Bianca Exklusiv Band 0226
Gegenwart.
„Wer sollte sich denn um das Mädchen kümmern, während er arbeitet?“, fragte Cindi. „Ich habe genug andere Dinge zu tun.“
„Niemand erwartet, dass du Danas Babysitter wirst“, versicherte Hugh.
„Ich möchte meine jüngste Enkeltochter kennenlernen“, sagte Grace, „aber ich bin zu alt, um wieder Mutter zu spielen. Ich fürchte, ich habe nicht die Kraft dazu.“
Mit zweiundsechzig hatte Grace den Tod ihres Mannes und Hughs Verschwinden verkraftet. Als jedoch ihre Schwester Meredith vor einem halben Jahr an Krebs gestorben war, hatte es sich als ein Schlag zu viel erwiesen. Obwohl sie sich weiterhin um Wohltätigkeitsveranstaltungen kümmerte, hatte sie viel Lebenslust verloren.
Hugh nahm ihre Hand in seine. Mit verblüffter Miene entzog sie sich ihm.
Wie hatte er vergessen können, dass die Mitglieder des Menton-Clans ihre Gefühle stets unter Kontrolle und für sich behielten? Vielleicht lag es daran, dass er als Joe Avery gelernt hatte, sich anderen anzuvertrauen.
„Wir könnten ein Kindermädchen engagieren“, schlug Andrew vor. „Wenn Mrs Avery ihre Tochter behält, wird sie Alimente verlangen. Ihr Anwalt wird jeden Penny aus uns rausquetschen.“
„Das ist kein Grund, einer Mutter ihr Kind wegzunehmen“, entgegnete Hugh. „Außerdem vergisst du dabei, dass Meg und ich verheiratet sind.“
„Die Ehe ist nicht rechtsgültig.“
„Das löscht nicht meine Verpflichtung aus. Meg hat mich in gutem Glauben geheiratet.“
„Das weißt du doch gar nicht.“ Nachdrücklich klapperte Andrew mit seiner leeren Kaffeetasse. „Du erinnerst dich doch nicht, was passiert ist.“
Hugh hatte seinen Besuch in Mercy Canyon bislang nicht erwähnt und sah auch jetzt davon ab. Die Mentons pflegten ihre Privatangelegenheiten für sich zu behalten, anstatt in fremden Städten die Vergangenheit aufzuwühlen.
Grace strich sich über die silbrigen Haare. „Ich finde, Hugh hat recht, Andrew. Es hat keinen Sinn, die Frau unnötig feindselig zu behandeln. Sie hat einen rechtmäßigen Anspruch.“
„Was schlägst du vor?“ Andrew starrte auf die silberne Kaffeekanne auf der Anrichte, so als würde sie dadurch zu ihm fliegen. Cindi bemerkte es und stand auf, um ihm nachzuschenken.
„Sie sollte hierher kommen und bei uns wohnen. Vorübergehend natürlich“, sagte Grace. „Auf diese Weise können wir einander kennenlernen.“
Hugh nickte bedächtig. „Ich werde sie einladen.“
„Soll ich eine Party für sie planen?“, fragte Cindi.
„Also wirklich!“, rief Andrew. „Honey, es ist nett von dir, es anzubieten, aber diese junge Frau stammt aus einer ganz anderen Schicht. Sie ist Kellnerin. Worüber sollte sie mit deinen vornehmen Freunden reden?“
„Meine Freunde sind keine Snobs!“
„Das hat ja auch niemand gesagt“, besänftige Grace. „Aber falls sie unsere Einladung akzeptiert, wollen wir sie nicht überfordern. Den Menton-Clan mit all seinen Spleens kennenzulernen wird anstrengend genug für sie sein.“
„Du hättest Diplomatin werden sollen, Mom“, sagte Hugh.
„Ich hätte vieles werden können.“ Sie seufzte. „Jetzt ist es zu spät.“
Cindi lächelte sie an. „Mutter zu sein ist der wichtigste Beruf auf Erden.“
„Das weiß ich, aber danke, dass du mich daran erinnerst, Liebes. Ich leiste mir nur etwas Selbstmitleid.“ Grace wandte sich an Hugh. „Jedenfalls sag Meg bitte, dass ich mich darauf freue, sie kennenzulernen.“
„Das werde ich tun“, versprach er.
Am Mittwoch fand Meg eine Ausrede nach der anderen, um den Anruf bei Hugh hinauszuzögern. Er machte ihr Angst. Nicht in körperlichem Sinn, aber emotionell.
Sie wollte ihren Joe zurück. Sie sehnte sich danach, in seinen Armen zu liegen, mit ihm den Alltag zu bestreiten.
Die gleiche Sehnsucht zeigte auch Dana. Bisher hatte sie niemanden sonst Daddy genannt, nicht einmal Tim oder Grandpa Zack, die sie ihr Leben lang kannte. War es fair, sie Gefühle für einen Mann entwickeln zu lassen, der es vielleicht bereute, sie gezeugt zu haben?
Außerdem war Hugh nicht Joe, unabhängig vom Resultat des DNS-Tests. Er war von Erfahrungen geprägt worden, von denen sie nichts wusste. Das behagliche Leben, das sie sich mit Joe aufgebaut hatte, entsprach nicht seinen Vorstellungen. Es sei denn, Sam hatte recht und es gelang, jenen Teil von ihm wiederzubeleben, der in Mercy Canyon glücklich gewesen war.
„Klopf, klopf.“ Tim tauchte hinter der Fliegentür auf. Mit dreiundzwanzig war er immer noch
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