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Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln

Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln

Titel: Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise , Frau Freitag
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Prolog
    «Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein tragischer Unfall …» Herr Fischer räuspert sich, wischt sich mit seinem zerknüllten Taschentuch über die Stirn und fängt noch einmal von vorne an: «Es tut mir leid, aber ich habe die traurige Pflicht …», seine Stimme bricht. Dann seufzt er tief und schaut in die Runde. Es ist voll im Lehrerzimmer, viele Kollegen haben keinen Platz mehr gefunden und müssen stehen, die Luft ist schlecht, und die Frühlingssonne schafft es kaum durch die ungeputzten Fensterscheiben.
    Ich weiß nicht, was ich von Herrn Fischer und dieser Veranstaltung halten soll. So kenne ich unseren zackigen Schulleiter gar nicht, er scheint regelrecht unter Schock zu stehen. Erst seine plötzliche Durchsage gegen Ende der zweiten Stunde – «Alle Kollegen werden in der ersten großen Pause zu einer kurzen Dienstversammlung ins zentrale Lehrerzimmer im Haus A gebeten» –, jetzt dieses Gestammel.
    Ich stelle meine Kaffeetasse so langsam und geräuschlos wie möglich auf dem Tisch ab und unterdrücke ein nervöses Husten. Frau Herz sucht meinen Blick und hebt fragend die Schultern. Frau Nolte neben ihr hat eine Hand auf den Mund gepresst. Keine Frage – es muss etwas Schlimmes passiert sein.
    Herr Fischer schwankt ein wenig. Dann holt er tief Luft und sagt mit belegter Stimme: «Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Sie hier zusammengerufen, um Ihnen eine traurige Mitteilung zu machen. Unser lieber und geschätzter Kollege Günther Altmann ist verstorben. Seine … äh … Leiche wurde vorgestern Morgen in der Nähe des Reichstags aufgefunden. Die Polizei spricht von einem Unfall. Die Ermittlungen laufen noch. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie, seiner Frau Franziska … und ihrem ungeborenen Kind. Sie hat vorhin persönlich angerufen und mich gebeten, Ihnen Mitteilung von seinem … äh … Ableben zu machen. Wie schrecklich für sie. Selbstverständlich sind wir in Gedanken auch bei Bettina, seiner ersten Frau, die viele von uns gut kennen, und … und besonders den drei Kindern, die ihren Vater verloren haben. Und was sein Tod für uns bedeutet, muss ich wohl nicht … wir trauern um einen großartigen Kollegen, einen begnadeten Pädagogen, einen guten Freund.» Herr Fischer senkt den Kopf und wischt sich über die Augen.
    Einen winzigen Moment ist es ganz still, dann schreien einige Frauen auf, ein Gemurmel erhebt sich, irgendjemand schluchzt laut.
    Herr Pommer hält eine Zeitung hoch: «Hier in der B.Z.», ruft er. «‹Tödlicher Treppensturz am Reichstag› – Die Treppe runter zur Spree? Unbekannte Identität?»
    Herr Fischer nickt und klopft auf den Tisch. Er scheint sich etwas gefasst zu haben. «Ja, es steht schon in der Zeitung, da kannte man aber die Identität des Verstorbenen noch nicht. Wie gesagt, die Untersuchungen laufen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es Gerüchte und Vermutungen geben wird. Bitte geben Sie Ihren Klassen Günther Altmanns Tod in angemessener Form bekannt. Um seine Neunte werde ich mich zusammen mit Frau Schmidt persönlich kümmern. Alles Weitere besprechen wir in den nächsten Tagen. Ich danke Ihnen.»
    «Soll ich schon für einen Kranz sammeln?» Monika Nolte natürlich. Die muss sich aber auch in jeder Situation wichtigtun.
    Herr Fischer wehrt ab. «Lass uns das auf morgen verschieben, Monika. Ich glaube, wir sind heute alle noch nicht in der Lage zu entscheiden, wie wir als Kollegium darauf reagieren sollen.»
    Damit hat er recht. Es gibt Nachrichten, die man hört, aber nicht versteht. Oder jedenfalls nicht richtig versteht. Nachrichten, die man erst einmal verarbeiten muss.
    Günther ist tot – das ist so eine Nachricht. Freitag hatte er noch grinsend zu mir gesagt: «Frl. Krise, deine Vanessa! Ganz schön heiße Braut. Wie die rumläuft … ehrlich, die würde wohl keiner von der Bettkante schubsen.» Dabei hatte er eine anzügliche Handbewegung gemacht. «Pass auf, was du sagst, Günther», hatte Frau Herz ihm geraten und missbilligend ihre nicht vorhandenen Augenbrauen hochgezogen. «Du bringst dich noch mal in Teufels Küche mit deinen Sprüchen!»
    Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Aber immer hatte die Schulleitung für ihn die Eisen aus dem Feuer geholt. Einen Günther Altmann, Fachleiter für die Fächer Mathe und Physik, lässt man nicht hängen, besonders deshalb nicht, weil seine Klassen immer gut bei den Prüfungen abschnitten. Die Schüler und Eltern sagten von ihm: «Er ist streng, aber man lernt was bei ihm.»

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