Blankes Entsetzen
»Scheint die beste Strategie zu sein, meinst du nicht?«
»Was immer du für richtig hältst.«
»Du hilfst doch auch, oder?«, fragte Lizzie.
»Versuch mal, mich davon abzuhalten«, sagte Allbeury.
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123.
n einem windigen, sonnigen Nachmittag im April, drei A Monate, nachdem Lizzies erster Artikel im Daily Express erschienen und Irina Patston zum neuesten cause célèbre der Zeitung geworden war, wurde ein sechsjähriges Mädchen mit großen, wachsamen, fast schwarzen Augen – klein für ihr Alter, aber kräftig und gesund – in ihr neues Pflegeheim geführt.
Sandra Finch hatte Irina in den vergangenen paar Wochen mehrmals sehen dürfen, aber nichtsdestotrotz Angst vor diesem Augenblick gehabt und befürchtet, Irina – die in ihrem jungen Leben schon so viele radikale Veränderungen hinter sich hatte –
könne ängstlich reagieren.
Sie hätte sich die Sorgen sparen können.
Der Flur des Hauses war mit Ballons, Blumen und einigen der zahllosen Stofftiere geschmückt, die Express-Leser Irina geschickt hatten, doch in dem Augenblick, als das kleine Mädchen die Frau sah, die sie fast ihr Leben lang kannte, interessierte sie nichts anderes mehr.
»Omi!«
Sandra streckte beide Arme aus, um sie zu begrüßen.
Die Party, die die Zeitung am darauf folgenden Wochenende gab, fiel kleiner aus als zunächst beabsichtigt, nachdem Lizzie um Irinas willen ein Machtwort gesprochen und der Verleger Einsicht gezeigt hatte.
»Aber niemand anders bekommt Fotos«, sagte er.
»Außer der Familie«, sagte Lizzie.
»Das versteht sich von selbst.«
Lizzie und die Kinder waren zu der Party eingeladen, was nur 490
logisch erschien, nachdem sie alle – besonders Robin –
engagiert dafür gekämpft hatten, Irina dorthin zurückzuholen, wohin sie gehörte.
Keenan und Karen Dean hatten die Einladung abgelehnt, weil sie befürchteten, ihre Anwesenheit könne bei dem kleinen Ehrengast schmerzliche Erinnerungen wachrufen. Gleiches galt für Christophers Freundin, die Ärztin Anna Mellor, die mit einem beachtlichen Hilfsangebot auf Lizzie zugekommen war, nachdem diese ihre Kampagne begonnen hatte.
»Wo ist Robin?«, fragte Edward seine Mutter zehn Minuten, nachdem sie eingetroffen waren.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Vielleicht schafft er es nicht.«
»Er kommt«, sagte Jack.
Lizzie warf ihm einen Blick zu, überrascht von der felsenfesten Überzeugung in seiner Stimme.
»Ich habe nur gesagt, er kommt, Mom, das ist alles«, betonte Jack.
Kaum eine Minute später klingelte es an der Tür.
»Sag ich doch«, meinte Jack.
Sandra ging an die Tür, neben sich Irina, die ihre Hand hielt.
Allbeury war nicht alleine. In seine Arme geschmiegt lag ein kleiner Spanielwelpe.
Irina blickte mit großen Augen zu ihm hoch.
»Ich glaube, das ist deiner, Irina«, sagte Allbeury.
»Du wusstest davon, nicht wahr?«, sagte Lizzie vorwurfsvoll zu Jack.
Dann drehte sie sich wieder zu Allbeury um und lächelte.
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