Bruchlandung
verlassen, und das Nächste, was ich von ihm gehört habe, ist, dass er umgebracht worden ist.«
Die Frau schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf.
»Ich muss wohl besser sagen, dass ich es über ihn gehört habe. Er selbst konnte es mir ja nicht mehr erzählen.«
»Wann genau war das, als er zuletzt hier war?«, wollte Hain wissen, der mittlerweile seinen kleinen Notizblock aus der Jacke gezogen hatte und mitschrieb.
»Vor knapp vier Wochen.«
»Und seitdem keine Anrufe und keine SMS?«
»Nein. Der Theo hatte es nicht so mit der modernen Kommunikation. Er hatte zwar ein Mobiltelefon, aber das hat er nur für die Arbeit benutzt. Mich jedenfalls hat er damit nie angerufen.«
»Aber Sie haben keine Idee, warum die Black Crows sauer auf Ihren Mann gewesen sein könnten?«
»Nee, wirklich nicht. Ich habe mich, was das angeht, immer komplett raus gehalten aus seinem Leben. Diese Jungs machen mir einfach Angst, und diesem Gefühl muss ich mich ja nicht auch noch freiwillig aussetzen.«
»Das ist sehr klug«, stimmte Lenz der Frau zu. »Wobei es in meinen Ohren schon wie eine Drohung gegen die Black Crows klingt, was er da zu Ihnen gesagt hat. Als ob er etwas gegen sie in der Hand gehabt hätte.«
»Das«, warf die Mutter dazwischen, »müssen Sie mal nicht so ernst nehmen. Der Theo hat alles und jeden bedroht, wenn es ihm in den Kram gepasst hat. Wahrscheinlich war da gar nichts dahinter, wenn Sie mich fragen. Der war einer von den Hunden, die gern gekläfft haben, bei denen es aber nie zum Beißen gereicht hat.«
»Sehen Sie das auch so?«, wollte der Hauptkommissar mit Blick auf die Witwe wissen, die sofort die Schultern hochzog.
»Kann schon sein, dass meine Mutter recht hat. Es war schon oft so, dass er einfach eine große Klappe hatte und dann einen Rückzieher machen musste. Ob in dem Fall nun was dran war oder nicht, kann ich Ihnen aber beim besten Willen nicht sagen.«
»Kannten Sie den Kollegen Ihres Mannes, der ebenfalls getötet wurde?«
»Den Walter? Walter Kempf? Klar kannte ich den. Mit dem hat Theo schon seit ewigen Zeiten zusammengearbeitet.«
»Bei Secupol, der Wachschutzfirma?«
»Ja. Kennengelernt haben sie sich zwar bei einem anderen Unternehmen, sind aber dann gemeinsam zu Secupol gewechselt, als die in Kassel ihre Niederlassung aufgemacht haben.«
»Wann war das?«
»Was Sie alles wissen wollen«, brummte Ramona Stark schnaufend, um sich nach einer kurzen Phase des Nachdenkens und des Abzählens mit den Fingern schließlich doch zu einer Antwort hinreißen zu lassen.
»Vor 14 Jahren.«
»So lang haben die beiden gemeinsam bei Secupol gearbeitet?«
Sie nickte.
»Zum Vorarbeiter hat es zwar keiner von ihnen gebracht, obwohl sie immer davon gefaselt haben, wie toll dann alles werden würde, und wie viel mehr Geld sie dann in der Tasche hätten, aber sie wussten vermutlich schon länger, dass es ein Traum bleiben würde.«
»Woran, meinen Sie, lag es, dass die beiden nicht befördert wurden?«
»Sie waren nicht clever genug, das ist der einzige Grund. Pünktlich, zuverlässig, kollegial, das alles, klar, aber am Ende hat es einfach am Grips gemangelt.«
Ihre Stirn wellte sich.
»Auch wenn Ihnen das jetzt hart erscheinen muss, wie ich das sage, aber es ist einfach meine Meinung. Theo ist nie der Held des Denkens gewesen, und schon, als wir geheiratet haben, war ich mir darüber im Klaren.«
»Wie Sie meinen, Frau Stark«, nickte Lenz ernüchtert. »Wissen Sie, wie viel Ihr Mann verdient hat?«
»Klar, immerhin musste er für meinen Unterhalt sorgen. Er hat mit allen Zulagen und Extras knapp 2500,- Euro netto gehabt.«
Erneut ließ der Kommissar den Blick durch das Zimmer gleiten.
»Sie arbeiten nicht?«
»Nee, schon länger nicht mehr.«
»Und Sie sind gut ausgekommen mit dem Geld, als Sie noch zusammen waren?«
»Ach, was glauben Sie denn? Hinten und vorn hat es nicht gereicht, und dann mussten wir uns unbedingt noch diese Bude hier bauen. Der Irrsinn des Jahrhunderts, meiner Meinung nach.«
»Klingt, als hätten Sie das gar nicht gewollt?«
»Genau so ist es auch. Wir hatten eine klasse Wohnung im Haus meiner Mutter, aber Theo wollte partout was Eigenes. So sind wir zu dieser Immobilie gekommen, die ich, wie es aussieht, jetzt am Hacken habe.«
»Müssen Sie noch viel dafür abtragen?«
Sie winkte resigniert ab.
»Fragen Sie besser nicht.«
»Ich hätte«, wandte Hain sich noch einmal an Ramona Stark, »noch eine Frage. Wo hat Ihr Mann in der letzten Zeit
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