Blut und Rüben
sagte Ollie. Ich fand das sehr weit hergeholt.
»Wenn überhaupt, dann brüten dort zurzeit Störche, und die klauen keine silbernen Löffel.«
Abermals blitzte es auf. Und wieder.
»Weißt du, was das bedeutet?«, fragte ich Ollie.
»Nein.«
»Da oben blitzt jemand SOS. Es bedeutet, dass deine Elstern einen Evolutionssprung vollzogen haben!«
Verständnislos sah er mich an.
»Gib Gas! Ich glaube, ich weiß jetzt, wo wir Steffi finden!«
Während Ollie die Kurven hinauf zur Grotenburg raste und dabei wahrscheinlich einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellte, machte ich mir meine Gedanken.
Ich versuchte, mich in seinen verqueren Geist zu versetzen. Armin hatte seinen Namen immer gehasst – erst recht, seitdem er in Lippe wohnte. Hier dachte man sofort ans Hermannsdenkmal, wenn man von Armin sprach.
Es musste eine Genugtuung für ihn sein, das deutscheste aller Denkmäler vom Sockel zu sprengen – und damit ein für alle Mal seinen Namen reinzuwaschen.
Soweit ich wusste, war das Hermannsdenkmal für Besucher noch immer gesperrt. Das musste auch zu Armin vorgedrungen sein. Zumal der Teutoburger Wald mit zu seinen bevorzugten Trainingsstrecken mit seinen Hunden gehört hatte. Und wie man wusste, mahlten die Mühlen der Behörden langsam – erst recht im Zuge knapper Kassen. Wahrscheinlich hatte man bislang nicht viel mehr unternommen, als das Denkmal abzuriegeln.
Und so war es auch. Als wir die Einfahrt passiert und unseren Wagen abgestellt hatten, stießen wir recht bald auf einen Bauzaun. Eltern haften für ihre Kinder, stand dort auf einem Schild.
Vor uns erhob sich das imposante Denkmal. Es war über fünfzig Meter hoch. Allein die eindrucksvolle Figur erhob sich über sechsundzwanzig Meter über das Lipperland. Das sieben Meter lange Schwert wies nach Westen und trug die Aufschrift:
Deutsche Einigkeit, meine Stärke
Meine Stärke, Deutschlands Macht.
Das war genauso geistiger Müll, wie es auf der anderen Seite Armins Thesen waren. Der reaktionäre Charakter des Denkmals mochte ihn jedes Mal aufs Neue gereizt haben, wenn er hier mit seinem Schlittengespann herfuhr.
Es würde zu seiner verkorksten Ideologie passen, wenn er dieses urlippische Wahrzeichen in die Luft sprengen würde. Wahrscheinlich hatte er nicht mitbekommen, dass es inzwischen längst als Mahnmal für den Frieden umfunktioniert worden war.
Ganz Lippe wollte er einen Denkzettel verpassen.
Denk mal nach ...
Ich glaubte nicht, dass ihm der Satz während des Verhörs einfach so herausgerutscht war. Wahrscheinlich hatte es ihm einen Heidenspaß gemacht, uns die Lösung vor Augen zu halten wie einen Fisch an der Angel, ohne dass wir es erkannten.
Wieder war oben in Kopfhöhe ein Blitzen zu sehen. Es kam direkt aus Hermanns linkem Auge.
Ollie war kaum mehr zu halten. »Der Taschenspiegel, den ich Steffi geschenkt habe!«
Ich nickte, hielt ihn aber am Arm fest.
»Denk an die Bombe. Vielleicht hat Armin sie so gelegt, dass wir sie auslösen, wenn wir das Denkmal betreten. Das müssen wir den Experten überlassen.«
Zwanzig Minuten später trafen sie ein. Die Sprengstoffexperten gingen voraus. Nach zwanzig Minuten gaben sie grünes Licht.
»Was bedeutet das?«, fragte ich Norbert, der inzwischen ebenfalls eingetrudelt war.
»Dein Vetter hat zwar nicht geblufft, aber seine Fähigkeiten, was Bomben betrifft, sind Gott sei Dank auf ziemlich veraltetem Stand. Es war kein großes Ding, den Zünder zu entschärfen.«
Die Experten hatten für uns die Tür aufgesperrt. Sie war verschlossen gewesen. Norbert betrachtete das Schloss. »Für einen ehemaligen Terrorristen ist es keine große Sache, dafür einen Nachschlüssel anzufertigen«, stellte er fest.
Wir stiegen die Treppen zur Aussichtsplattform hinauf. Wieder blitzte es aus dem rechten Auge.
Ollie war jetzt kaum mehr zu halten. Er stolperte fast die steilen Stufen zur oberen Kuppel hinauf. Schließlich stießen wir auf eine letzte Tür. Wieder mussten die Sprengstoffexperten ran. Nach ein paar Minuten – Entwarnung. Die Tür schwang auf.
Die Stufen führten in die Figur hinein. Ollie stürmte voraus.
Ich vernahm seinen Freudenschrei.
Als ich ebenfalls hinaufstieg, hatte er Steffi bereits von ihren Fesseln und ihrem Knebel befreit. Sie hielten sich in den Armen.
In der linken Hand hielt sie seinen kleinen Taschenspiegel ...
19.
»Ich wollte mich noch von dir verabschieden«, sagte Maren. Sie trug einen schwarzen Trenchcoat. Und Handschellen.
Stahl und Carinna hatten sich
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