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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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gebratenes Moorhuhn, Wilberforce?«
    »Das habe ich noch nie gegessen.«
    »Dann ist jetzt der passende
Moment«, sagte Ed. »Kannst du es bitte in den Ofen schieben, Darling? Dann
können wir alle nach nebenan gehen.«
    » Beinahe wäre es nicht der passende
Moment gewesen «, erklärte Catherine. »Ed ist erst vor einer halben Stunde
eingefallen, das Fleisch aus der Tiefkühltruhe zu holen. Dann musste ich ihm
zeigen, wie man es in der Mikrowelle auftaut. Dann musste ich ihm zeigen, wie
man Kartoffeln schält. Dann musste ich ihm zeigen, wie man eine Tüte
Gefriererbsen öffnet. Und jetzt soll ich auch noch die Breadsauce machen. Und
alles nur, weil er mir gesagt hat, die Köchin hätte heute ihren freien Tag,
und er würde sich um das Essen kümmern.«
    Die Verlegenheit wich, und wir
mussten alle lachen, Ed schien etwas beschämt.
    Dann sagte er: »Nehmen Sie Ihr Glas
mit, Wilberforce. Wir sind in der Bibliothek, Darling.«
    Ich verließ mit Ed zusammen die
Küche, und nachdem wir minutenlang das Haus durchquert hatten, kamen wir zu
einem Raum, dessen Wände mit Bücherregalen gesäumt waren, die Reihen der
Buchrücken in unregelmäßigen Abständen durch Schaukästen mit ramponierten
ausgestopften Vögeln aufgelockert. In einem gemauerten Kamin brannte ein
Holzfeuer, und obwohl der Abend nicht kalt war, ließen wir uns auf dem
Kaminvorsetzer nieder.
    »Moorhuhn wird Ihnen schmecken«,
schwärmte Ed, während wir unseren Gläsern zusprachen. »Haben Sie schon mal
Moorhühner geschossen?«
    Wie kam er nur auf die Idee, ich
könnte auf Moorhühner schießen? Seltsam. Anscheinend ging Ed davon aus, dass
alle Menschen so tickten wie er. Entweder angeln auf Island oder in den
Pennines Moorhühner schießen. Alle anderen Menschen gehörten für ihn zu der
Sorte Horace, die dazu da war, für ihn Champagnerflaschen zu öffnen.
    »Nein«, sagte ich. »Noch nie. Ich
schieße nicht.«
    »Wirklich nicht? Warum denn nicht?«,
fragte Ed. Dann wurde er rot und sagte: »Gehören Sie zu den radikalen
Anti-Soundso? Wie heißen die doch gleich? Können Sie von mir aus sein, aber
gegen Pferderennen haben Sie doch hoffentlich nichts, oder?«
    »Ich bin kein Anti-Soundso, soweit
ich weiß«, antwortete ich. »Ich habe einfach noch nie auf Tiere geschossen,
mehr nicht.«
    »Ach, herrje«, sagte Ed. Er blickte
pikiert, als würde ich unter irgendeiner Krankheit leiden. Dann hellte sich
seine Miene auf. »Irgendwas müssen Sie doch gerne tun. Reiten Sie? Angeln Sie?
Spielen Sie Golf? Sie verbringen doch nicht etwa Ihre ganze Zeit mit
Computern?«
    »Ich tu nichts dergleichen«, sagte
ich. »Ich hatte einfach nie die Zeit dazu.«
    Ed Simmonds war ganz ergriffen von
dieser Offenbarung. »Im Ernst?«, fragte er. »Sind Sie wirklich immer nur am
Arbeiten?«
    »Ich glaube ja«, sagte ich. Warum
nur musste ich mich dafür rechtfertigen?
    »Das ist ja wirklich unglaublich«,
sagte er. »Wie alt sind Sie? Ich bin neunundzwanzig. Und Sie sind ein, zwei
Jahre älter, nehme ich an.«
    »Ich bin vierunddreißig«, sagte ich.
    »Dann ist es also noch nicht zu
spät. Man muss Sie an die Hand nehmen, Wilberforce. Ich werde Sie die Kunst
lehren, wie man sich gut unterhält. Dagegen haben Sie doch nichts, oder? Es
wird Ihnen guttun. Und außer Eck werden Sie keinen finden, der sich auf dem
Gebiet besser auskennt als ich.«
    »Das sagt mein Freund im Büro auch
immer«, sagte ich. »Ich sollte mir ein Privatleben zulegen.«
    Ed fing an zu lachen, und sein
Lachen war so ansteckend, dass ich auch lachen musste.
    »Ein Privatleben? So heißt das also.
Keine Angst, Wilberforce, wir werden schon für Ihr privates Leben sorgen.«
    Er lachte immer noch, als Catherine
ins Zimmer kam. Mein Blick fiel unwillkürlich auf sie.
    »Das Abendessen ist angerichtet«,
sagte sie und verbeugte sich zum Spaß vor Ed.
    »Das ist Horace' Aufgabe«, ermahnte
Ed sie. »Gewerkschaftsregeln. «
     
    Am nächsten Morgen schlenderte Andy mit zwei Tassen Kaffee in mein Büro und
gab mir eine. Wie üblich hockte er sich auf die Schreibtischkante.
    »Wir haben im letzten Monat schon
wieder die Prognose übertroffen«, sagte er. »Ungefähr fünfzigtausend
Überschuss.«
    »Gut.«
    »Gut? Das ist der absolute Wahnsinn!«
    »Ja, gut. Wahnsinn.«
    Er sah mich neugierig an. »Hast du einen Kater?«
    »Nein. Du weißt doch, dass ich nicht trinke.«
    »Was ist dann los?«
    Es wäre mir lieber gewesen, wenn er
gegangen wäre. Ich hatte keine Lust auf sein übliches morgendliches

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