schroff:
    »Ja, aber ich habe nur ein Goldstück in der Tasche.«
    Sie lächelte gleichgültig: »Das tut nichts.«
    Sie nahm ihn beim Arm, als Zeichen, daß sie ihn erobert hatte.
    Als sie das Lokal verließen, überlegte er, daß er sich mit den andern zwanzig Francs ohne Schwierigkeiten für den nächsten Abend einen Frack leihen könnte.

II.
    »Bitte, wo wohnt hier Herr Forestier?«
    »Im dritten Stock links.«
    Der Concierge gab diese Auskunft mit freundlichem Ton, aus dem Hochachtung vor dem Mieter zu entnehmen war.
    George Duroy stieg die Treppe hinauf. Er war ein wenig verlegen, etwas schüchtern und fühlte sich nicht sehr behaglich. Zum ersten Male in seinem Leben trug er einen Frack, und das ganze Zubehör dieser Kleidung störte ihn. Er fühlte, daß vieles an ihm defekt war. Seine Stiefel sahen ziemlich elegant aus, denn er hielt auf gute Fußbekleidung, waren aber keine Lackschuhe. Das Hemd hatte er sich erst vormittags für vier Francs fünfzig im Louvre gekauft, und der schmale, gestickte Brusteinsatz sah schon jetzt zerknittert aus. Übrigens waren die anderen Oberhemden, die er sonst trug, alle mehr oder weniger beschädigt und konnten überhaupt nicht in Frage kommen. Die Hosen waren ihm viel zu breit, sie paßten sich schlecht der Beinform an und schlugen über der Wade häßliche Falten. Man sah es ihnen an, daß sie abgenutzt und für einen anderen zugeschnitten waren. Nur der Frack saß gut, denn er hatte einen gefunden, der richtig zu seiner Figur paßte.
    Langsam stieg er die Treppe hinauf. Vor Angst pochte ihm sein Herz. Vor allem quälte ihn die Furcht, lächerlich zu erscheinen. Plötzlich sah er gerade vor sich einen Herrn in großer Toilette, der ihn betrachtete. Sie standen so dicht beieinander, daß Duroy unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Dann blieb er verblüfft stehen: es war sein eigenes Spiegelbild in einem hohen Wandspiegel, der im Flur des ersten Stockes eine lange Perspektive vortäuschte. Er zitterte vor lauter Freude, nie hätte er gedacht, daß er so vornehm und elegant aussehen könnte. Zu Hause, in seinem kleinen Rasierspiegel, dem einzigen, den er besaß, hatte er sich nicht richtig betrachten können und war nach einem flüchtigen Blick über die Mängel seiner improvirsierten Gesellschaftstoilette außer sich geraten. Der Gedanke, lächerlich zu erscheinen, machte ihn verrückt. Als er sich aber plötzlich in dem Spiegel erblickte, hatte er sich nicht einmal erkannt, er hatte sich für einen anderen gehalten, für einen Herrn aus bester Gesellschaft, den er beim ersten Anblick für sehr elegant und schick hielt. Und jetzt, wo er sich sorgfältig betrachtete, fand er, daß die Gesamtwirkung tatsächlich zufriedenstellend war.
    Darauf studierte er seine Haltung, wie ein Schauspieler, der seine Rolle lernt. Er lächelte sich zu, reichte sich selber die Hand, machte verschiedene Gebärden, versuchte sich einzelne Gemütsbewegungen vorzuspielen: Erstaunen, Freude, Beifall; er beobachtete die Nuancen des Lächelns und studierte die stumme Sprache der Blicke, um sich bei Damen beliebt zu machen und ihnen anzudeuten, daß er sie liebt und bewundert.
    Eine Tür ging im Treppenflur auf. Er fürchtete, überrascht zu werden, und lief hastig hinauf, aus Angst, daß ihn ein Gast seines Freundes so gesehen hätte, wie er sich selbst Faxen vormachte. Er erreichte den zweiten Stock, bemerkte einen anderen Spiegel und mäßigte seine Schritte, um sich im Vorbeigehen wieder genau beobachten zu können. Seine Erscheinung kam ihm jetzt wirklich elegant vor. Sein Auftreten und seine Haltung waren gut. Und ein maßloses Selbstvertrauen und Übermut erfüllten seine Seele. Ja, mit diesem Äußeren und mit dem festen Willen, vorwärts zu kommen, mit seiner rücksichtslosen Energie und seinem unabhängigen Verstand mußte er Glück haben. Die Treppe zum dritten Stock wäre er am liebsten hinaufgesprungen. Vor dem dritten Spiegel blieb er nochmals stehen, drehte gewohnheitsmäßig den Schnurrbart, nahm seinen Zylinderhut ab, um seine Frisur glatt zu streichen und murmelte mit

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