Blutige Vergeltung
Ehrengarde marschierte zu ihren blitzblanken Autos. Der Pulk von Uniformierten und Anzugträgern am Rand des Grabs löste sich langsam auf.
Theron betrachtete mich schweigend.
Monty blieb noch, während die ersten Wagentüren sich schlossen und Motoren gezündet wurden.
Auch Rosie wartete.
Der Priester, ein bescheidener kleiner Mann in schwarzem Anzug, dessen Haar schütter wurde, wechselte einige Worte mit Monty, der Rosie gekonnt aus dem Gespräch heraushielt und den Mann von ihr fortmanövrierte. Sie stand in der Sonne, die ihr Haar in gleißendem Licht erstrahlen ließ. Die Hände hatte Rosie zu blutleeren Fäusten geballt. Sie starrte auf das Loch im Boden, dann hob sie den Kopf und ließ den Blick über die Grünfläche des Friedhofs wandern.
Ich bewegte mich unruhig. Theron verharrte wie erstarrt in dieser eigenartigen Bewegungslosigkeit der Werwesen.
Der Geistliche machte sich auf den Weg zu seinem Wagen, einem sonnengelben Käfer. Als er fortgefahren war, trat ich aus dem Schatten und bahnte mir vorsichtig meinen Weg vorbei an den Grabsteinen und Tafeln, die man in den Boden eingelassen hatte. Ich kam an verwelkten Blumen und gelegentlich an einem Strauch vorbei. Die letzten zehn Meter waren die schlimmsten, weil ich Rosies Blick auf mir spürte und das Grab sich vor mir wie ein offenes Maul auftat. Seine Umrandungen waren von Schichten besprenkelter Erde umgeben.
Vor dem schützenden Sonnensegel blieb ich stehen. Mitten in der prallen Hitze.
Monty tätschelte mir betreten die Schulter und händigte mir einen neuen Pager aus. „Wir gehen ins Costanzas.“ Die Worte hingen eine Weile in der Luft, die kühle Brise war vergangen.
Ich nickte. Silber klimperte in meinem Haar.
Rosenfeld klang einigermaßen gefasst. „Ich komm in einer Minute nach, Monty, okay?“
„Aber sicher.“ Er verlagerte unsicher das Gewicht.
Ich konnte fühlen, wie er mich ansah, vielleicht wollte er mir etwas mitteilen. Aber ich sah nicht auf. Über dem lackierten Deckel des Sargs waren einige Handvoll Erde verstreut, und jemand hatte eine Rose hinuntergeworfen. Wahrscheinlich Piper.
Monty zog sich zurück. Ich machte mich auf alles Mögliche gefasst, hob den Kopf und begegnete Rosies Blick.
Rosenfeld weinte.
Ach, zum Teufel.
„Er hat als interner Ermittler gearbeitet.“ Sie hob ihren Preisboxer-Kiefer ein wenig, als wollte sie mich auffordern, einen Schluss daraus zu ziehen. „Jill …“
Also wusste sie Bescheid.
Sie war sein Partner gewesen und hatte ihn vermutlich besser gekannt als er sich selbst. Natürlich hatte sie zumindest eine Vermutung gehabt, dass er bei der Dienstaufsicht war.
„Seine Weste war sauber, Rosie“, beeilte ich mich zu sagen. „Ich habe mein Bestes getan. Er hat etwas Schlimmes beobachtet, etwas Grässliches. Ich war nicht rechtzeitig bei ihm.“
„Oh, Himmel.“ Rosies Mund stand leicht offen, und ihre Nase war feuerrot – Rothaarige können nicht elegant weinen, zumindest habe ich noch keine kennengelernt. Andererseits gehört Weinen zu den Dingen, bei denen man seine Würde einfach nicht behält. „Ich dachte schon … seine Exfrauen, und der Fall, an dem er arbeitete. Ich dachte …“
„Ich habe die Verantwortlichen bereits gefunden.“ Meine Stimme wollte anscheinend einfach nicht richtig funktionieren. „Der Fall ist abgeschlossen.“
„Sind sie tot? Die Arschlöcher, die ihm das angetan haben?“ Sie suchte mein Gesicht ab.
Musst du mich das denn noch fragen? „Sie sind tot.“ Abgesehen von den anderen korrupten Cops, die Harvill um sich geschart hat. Aber früher oder später kriege ich auch die. Versprochen, Rosie.
Es wäre Rache, und sie würde nichts bringen. Aber es war das Mindeste, was ich ihr schuldig war.
Rosie betrachtete das Grab, sie presste die Lippen aufeinander und zog sie verbittert nach unten. „Ich habe nachgedacht. Ich hätte es kommen sehen sollen. Es war alles so offensichtlich. Schon das ganze Jahr über hat er sich so zurückgezogen. Ist immer tiefer in dieses Loch gefallen. Ich hätte ihn zu irgendwas überreden sollen – Therapie, oder so. Irgendwas.“
Oh, Rosie. „Die Schattenseite ist schuld, Rosie. Nicht er.“
Zumindest diese Gewissheit kann ich ihr geben. Sie darf sich nicht auch noch Vorwürfe machen. „Ich hätte mich besser um ihn kümmern sollen, hätte mich überzeugen müssen, dass er okay ist. Es ist während meiner Schicht passiert. Es … tut mir leid.“
„Es ist nicht deine Schuld. Er war schon lange ziemlich
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