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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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einem Gesicht, in dem sich der Unwille über diese »äußeliche« Glätte und Gelecktheit mit einer so überzeugenden Komik malte, daß alles in Gelächter ausbrach.
    »'N Aap is hei!« wiederholte der alte Buddenbrook kichernd. Herr Hoffstede aber war außer sich vor Entzücken.
    »Charmant!« rief er. »Unübertrefflich! Man muß Marcellus Stengel kennen! Accurat so! Nein, das ist gar zu köstlich!«
    Thomas, dem solche Begabung abging, stand neben seinem jüngeren Bruder und lachte neidlos und herzlich. Seine Zähne waren nicht besonders schön, sondern klein und gelblich. Aber seine Nase war auffallend fein geschnitten, und er ähnelte in den Augen und in der Gesichtsform stark seinem Großvater.
    Man hatte zum Teil auf den Stühlen und dem Sofa Platz genommen, man plauderte mit den Kindern, sprach über die {19} frühe Kälte, das Haus … Herr Hoffstede bewunderte am Sekretär ein prachtvolles Tintenfaß aus Sèvres-Porzellan in Gestalt eines schwarz gefleckten Jagdhundes. Doktor Grabow aber, ein Mann vom Alter des Konsuls, zwischen dessen spärlichem Backenbart ein langes, gutes und mildes Gesicht lächelte, betrachtete die Kuchen, Korinthenbrote und verschiedenartigen gefüllten Salzfäßchen, die auf dem Tische zur Schau gestellt waren. Es war das »Salz und Brot«, das der Familie von Verwandten und Freunden zum Wohnungswechsel übersandt worden war. Da man aber sehen sollte, daß die Gabe nicht aus geringen Häusern komme, bestand das Brot in süßem, gewürztem und schwerem Gebäck und war das Salz von massivem Golde umschlossen.
    »Ich werde wohl zu thun bekommen«, sagte der Doktor, indem er auf die Süßigkeiten wies und den Kindern drohte. Dann hob er mit wiegendem Kopf ein gediegenes Gerät für Salz, Pfeffer und Senf empor.
    »Von Lebrecht Kröger«, sagte M. Buddenbrook schmunzelnd. »Immer coulant, mein lieber Herr Verwandter. Ich habe ihm dergleichen nicht spendiert, als er sich sein Gartenhaus vorm Burgthor gebaut hatte. Aber so war er immer … nobel! spendabel! ein à la mode-Kavalier …«
    Mehrmals hatte die Glocke durchs ganze Haus gegellt. Pastor Wunderlich langte an, ein untersetzter alter Herr in langem, schwarzem Rock, mit gepudertem Haar und einem weißen, behaglich lustigen Gesicht, in dem ein Paar grauer, munterer Augen blinzelten. Er war seit vielen Jahren Witwer und rechnete sich zu den Junggesellen aus der alten Zeit, wie der lange Makler, Herr Grätjens, der mit ihm kam und beständig eine seiner hageren Hände nach Art eines Fernrohrs zusammengerollt vors Auge hielt, als prüfe er ein Gemälde; er war ein allgemein anerkannter Kunstkenner.
    Auch Senator Doktor Langhals nebst Frau kamen an, lang {20} jährige Freunde des Hauses, – nicht zu vergessen den Weinhändler Köppen mit dem großen, dunkelroten Gesicht, das zwischen den hochgepolsterten Ärmeln saß, und seine gleichfalls so sehr beleibte Gattin …
    Es war schon nach halb fünf Uhr, als schließlich die Krögers eintrafen, die Alten sowohl wie ihre Kinder, Konsul Krögers mit ihren Söhnen Jakob und Jürgen, die im Alter von Tom und Christian standen. Und fast gleichzeitig mit ihnen kamen auch die Eltern der Konsulin Kröger, Holzgroßhändler Oeverdieck nebst Frau, ein altes, zärtliches Ehepaar, das sich vor Aller Ohren mit den bräutlichsten Kosenamen zu benennen pflegte.
    »Feine Leute kommen spät«, sagte Konsul Buddenbrook und küßte seiner Schwiegermutter die Hand.
    »Öwer denn ook gliek düchtig!« und Johann Buddenbrook machte eine weite Armbewegung über die Krögersche Verwandtschaft hin, indem er dem Alten die Hand schüttelte …
    Lebrecht Kröger, der à la mode-Kavalier, eine große, distinguierte Erscheinung, trug noch leicht gepudertes Haar, war aber modisch gekleidet. An seiner Sammetweste blitzten zwei Reihen von Edelsteinknöpfen. Justus, sein Sohn, mit kleinem Backenbart und spitz emporgedrehtem Schnurrbart, ähnelte, was Figur und Benehmen anbetraf, stark seinem Vater; auch über die nämlichen runden und eleganten Handbewegungen verfügte er.
    Man setzte sich gar nicht erst, sondern stand, in Erwartung der Hauptsache, in einem vorläufigen und nachlässigen Gespräch bei einander. Und Johann Buddenbrook, der Ältere, bot auch schon Madame Köppen seinen Arm, indem er mit vernehmlicher Stimme sagte:
    »Na, wenn wir alle Appetit haben, mesdames et messieurs …«
    Mamsell Jungmann und das Folgmädchen hatten die weiße Flügelthür zum Speisesaal geöffnet, und langsam, in zuver {21}

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