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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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sah aus dem Fenster. Irgendwo im Kleinhirn predigte Jagger, der alte Indianer.
    Talkin’ ’bout the Midnight Rambler
    Did you see me jump the bedroom door?
    I ’m called a hit ’n ’run raper, in anger
    Or just a knife-sharpened tippie-toe …
    Sonnenstrahlen krochen über den Boden. Ihre Hand glitt über die Decke, suchte nach seiner.
    Sanne steckte den Kopf zur Tür herein.
    »Störe ich?«
    »Vielleicht …«, begann Lars. Aber Maria blickte auf und winkte Sanne herein.
    »Ist schon okay, Papa. Ich schaue noch mal nach Caro. Aber eins hast du mir noch nicht erzählt: War das der Mörder, den Christian …?«
    Lars und Sanne sahen sich an.
    »Ja, Christian hatte Recht.« Sanne kam ans Bett, stellte sich neben sie. »Aber er hätte sich nicht einmischen dürfen. Das ist Sache der Polizei.«
    »Ich habe gehört … was er mit ihm gemacht hat.« Maria hielt die Hand vor den Mund. Dann ließ sie sie wieder sinken und stand auf.
    Lars wollte die Hand nach ihr ausstrecken, aber sie war schon auf dem Weg nach draußen.
    »Sie wird schon darüber hinwegkommen.« Sanne sah ihr nach. Dann wandte sie sich ihm zu. »Toke und Lisa haben heute Nacht bei Christian eine Hausdurchsuchung vorgenommen und schwarze Laufklamotten gefunden. Ich habe gerade mit Frelsén geredet. Die schwarzen Fasern, die an den Tatorten gefunden wurden, stammen daher.« Sie setzte sich auf die Bettkante, an die gleiche Stelle, an der Maria eben noch gesessen hatte. »Was glaubst du, was wollte er bei Koes?«
    Lars verzog das Gesicht.
    »Möglicherweise hat er eine Art … Verwandtschaft verspürt? Ich weiß, es klingt krank, aber Stine Bang wurde eine Nacht nach dem Fund von Miras Leiche vergewaltigt.«
    Lars schloss die Augen, beide schwiegen. Die Sekunden tickten, bis Sanne das Schweigen unterbrach.
    »Hoffentlich erfahren wir mehr bei den Verhören.«
    Er wandte den Kopf ab und blickte aus dem breiten Fenster über den Fælledpark und Østerbro. Eine Gruppe Schwäne flog in einem spitzen V zu dem künstlichen See an der Edel Sauntes Allé. Das sausende, melancholische Geräusch ihrer Flügelschläge wurde von der rohen Betonfassade des Rigshospital zurückgeworfen. Ein neuer Tag schlug Purzelbäume im Springbrunnen. Er fühlte sich leicht, beinahe schwebend vor Müdigkeit. Dann fing er an zu lachen.
    Sanne schaute ihn ungläubig an.
    »Findest du wirklich, dass es etwas zu lachen gibt?«
    Er schüttelte den Kopf, hielt inne.
    »Ja. Es ist vorbei. Ich bin frei. Kim A ., Ulrik …« Er machte eine wegwerfende Handbewegung, streckte die Hand zum Himmel aus.
    »Ach ja … jetzt kannst du zur Polizei von Nordseeland, oder?« Sie fingerte an dem Krankenblatt, das am Fußende des Bettes hing.
    Noch immer brodelte es in ihm. Müdigkeit und Leichtigkeit, die letzten Stadien des Amphetamin-Rausches. Bald würde er kollabieren.
    »Aus Helsingør wird nichts. Ich glaube, ich besuche meinen Vater.«
    »In New York? Und was ist mit Maria?«
    »Sie kann doch mitkommen.«
    Farbe schoss in Sannes Wangen. Sie senkte den Blick.
    »Und … wir?«
    In diesem Moment trat Christine Fogh ein, ohne zu klopfen. Die Hände steckten in den Kitteltaschen. Scharfe Augen blinzelten hinter der roten Brille.
    »Der Patient braucht jetzt Ruhe.«
    Sanne stand mit dem Rücken zu ihr, verdrehte die Augen.
    »Ich komme morgen wieder.« Rückwärts ging sie zur Tür, hielt seinen Blick fest.
    Christine Fogh schloss die Tür hinter ihr.
    »Wie sehen Sie denn aus?«
    »Arbeiten Sie auch auf dieser Station?« Er ließ die Hand auf die Decke fallen.
    »Nee, aber ich habe gehört, dass Sie eingeliefert wurden.«
    »Und …?« Er zeigte auf die Tür.
    Christine schüttelte den Kopf. Trat ans Fußende, legte eine Hand auf das Metallgestell des Betts. Sie sah aus dem Fenster, schloss einen Moment die Augen. Die Sonne ließ ihr Gesicht aufglühen.
    »Sie haben ihn also gefunden.«
    »Ja. Zu spät.«
    »Aber Sie haben ihn gefunden, und wenn Sie nicht aufgetaucht wären, hätte man ihn ermordet.«
    »Vielleicht hätte er das ja verdient?«
    Christine sah noch immer aus dem Fenster.
    »Ich denke, wir können froh sein, dass die Entscheidung, was andere verdienen, nicht bei uns liegt. Es muss eine fürchterliche Verantwortung sein.« Dann hob sie das Krankenblatt am Fußende und überflog die Seite.
    »Reste von Chloroform und … Amphetamin im Blut?« Sie blickte mit hochgezogenen Augenbrauen auf, ließ das Blatt fallen. Das Klemmbrett klapperte gegen den Metallrahmen des Betts. Das

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