Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gefährlichste) Waffe
benutzt, wären Abu Dun und er jetzt wahrscheinlich tot.
Obwohl ihm allein bei dem Gedanken schauderte, ging er
zurück zur Fenrir, kletterte langsam und umständlicher als
notwendig über die Bordwand, als versuche ein Teil von ihm
Zeit zu schinden, und näherte sich dem reglos daliegenden
Ungeheuer. Er hörte, wie Abu Dun ihm folgte, doch erst nach
einem spürbaren Zögern, und seine Schritte waren längst nicht
so fest wie gewohnt.
Die Wolkendecke über dem Fjord war mittlerweile ganz
verschwunden, und das silberne Licht des vollen Mondes …
Andrej stutzte. Vollmond, natürlich. Aus keinem anderen Grund
hatte Ansen mit der Landung des Schiffes gewartet, bis die Sonne
untergegangen war. Wieso war ihm das nicht gleich klar gewesen?
Das Mondlicht hüllte die entsetzliche Kreatur in ein graues
Leichentuch, das jedes Detail deutlich hervortreten ließ. Andrej
brachte es nicht über sich, sich dem toten Ungeheuer auf mehr
als zwei Schritte zu nähern, doch auch aus der Entfernung sah er
mehr, als er wollte. Die Bestie hatte sich im Tode nicht in einen
Menschen zurückverwandelt, wie es in den Legenden behauptet
wird, die sich um diese ganz und gar nicht mythischen
Ungeheuer ranken, sondern bot auch jetzt noch einen Furcht
einflößenden Anblick.
Schon als Mensch war Fritjof ein Riese gewesen, nun aber
wirkte er noch größer und auf eine tierhafte, Angst einflößende
Art eleganter und stärker. Selbst Andrej kam es plötzlich
unglaublich vor, dass es Abu Dun und ihm gelungen war, diese
Bestie zu besiegen.
»Und das war nur einer von ihnen«, sagte Abu Dun hinter ihm.
»Du glaubst, sie wären alle wie er?«, gab Andrej schaudernd
zurück. Abu Dun machte sich nicht die Mühe, auf seine Frage
einzugehen. Schließlich kannten sie beide die Antwort.
»Ich frage mich nur, warum sie uns am Leben gelassen
haben«, fuhr der Nubier nach endlosen Sekunden lastenden
Schweigens fort.
Andrej zuckt die Schultern. »Es muss irgendetwas mit dem zu
tun haben, was Ansen gesagt hat«, vermutete er. »Mit den
Männern, die wir getötet haben. Der Besatzung der Schwarzen
Gischt. «
»Aber das waren keine Werwölfe«, gab Abu Dun zu
bedenken.
Andrej war sich dessen nicht mehr sicher. In seinem langen
Leben war er erst ein Mal zuvor Geschöpfen wie diesen
begegnet, und sie waren – trotz aller äußerlichen Ähnlichkeit –
doch von anderer Art gewesen. Er wusste wenig mehr über sie,
als man sich in den alten Geschichten erzählte, aber in einem
stimmten all diese Erzählungen überein: Ein Werwolf bedurfte
des vollen Mondes, um sich in seine tierische Gestalt zu
verwandeln und über die unvorstellbaren Kräfte zu gebieten, wie
sie sie gerade am eigenen Leib gespürt hatten.
Dennoch sagte ihm etwas, dass die Erklärung eine andere war,
eine vielleicht noch fantastischere als die, die Abu Dun zu
finden geglaubt hatte.
Wie um den Schrecken, den er im Moment empfand, noch zu
unterstreichen, wehte in diesem Moment das entfernte Heulen
eines Wolfes an sein Ohr. Andrej fuhr erschrocken zusammen
und sah sich um, und auch auf Abu Duns Gesicht erschien ein
nervöses Lächeln, wie immer, wenn er sich bemühte, seine
Furcht zu verbergen. Das Heulen hielt an, doch blieb in weiter
Ferne. Vielleicht war es ja tatsächlich nichts anderes als ein ganz
normaler Wolf, den sie hörten, dachte Andrej.
»Du hast recht, Pirat«, sagte er und deutete auf den toten
Werwolf. »Er war nur einer von ihnen. Ich schlage vor, wir
verschwinden von hier, bevor die anderen zurückkommen.«
    Andrej vermochte nicht mehr zu sagen, was sie zuerst alarmiert
hatte – die Schreie, der Feuerschein oder das Heulen der Wölfe.
Was es auch war, sie kamen zu spät.
    Was sie bei ihrer Einfahrt in den Fjord für ein einzelnes Haus
oder ein weitläufiges Gehöft gehalten hatten, war, wie sie jetzt
erkannten, ein Dorf, das aus gut zwei Dutzend einfacher, aber
robust gezimmerter Holzhäuser bestand, die sich in lockerem
Halbkreis um einen natürlichen Hafen am Ende des Fjordes
gruppierten. Eine kleine Kirche bildete das Zentrum der
Siedlung, und an einem einfachen, ebenfalls grob aus
Baumstämmen gezimmerten Pier war ein einmastiges Schiff
vertäut, das ebenso in Flammen stand wie der Rest der
Ortschaft.
    Von der Höhe ihres Verstecks auf dem Bergkamm aus war es
schwer zu beurteilen, ob dort unten noch jemand am Leben war,
zumal die lodernden Flammen das Dorf in ein ständig
wechselndes Chaos aus zuckenden

Weitere Kostenlose Bücher