Bombenspiel
Wagens. Jetzt nahm der Angreifer seinen Helm ab und Mthetwa starrte in das bärtige Gesicht des Arabers.
»Paul sagt, du willst Rache?«, zischte Abdulrahman bin Hadid und schlug ihm erneut ins Gesicht. »Mein Volk kennt das Gesetz der Blutrache! Du hast einen Sohn der Bani Owaddin beleidigt und geschlagen. Hier hast du, was du verdienst!«
Wieder und wieder fuhr die Faust auf ihn nieder, der Zulu wand sich im Dreck und mobilisierte seine Kräfte. Als der Araber von ihm abließ, blieb er mit dem Gesicht im Staub liegen und rührte sich nicht. Seine Hand aber tastete vorsichtig nach seinem Gürtel und dem darin steckenden Griff des Zuluschwerts, das der berühmteste aller Zuluführer, Shaka, zur erfolgreichsten Waffe seines Heeres gemacht hatte.
Shakas harte Ausbildung war gefürchtet gewesen in seinem Regiment. Um ihre Füße zu härten, ließ er seine Soldaten barfuß auf spitzen Dornen tanzen, wer sich weigerte, dem wurde als Todesstrafe von Shakas Keulenträgern mit einer kräftigen Armbewegung der Kopf umgedreht oder der Schädel eingeschlagen. Die weitaus schmerzhaftere und langsamere Tötungsart war das Pfählen seiner Widersacher bei lebendigem Leib.
Mit Keulen wurden im Feuer gehärtete Bambusspieße in den Mastdarm der Verurteilten getrieben, danach ein Strick unter den Achseln durchgezogen und das Opfer auf einen Baum gezogen, wo es nach stundenlangem Todeskampf verendete. Shakas Schreckensherrschaft, die Mfecane, endete erst, als er durch die Hand seines Halbbruders Dingane starb. Doch das Kurzschwert, das er in die Zuluarmee eingeführt hatte, blieb bis zum heutigen Tag die Waffe seines Stammes.
»So, Zulu!«, flüsterte der Araber und beugte sich über den am Boden Liegenden, »jetzt werde ich dich reiten wie ein Kamel!« Er ließ sich auf den Zulu fallen und drückte ihm seine Knie auf den Rücken. Mthetwa keuchte und versuchte Luft zu holen, doch das Gewicht des Arabers lag auf ihm wie ein Mühlstein. Abdul begann zu schaukeln, mit den Knien zu wippen und schließlich mit seinem ganzen Gewicht auf und ab zu federn. Der Zulu spürte, wie seine Rippen sich bogen und ein keuchendes Grunzen entrang sich seiner Kehle.
Tugelaschlucht
Paul Dhlomo war tot.
Linda sah sich ängstlich nach dem Schützen um, der von den Felsen auf der anderen Seite des Tugela aus auf ihn gezielt hatte, blieb aber in Deckung. Es war ihr klar, dass sein Mörder nicht geschossen hatte, um ihr in der bedrohlichen Situation das Leben zu retten. Es sah viel mehr nach einer Hinrichtung aus. Sie schauderte, als sie das runde Loch in Paul Dhlomos Stirn vor sich sah. Die Sekunde hatte genügt, um das Bild in ihr Gedächtnis zu brennen. Mit einem Kopfschuss niedergestreckt wie Henning Fries.
Ein Zufall?
Sie war hastig und flink wie ein Gecko über die glatten Sprossen der schiefen Hängeleiter nach unten geklettert und am Fuß der Felswand hinter einen großen Steinbrocken gesunken, um kein leichtes Ziel abzugeben. Jetzt kam sie langsam wieder zu Atem und dachte an Karin. Wo steckte sie? Sie hatte auf der Sandbank im Fluss auf sie warten wollen, doch sie war verschwunden.
Vorsichtig spähte sie hinter dem Felsbrocken hervor, unsicher, ob der Täter auf sie wartete. Würde er sie als Zeugin beseitigen? Aber warum hatte er dann nicht gleich auf sie geschossen, solange sie noch wehrlos und als deutliches Ziel in der Leiter hing? Ihre Augen suchten die Umgebung nach Bewegungen ab. Im Wald, der sich über den felsigen Hängen jenseits der Tugelaschlucht erstreckte, bewegten sich nur die Äste der Bergfeigen leicht im Wind. Dicke Wolkentürme bauschten sich von Westen her auf, dort, wo der Wasserfall in die Schlucht stürzte, schien es zu regnen.
Linda richtete sich langsam auf, bereit, sich bei der geringsten Bewegung oder dem leisesten Geräusch blitzschnell auf den Boden zu werfen. Die grauen Wolken zogen jetzt langsam vor die Sonne und nahmen den Felsen ihr grelles Leuchten, bis auf das leise Plätschern des Tugela, der glasklar über die runden Kiesel rauschte und den Ort täuschend friedlich erscheinen ließ, war nichts zu hören.
Sie sah auf ihr Handy. Kein Empfang. Wo war Karin?
Linda verließ in gebückter Haltung ihr Versteck und schlich durch das flache Wasser des Tugela hinüber zur Sandbank in der Flussmitte. Karins Fußspuren zeigten in Richtung Schlucht! Linda folgte den Abdrücken, bis sie am Ende der Sandbank im Wasser verschwanden. Sie nahm eine Bewegung am Eingang zur Schlucht wahr und verharrte.
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