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Blamage!

Blamage!

Titel: Blamage! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Saehrendt
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zartfühlende, scheue, schüchterne Wesen mit dem Rehblick zu erscheinen. Trotz allen Misstrauens – es fällt schon auf, dass sich paradoxerweise sehr viele Schauspieler zur Schüchternheit bekennen. Es ist offenbar wirklich so, dass das Spielen einer fremden Rolle, das Ausführen von Handlungen, die durch das Skript festgelegt wurden, eine Art Schutz für Schüchterne bieten kann. Sie verbergen ihre eigentlichen Gefühle, indem sie permanent jemand anders spielen, sie verstecken sich hinter den Charakteren, die sie verkörpern, sie verbergen ihre sonst auffälligen, zwanghaften »Sicherheitsmaßnahmen« in den einstudierten Handlungen und Texten, die die Regie vorgibt. Wenn sie auf der Bühne stehen, werden sie vielleicht denken: »Das bin ich nicht, und niemand will jetzt wissen, wer wirklich hinter dieser Rolle steckt.« Die Schauspielerei im grellen Scheinwerferlicht bietet gerade extrem Schüchternen die perfekte Maske, hinter der sie sich sicher fühlen. In milderer Form gilt dies für alle Berufe, bei denen man stets feste Regeln zu beachten hat. So kann ein schüchterner Mensch durchaus im Servicebereich oder in kommunikativen Berufen, etwa an der Hotelrezeption, tätig sein, solange er jeden Arbeitsschritt nach einem festgelegten Prozedere ableisten kann, solange es für jeden Vorfall eine entsprechende Vorschrift gibt. Schwierig wird es nur dann, wenn man plötzlich improvisieren muss, selbst eine Entscheidung zu treffen hat, und dabei etwas von sich selbst preisgeben muss – eine Emotion, einen Ausdruck der Unsicherheit, ein Zugeben von Unwissenheit.
    Zurück zu den schweren Fällen von Schüchternheit, zum Teufelskreis der Schamangst: Die Angst vor möglichen Blamagen macht schüchtern, und weil dies den Betroffenen bewusst ist, fühlen sie sich beschämt. Sinnbildlich wird dieser Vorgang im Erröten wiedergegeben, oder besser: in der Angst vor dem Erröten. Alle Anstrengungen, das Erröten zu verhindern oder zu verdecken, vergrößern nur das Problem und lenken die eigene und fremde Aufmerksamkeit erst recht auf den gequälten Schüchternen. Zu den unangenehmen Folgen der Schamangst gehören auch sich selbst erfüllende negative Prophezeiungen. Etwa die ängstliche Erwartung, impotent oder frigid zu sein. Diese lenkt die Aufmerksamkeit von der Partnerin oder dem Partner ab und konzentriert sie auf die eigenen Körperfunktionen, die gerade dadurch gestört werden und »versagen«. Der Schüchterne vermeidet unter allen Umständen, aufzufallen (selbst Lob kann er nur schwer ertragen), doch je mehr er sich versteckt, desto größer wird die Angst, »entdeckt« zu werden und im hellen Scheinwerferlicht des öffentlichen Interesses zu stehen. Die Vermeidungsstrategie der Schüchternen verstärkt deren Qual eigentlich nur.
    Oder man resigniert und richtet sich in diesem Zustand ein. So trauen sich manche Männer erst gar nicht an die Frauen heran. Die Vorstellung, eine Frau könnte nein sagen oder lachen, wäre der absolute Horror für sie, die Bestätigung, dass sie der Liebe prinzipiell nicht würdig seien. Die sogenannte love shyness charakterisiert das Verhalten von Menschen, die auf sexuellem Gebiet eine Anlaufzeit von Jahren oder Jahrzehnten benötigen. Manche von ihnen bleiben gar ihr Leben lang asexuelle absolute beginners. Diese Männer und Frauen leben lieber weiter im Reich der vagen Hoffnungen, als konkrete Anstrengungen der Partnersuche zu unternehmen. Schüchterne hoffen, von ganz allein und ohne große Worte erkannt, verstanden und geschätzt zu werden. Ihre Kontaktangst, verbunden mit der Einbildung, stets argwöhnisch beobachtet, abgelehnt und missverstanden zu werden, führt dazu, dass viele Schüchterne einen verschrobenen oder arroganten Eindruck vermitteln und ihre positiven Eigenschaften nicht geltend machen können. Denn zweifellos gibt es positive Seiten der Schüchternheit.
    Und eigentlich, so ist in einem Selbsthilfe-Onlineforum für Betroffene zu lesen, beruhten die Probleme von Schüchternen vor allem auf – wenn auch übertriebenen – positiven Eigenschaften:
    â€¢ Sie denken nach, bevor sie etwas tun – leider zu viel, um es tun zu können.
    â€¢ Sie machen ihre Aufgaben gut – leider zu gut, um sich keine Kritik einzufangen.
    â€¢ Sie nehmen Rücksicht auf andere – dabei leider nicht auf

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