Bullenball
was
sich daraus ergibt.«
»Ein toter Einbrecher ohne Schlüssel und Taschenlampe in einem
Objekt, wo es nichts zu holen gibt.« Hambrock blickte zu der hell erleuchteten
Empore, die von den Spurentechnikern abgesperrt war. Dann deutete er auf die Faxausdrucke,
die er in der Hand hielt. »Ich finde, wir sehen uns dies hier mal genauer an.«
Das Kino lag am Rande der Fußgängerzone. Sie ließen den Wagen an der
Promenade stehen, dem innerstädtischen Grünstreifen entlang der ehemaligen
Stadtmauer, und gingen die letzten Meter zu Fuß. Erneut zogen Regenwolken auf,
und die Luft kühlte merklich ab. Es wurde Herbst, das ließ sich kaum mehr
leugnen. Hambrock ging voran, die Hände tief in den Manteltaschen verborgen.
»Montag früh holst du dir den Gefährdungsbogen ab«, sagte er. »Und
dann bist du freigestellt bis zu deinem Termin beim Polizeiarzt.«
»Bist du jetzt sauer auf mich?« Sie blickte ihn schräg von der Seite
an. »Bei der letzten Schwangerschaft hast du mich auch nicht nach Hause
geschickt. Und jetzt gelten die Vorschriften plötzlich haargenau?«
»Beim letzten Mal konnte ich dich nicht entbehren. Das ist jetzt
anders.«
Sie schwieg eine Weile. »Ach, Hambrock«, seufzte sie. »Ich mache das
doch nicht wegen Martin, auch wenn du das denkst. Er macht sich halt Sorgen. Deswegen
kannst du ihm nichts vorwerfen.«
»Aber gleich ins Kommissariat Vorbeugung? Bist du dir da wirklich
sicher?«
»Es ist ja nur für ein paar Jahre. Danach komme ich zurück, wenn das
irgendwie geht.«
Er verkniff sich die Frage, wann das sein würde. Musste das Kind
dafür in den Kindergarten gehen oder bereits in die Schule? Oder wollte sie
noch länger warten? Er wusste, dass ihr Herz an dieser Arbeit hing, sicher war
ihr die Entscheidung alles andere als leichtgefallen. Trotzdem war er auf
gewisse Weise enttäuscht.
»Ich mach das nicht wegen Martin«, wiederholte sie. »Ich mach das
hauptsächlich für mich. Damit ich mich weniger mies fühle.«
»Mies?«, fragte er verwundert.
»Ach, hör schon auf. Du weißt genau, was ich meine.«
»Du bist eine gute Mutter«, stellte er fest. »Auch als Polizistin.«
»Ja, natürlich. Und an den Osterhasen glaubst du auch noch, oder?«
Sie hatten das Kino erreicht. Hambrock wollte noch etwas erwidern,
aber Heike drückte bereits die gläserne Eingangstür auf und trat ein.
Ein breiter Durchgang führte zu den Kinokassen, daneben befand sich
ein gastronomischer Bereich, der von einer ausufernden Bar dominiert wurde. Die
Vorstellungen liefen gerade, daher waren kaum Gäste da. Der Barkeeper, ein
drahtiger blonder Mann mit markanten Gesichtszügen, vertrieb sich die Zeit,
indem er Gläser polierte. Er warf ihnen einen kurzen taxierenden Blick zu, dann
widmete er sich wieder seiner Arbeit.
Hambrock und Heike traten an den Tresen.
»Guten Abend«, sagte Heike. »Wir suchen eine Vanessa Sundmann. Man sagte
uns, sie würde heute Abend hier arbeiten.«
Hambrock sah sich um. Einer der Bistrotische an der Fensterfront war
besetzt. Auf den Barhockern saßen zwei Männer und drei Frauen, die so wirkten,
als würden sie zum Kino oder zur Gastronomie gehören.
»Was wollen Sie denn von ihr?«, fragte der Barkeeper freundlich.
»Sie hat gerade Pause.«
Hambrock rief zu den jungen Leuten hinüber: »Vanessa Sundmann?«, und
tatsächlich hob eine der Frauen verwundert den Kopf. »Könnten Sie kurz kommen?«
Die Frau betrachtete die beiden Kommissare. Sie schien sofort
Bescheid zu wissen, dass sie von der Polizei waren. Ein Schatten fiel über ihr
Gesicht. Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, und stand auf. Dabei
wechselte sie einen kurzen Blick mit einem der Männer am Tisch, einem klein
gewachsenen Mittzwanziger mit Pickelgesicht und blonden Stoppelhaaren. Gar
nicht die Art Mann, dachte Hambrock, mit der sich so attraktive Frauen wie
diese Vanessa normalerweise abgeben.
Sie kam zur Theke, sichtbar um Haltung bemüht. »Ja bitte?«, fragte
sie.
Heike ergriff das Wort. »Mein Name ist Holthausen, das ist mein
Kollege Hambrock. Wir sind von der Münsteraner Kriminalpolizei. Kennen Sie
einen Matthis Röhrig?«
Offenbar hatte sie diese Frage erwartet. Sie nickte. »Das ist mein
Freund. Wieso fragen Sie? Ist etwas passiert?«
»Können wir hier irgendwo ungestört reden?«
»Wir können ins Büro gehen. Ist was mit ihm? Geht es ihm gut?«
Vanessa Sundmanns Augen huschten für den Bruchteil einer Sekunde
erneut zu dem kleinen bulligen Typen. Nur ein winzig kleiner Blick,
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