Cäsar Cascabel
gelbliche Haar, die runden, kindlichen Augen, die unmäßig lange Nase, auf welche er ein halbes Dutzend Brillen setzen konnte – großer Lacheffekt –, die abstehenden Ohren und der magere, von Skelettbeinen getragene Rumpf machten ihn zu einem bizarren Wesen. Übrigens pflegte er sich nicht zu beklagen, wenn nicht etwa, – dies »wenn nicht etwa« war die Verwahrungsformel, die er seinen Äußerungen anzuhängen pflegte – das Schicksal ihm Anlaß zu Klagen gab. Schließlich hatte er sich seit seinem Dienstantritte bei den Cascabels sehr an diese Familie gewöhnt, die ihrerseits ihren Clou-de-Girofle nicht mehr zu entbehren vermocht hätte.
So war das, wenn man sich so ausdrücken darf, menschliche Element dieser Gauklertruppe beschaffen.
Das tierische Element vertraten zwei wackere Hunde, ein Wachtelhund, sehr tüchtig auf der Jagd, sehr zuverlässig als Hüter des rollenden Hauses, und ein Pudel, gelehrt und geistreich, zum Mitglied der französichen Akademie bestimmt, sobald es eine französische Akademie für Hunde geben wird.
Nach den zwei Hunden geziemt es sich, dem Publikum einen kleinen Affen vorzustellen, der es im Grimassenwettstreit so erfolgreich mit Clou selber aufnehmen konnte, daß die Zuschauer in großer Verlegenheit gewesen wären, zu entscheiden, welchem von beiden der Preis gebühre. Des weiteren gab es einen Papagei, Jako, auf Java zu Hause, der dank der Lektionen seines Freundes Xander zehn Stunden von zwölfen hindurch sprach, plapperte, sang und schrie. Schließlich sind noch zwei Pferde zu erwähnen, zwei brave alte Gäule, welche den Jahrmarktswagen zogen; der Himmel weiß, daß ihre mit dem Alter etwas steif gewordenen Beine manche Meile Weges zurückgelegt hatten!
Und man will wissen, wie diese beiden trefflichen Tiere sich nannten? Das eine hieß Vermout, wie der Sieger des Herrn Delamarre, das andere Gladiator, wie der Sieger des Grafen v. Lagrange. Ja sie trugen diese auf dem französischen Turf berühmten Namen, ohne daß es ihnen je in den Sinn gekommen wäre, sich für den
Grand Prix de Paris
nennen zu lassen.
Was die beiden Hunde betrifft, so hörte der Wachtelhund auf Wagram, der Pudel auf Marengo, und man wird unschwer erraten, welchem Paten sie diese historisch berühmten Namen verdankten.
Der Affe aber war John Bull getauft worden – ganz einfach wegen seiner Häßlichkeit.
Was wollen Sie? Man muß Herrn Cascabel diese Manie nachsehen, die ihren Ursprung schließlich in einem sehr verzeihlichen Patriotismus hatte – verzeihlich selbst in einer Epoche, wo derartige Sympathien keine eigentliche Existenzberechtigung mehr besitzen.
»Wie sollte man,« sagte er manchmal, »nicht den Mann vergöttern, der inmitten eines Kugelregens rief: Folgt meinem weißen Helmbusch, ihr werdet ihn immer u. s. w.!«
Und als man ihm einmal bemerkte, daß diese schönen Worte von Heinrich IV. herrührten, antwortete er:
»Möglich; aber Napoleon wäre ganz im stande gewesen, einen solchen Ausspruch zu thun.«
III. Die Sierra Nevada.
Wie viele Leute nicht schon von einer nach Art der Gaukler in einem Coach-House gemachten Reise geträumt haben! Sich weder um die Hotels noch um die Schenken, die unzuverlässigen Betten oder die noch unzuverlässigere Küche kümmern zu müssen, wenn es sich darum handelt, ein kaum mit Flecken oder Dörfern besäetes Land zu durchstreifen! Was reiche Liebhaber gewöhnlich an Bord ihrer Vergnügungs-Yachten mit allen Vorteilen des beweglichen Heims ausführen, das haben wenige mittels eines Wagens
ad hoc
vollbracht. Und dennoch, ist der Wagen nicht das gehende Hauss Warum sind die Jahrmarktsbesucher die einzigen, welche den Genuß der »Navigation auf
terra firma
« kennen?
In der That ist der Wagen des Gauklers eine vollständige Wohnung mit Zimmern und Möbeln, ein rollendes »Heim«, und derjenige des Cäsar Cascabel entsprach den Anforderungen eines Nomadenlebens vollkommen.
Die Belle-Roulotte – denn der Wagen hatte seinen Namen so gut wie irgend ein normännischer Schoner, und Sie können mir glauben, daß er demselben auf seinen vielen verschiedenen Wanderungen durch die Vereinigten Staaten Ehre machte – die Belle-Roulotte war vor kaum drei Jahren von den ersten Ersparnissen der Familie angekauft worden und ersetzte seitdem den alten, mit einem einfachen Plan bedeckten und jeglicher Feder entbehrenden Leiterwagen, welcher der ganzen Truppe solange als Wohnung gedient. Da Herr Cascabel nun schon über zwanzig Jahre auf den Messen und Märkten
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