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Blutige Nacht

Blutige Nacht

Titel: Blutige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor O. Munson
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Hollywood. Und zu mir.
    Sie war zu dem Zeitpunkt gerade mal seit ein, zwei Monaten in der Stadt. Ich traf sie während einer Drehpause zwischen zwei Aufnahmen in einer Spelunke in Boyle Heights, wo man die Jungs und mich angeheuert hatte, um eine bislang konzertfreie Woche zu besetzen. Ich sah sie auf der anderen Seite des rauchgeschwängerten Raums an einem Vierertisch in der Nähe der Bar. Sie saß neben ihrer unscheinbaren Freundin und rauchte eine Zigarette auf eine Art und Weise, die einen wissen ließ, dass sie dachte, es sei etwas Unanständiges, und genau aus diesem Grund genoss sie es umso mehr. Ich musste darüber lächeln, unsere Blicke trafen sich, und sie lächelte zurück, als wären wir beide in denselben Scherz eingeweiht.
    Ich bin schon immer ein Zyniker gewesen. Bis zu diesem Moment hatte ich nicht an Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Bis dahin hatte ich immer gedacht, es sei nur ein kitschiges Konzept, das sich irgendein untalentierter Drehbuchautor ausgedacht hatte. Vielleicht war das hier echt, vielleicht auch nicht. Aber, verdammt noch mal, es war in jedem Fall nah dran. Der erste Anblick von Coraline ergriff mich so sehr wie mein erster Schuss Dope. Ihr Haar, das sie in einer modischen, nach vorn gelockten Tolle hochgesteckt hatte, war so blauschwarz wie die Schwingen einer Krähe um Mitternacht. Es stand in zweifelhaftem Bündnis mit ihrer kreidebleichen Haut. Dunkle Brauen betonten ihre saphirblauen Augen. Eine kecke Stupsnase saß symmetrisch über schön geschwungenen roten Lippen, die zum Küssen einluden. In dem Moment, in dem ich sie sah, hatte ich angebissen. Und ich wusste, wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich immer wieder zu dieser Quelle zurückkehren, koste es, was es wolle. Selbst wenn es mein Verderben wäre.
    Ich ging hinüber und stellte mich vor. Sie sagte mir, sie heiße Coraline. Sie hätte von mir und den Jungs gehört, erzählte sie, und sei trotz der Ausgangssperre aus der Pension, in der sie wohnte, herausgeschlichen, nur um uns zu sehen. Sie sagte mir, sie fände uns klasse, einfach klasse. Dann kehrten die Begleiter der Mädchen beladen mit Drinks und finsteren Blicken von der Bar zurück, und die Stimmung wurde etwas unangenehm. Noch unangenehmer wurde es, als ich Coraline bat, mich nach dem Auftritt zu einer Privatparty zu begleiten.
    »Hey, was ziehst du hier ab, Opa? Kannst du nicht sehen, dass sie bereits vergeben ist?«, fragte Coralines Begleiter mit Nachdruck; ein regelrechter Strich in der Landschaft, dieser Bursche. Er hatte einen aschblonden Pony, ein fliehendes Kinn, und ich machte ihm keinen Vorwurf, dass er versuchte, an ihr festzuhalten. Sobald ich sie gesehen hatte, wusste ich, dass Coraline der Typ Mädchen war, wegen dem sich Jungs die Köpfe einschlugen.
    Ich wendete meinen Blick nicht von Coraline ab. »Keiner redet mit dir, Junior, also warum setzt du dich nicht ruhig hin, bis sie entschieden hat, was sie tun will?«
    Er war zu jung und dumm, um zu wissen, dass ich ihm hier einen Gefallen tat. Niemals hätte ein Leichtgewicht wie er mit einem Mädchen wie ihr fertig werden können. Wäre ich nicht dazwischengekommen, hätte sie ihn selbst noch vor Ablauf der zweiten Runde ausgeknockt. Ein Mädchen ihres Schlags überließ man am besten einem erfahrenen Masochisten wie mir.
    »Hast du was an den Ohren, Opa? Ich habe gesagt, sie ist vergeben.« Der Bursche ließ eine dünne Flosse auf meine Schulter klatschen.
    Ehe ich mich abwendete, sah ich den erwartungsvollen, aufgeregten Blick von Coraline. Es war der Blick eines Mädchens, das schon sein ganzes Leben darauf wartete, etwas Derartiges in sein Tagebuch schreiben zu können.
    Zweifelsohne hatte der Bursche einen coolen Spruch aus irgendeinem Film parat, doch meine Faust traf seine Nase, noch bevor er ihm über die Lippen kam. Man hörte ein hässliches Knacken, und er schwankte einige Schritte nach hinten, bevor er auf einen dort stehenden Tisch knallte und diesen mit lautem Gepolter umstieß.
    Ich wirbelte um seinen Kumpel herum, der so dümmlich wie ein Elch dreinblickte und zunächst danach aussah, als wollte er sein Glück bei mir versuchen, doch der Anblick von Morris und den anderen Jungs, die sich hinter mir aufgebaut hatten, brachte ihn wohl dazu, seine Meinung zu ändern. Schwarze Gesichter bewirken das bei weißen Jungs. Selbst bei denen, die dümmlich dreinblicken. Statt zum Schlag auszuholen, beugte der Elch sich vor und half seinem Freund auf. Vielleicht war er ja doch nicht

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