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Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi

Titel: Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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einer Frage der Ehre geworden. Traggeo mußte gefunden und aufgehalten werden. Aber er war vor über einem Jahr untergetaucht, wie der alte Mann erklärt hatte.
    »Einer aus unserem Stamm dachte schon, er habe ihn endlich gefunden. Will Shortfeather.« Häuptling Silver Cloud zeigte ein abgegriffenes Farbfoto von einem großen Mann mit strähnigem, strohfarbenem Haar, das in einer glatten Linie rund um seinen Schädel abgeschnitten war. »Er verschwand wieder. Wir haben nie wieder von ihm gehört. Das war vor zwei Wochen.«
    Wareagle nickte. »Und dieser andere Mord?«
    »In der vorletzten Nacht. Ich habe am Morgen nach diesem Traum den Bus hierher genommen. Ich wußte, daß es wieder begonnen hatte. Aber schlimmer. Irgendwie noch schlimmer.«
    Die Augen von Silver Cloud sahen ihn flehend an, und Wareagle empfand eine schmerzliche Zuneigung für den Mann, der einer seiner spirituellen Führer gewesen war. Der Gedanke daran, daß dieser Krieger mehr als vierundzwanzig Stunden in einem Bus auf der Fahrt nach Osten verbracht hatte, um ihn um seine Hilfe zu bitten, ließ ihn demütig werden. Und wenn Johnny seine Bitte zurückwies, würde Häuptling Silver Cloud ohne einen Vorwurf oder weitere Fragen in den nächsten Bus steigen, und er würde Johnny genauso achten wie zuvor.
    Aber Johnny würde nicht ablehnen. Und er würde den alten Mann wenigstens in einem Flugzeug in den Westen zurückkehren lassen.
    »Wirst du uns helfen, Wanblee-Isnala?«
    Wareagle hielt das Bild des Indianers mit dem strohfarbenen Haar eine Armlänge von sich weg. »Wo war Shortfeather, als du zuletzt von ihm gehört hast?« Die Falten im greisenhaften Gesicht von Silver Cloud wirkten gelöster. Seine Schultern richteten sich auf, als wäre ein großes Gewicht von ihnen genommen.
    »In Gainesville«, antwortete er. »Gainesville, Texas.«

Siebtes Kapitel
    Der Präsident zog seine Runden im Schwimmbecken des Weißen Hauses, während sein engster Berater, Charlie Byrne, am Beckenrand neben ihm auf und ab ging.
    »Ich will nichts über die Meinungsumfragen hören, Charlie. Von Meinungsumfragen wird mir nur übel.«
    »Es gibt Pillen gegen Übelkeit, Mr. Präsident.« Obwohl sie alte Schulfreunde waren, bestand Byrne darauf, ihn stets formell anzusprechen. »Ich habe aber noch nichts von einer Pille gehört, die gegen unsere Probleme mit den Meinungsumfragen wirkt.«
    Der Präsident ging in die Brustlage über. »Die gute Nachricht besteht darin, daß ich noch immer zweieinhalb Jahre habe, um die Dinge in Ordnung zu bringen.«
    Byrne ging weiter am Beckenrand neben ihm her. »Und die schlechte Nachricht besagt, daß eineinhalb Jahre ausgereicht haben, damit die Dinge sich so schlecht entwickeln konnten.«
    Der Präsident tauchte mit dem Kopf unter Wasser und kam dann wieder hoch, kniff die Augen wegen des Chlors zusammen und schwamm auf die Leiter zu. »Hättest du irgend etwas anders gemacht, Charlie? Ich meine, wenn wir noch einmal von vorn anfangen könnten … was würdest du anders anpacken?« Nachdem Byrne keine Anstalten zu einer Antwort machte, fuhr der Präsident fort: »Es liegt nicht an mir, es liegt nicht an uns. Es ist das verdammte System. Wir sind dafür bestraft worden, daß wir versucht haben, wirkliche Veränderungen herbeizuführen, daß wir uns Problemen zugewandt haben, die so lange ignoriert worden sind, daß niemand mehr etwas von ihnen wissen will. Vielleicht würden wir jetzt besser dastehen, wenn wir gar nichts gemacht hätten.«
    »Oder die Dinge langsamer angegangen wären.«
    Der Präsident zog sich langsam die Leiter hoch. »Wir hätten es uns nicht leisten können, die Dinge langsamer anzugehen.«
    »Die Prozentzahlen der Zustimmung für Sie …«
    »Geht es darum? Läuft alles nur darauf hinaus?« Der Präsident hatte den Beckenrand erreicht und stand jetzt tropfnaß da. »Keine politische Handlung mehr, die uns nicht unmittelbare Zustimmung einbringt? Popularität durch Rhetorik gewinnen? Noch mehr Politik, die gar nichts erreichen will?«
    »Sir …«
    »Oder vielleicht brauchen wir einen Krieg. Wir bombardieren den Iran oder Nordkorea, wenn sie nicht auf Nuklearwaffen verzichten. Das würde die Prozentzahlen der Zustimmung in wunderbare Höhen schnellen lassen, nicht wahr? Und die Leute würden aufhören, von Halbzeit-Harry zu reden. Verdammt, vielleicht würden sie das hier sogar wieder das Weiße Haus nennen.«
    »Das habe ich nicht vorgeschlagen.«
    »Aber es gibt keine andere Richtung, die wir einschlagen

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