Black Cats 01. Was kostet der Tod
öffnen, um zu wissen, dass er wieder vor ihr stand. Die Wärme seines Atems aus dem Inneren der Kapuze streifte ihre Wange. Wäre sie noch dazu in der Lage gewesen, hätte sie den Kopf gedreht und ihm die Zähne in den Hals geschlagen. Aber jegliche Kraft hatte sie schon lange verlassen. So wie der Traum, ihm zu entkommen. Gerechtigkeit hingegen – diese Hoffnung hatte sie noch nicht aufgegeben.
»Auf dieser Nahaufnahme wird etwas ganz Besonderes zu sehen sein«, flüsterte er.
Und du auch, du Arsch!
Er strich ihr mit einem schwarz behandschuhten Finger über die Wange. »Sei nicht traurig. Eine Menge Leute werden das hier sehen. Sie werden dich lieben, und sie werden niemals erfahren, was für eine billige Nutte du bist.«
Der Arm holte aus. Ein Kuss stählernen Feuers. Und einige willkürliche Gedanken, bevor das Vergessen über ihr zusammenschlug.
Warum drehte er dieses Video?
Wer würde es sehen?
Lass es nur Mama nicht sehen …
Dann Schwärze.
Während er das Ding, das einmal eine Frau gewesen war, vom Baum schnitt, wunderte er sich selbst darüber, wie ruhig er war. Er verspürte keine Panik. Keine Angst. Keine Reue. Nichts außer dem berauschenden Gefühl, dass er es getan hatte.
»Du hättest mich nicht auslachen sollen«, sagte er, während er die Leiche über den Boden schleifte. »Es hätte jede treffen können, aber dich hat es erwischt, weil du gelacht hast.«
Jedes andere dreckige Weibsbild hätte ebenso getaugt, aber dieses hatte es am meisten verdient – so, wie sie reagiert hatte, als er sich ihr näherte, seinen eigenen niederen Trieben ausgeliefert. Er war es leid, ausgelacht zu werden. Verachtet zu werden.
Damit war es jetzt vorbei. Das Bündel, das er in eine Plane rollte und zusammenschnürte, um es zu vergraben, war der Beweis. Und mithilfe des Videos, das er nachbearbeiten würde, um sicherzugehen, dass ihn nichts darauf verriet, würde er es bald der ganzen Welt zeigen.
Zumindest seiner Welt. Der einzigen, in der er verstanden wurde. Der einzigen, die ihm noch etwas bedeutete.
Der einzigen, in der er sich zu Hause fühlte.
1
Siebzehn Monate später
Während der fünf Jahre auf den gefährlichsten Straßen von Baltimore und der sieben Jahre beim ViCAP , dem Violent Criminal Apprehension Program des FBI , hatte Special Agent Dean Taggert mit eigenen Augen gesehen, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig waren.
Er hatte Schießereien und Bandenkriege miterlebt. Hatte seine Hände auf Wunden gepresst, aus denen das Blut hervorsprudelte, um ein Opfer bis zur Ankunft des Rettungswagens durchzubringen. Er hatte geschossen, und auf ihn war geschossen worden.
Aber das hier … gütiger Himmel, so etwas hatte er noch nie gesehen.
»Das kann nicht echt sein«, murmelte er. »Das Video ist gestellt. Es muss gestellt sein.«
Er redete mehr mit sich selbst als mit dem IT -Spezialisten Brandon Cole, der ihn beiseite genommen und gebeten hatte, sich etwas anzuschauen, worauf er im Internet gestoßen war. Cole war noch kein Jahr bei der Cyber Division des FBI , aber der ehemalige Hacker verstand sein Handwerk, wenn es um Computer ging.
Diesmal allerdings lag er falsch. Er musste falschliegen.
»Es ist echt«, sagte Cole.
Ohne weiteren Kommentar überließ er Dean seinen Gedanken und wartete auf dessen Eingeständnis, dass etwas, das seine schlimmsten Albträume weit übertraf, tatsächlich geschehen sein konnte.
Wartete darauf, dass er es akzeptierte.
Dean weigerte sich. Er wollte sich nicht einmal vorstellen, dass jemand zu so etwas fähig war und es dann ins Internet hochlud, damit andere es auch sehen konnten. Gegen Ende allerdings, als die arme Frau auf dem Bildschirm starb und die Kamera nicht eine Sekunde wegschwenkte, konnte er es nicht länger bestreiten.
»Okay. Es ist nicht gestellt«, gab er zu, sowohl sich selbst als auch seinem Kollegen gegenüber.
Niemand außerhalb der großen Studios in Hollywood konnte eine so furchtbar überzeugende Szene drehen. Und dieses Video hatte ein Amateur aufgenommen, kein Kameramann mit einem millionenschweren Budget für blutige Special Effects.
Die Umsetzung der Tat selbst allerdings war überhaupt nicht amateurhaft.
Dean hatte geglaubt, dass er, wenn er ViCAP verließ und sich dem neuen Cyber Action Team – CAT – anschloss, nie wieder an solchen Fällen würde arbeiten müssen. Er hatte diese ganze Düsterkeit und Gewalt aus seinem Leben verbannen wollen, um normal sein zu können. Um weniger Albträume zu haben.
Um ein
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