BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Benzin«, sagte Chloé Terbanten.
Sonja Angström lenkte ihre Aufmerksamkeit von der verschneiten Landschaft neben der Autobahn auf die Armatur. Sie saß mit Lara Bondoni auf der Rückbank, Terbanten fuhr den Wagen, auf dem Beifahrersitz klopfte Fleur van Kaalden im Takt zur Radiomusik auf ihre Schenkel.
»Vielleicht tanken wir sicherheitshalber noch einmal in Deutschland«, schlug van Kaalden vor.
Sie mussten kurz vor der österreichischen Grenze sein, vielleicht noch eine Stunde bis zu der Skihütte, die sie für die kommende Woche gebucht hatten. Links und rechts von ihnen zeigten sich bereits die Ausläufer der Alpen im Mondlicht, das ab und zu zwischen den Wolken hervorlugte. Vereinzelt konnte Angström die Konturen von Bauernhöfen ausmachen, in denen die Menschen wohl sehr früh zu Bett gingen, so dunkel, wie sie dalagen.
»Dieses Mal ohne Männer!«, hatte Terbanten beim Losfahren ausgerufen und sofort lautstarken Widerspruch geerntet.
»Ich meine ja nur, dass wir keine mitnehmen«, hatte sie lachend präzisiert.
Sie reisten mit Terbantens Citroën, den Kofferraum voll mit viel zu großen Koffern, Sporttaschen, Skiern und Snowboards. Unterwegs hatten sie schon einmal getankt, einen Kaffee getrunken und mit ein paar jungen Schweden geflirtet, die zum Snowboarden in die Schweiz fuhren.
»Nächste Tankstelle ein Kilometer.« Van Kaalden zeigte auf das Schild am Fahrbahnrand, an dem Terbanten mit gut hundertachtzig Sachen vorbeischoss.
Angström hielt Ausschau nach den Lichtern der Raststelle, sah aber nur die mondbeschienene Landschaft.
Terbanten nahm die Ausfahrt, eine lang gezogene Kurve.
»Liegt wohl auf der anderen Autobahnseite«, meinte Bondoni, als sich vor ihnen eine weite Fläche mit einem Gewirr aus Lichtstrahlen öffnete.
Terbanten bremste ab.
»Was ist denn hier los?«
Nur die Schweinwerfer der Autos, die in langen Schlangen an den Zapfsäulen warteten, warfen helle Flecken auf die Fassade der Tankstelle, die ansonsten im Dunklen lag. Ein paar Lichtsäulen schwenkten durch die Nacht, Taschenlampen wahrscheinlich.
Terbanten lenkte den Citroën ans Ende einer Warteschlange. Neben einigen Wagen standen Menschen, aus deren Mündern kleine weiße Wolken stiegen. An den Zapfsäulen hantierte nervöses Personal in Overalls herum. Terbanten ließ die Scheinwerfer an, und sie stiegen aus.
Sofort spürte Angström die Kälte durch ihre Jeans und den Pullover kriechen. Das Auto vor ihnen trug ein deutsches Kennzeichen. Angström beherrschte die Sprache leidlich, deshalb ging sie vor und fragte nach.
»Stromausfall«, erklärte der Fahrer durch die halb offene Scheibe.
Dieselbe Antwort erhielt sie von dem Mann im Overall an einer der Zapfsäulen.
»Und dann kann man nicht mehr tanken?«, wollte sie wissen.
»Die Pumpen der Zapfsäulen funktionieren mit normalem Strom. Ohne den bekommen wir den Sprit nicht aus den darunterliegenden Tanks hoch.«
»Haben Sie keinen Notstrom?«
»Nö.« Er zuckte bedauernd mit den Schultern. »Wird aber sicher gleich wieder«, beteuerte er.
»Wie lange dauert das denn schon?«, fragte Angström mit einem Blick auf die Warteschlangen und den übervollen Parkplatz des ebenfalls im Dunklen liegenden Restaurants. Reisefreitag vor einer Winterferienwoche.
»Fünfzehn Minuten vielleicht.«
Vielleicht, dachte Angström auf dem Rückweg zu den anderen. Sie erzählte ihren Freundinnen, was sie herausgefunden hatte.
Terbanten schlug mit der Hand auf das Wagendach und rief: »Einsteigen! Dann nehmen wir eben die nächste Tankstelle!«
Bonn
»Nichts geht mehr«, erklärte Helge Brockhorst. »Das war Brandenburg. Damit ist auch die Bundesrepublik komplett aus.«
Er ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen und starrte auf die Mediawand. Zwölf Cubes mit 50-Zoll-Bildschirmen, 2006 eingebaut. Nur eines der vielen Details, die das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern – kurz GMLZ – zur zentralen Schaltstelle bei Krisen in Deutschland machte.
»Fernsehen läuft noch«, meinte einer seiner Kollegen, der Vertreter des Technischen Hilfswerks im GMLZ . »Aber die Menschen können es nicht mehr empfangen.«
Auf den etwas kleineren Plasmabildschirmen liefen die TV -Kanäle, die noch senden konnten. Wenigstens auf einem hätte Brockhorst ein Tickerband erwartet, das über den Stromausfall berichtete. Stattdessen Vorabendserien, Daily Soaps, Realityshows. Vermutlich kämpften sie in den Sendeanstalten momentan selbst mit den Umständen. Alles war zu
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