Callgirl
ins Auto und fahre mit ihnen zum Buchladen. Oder ich erinnere mich daran, wie verführerisch ich früher war und locke meinen Ehemann ins Schlafzimmer, um zu überprüfen, ob mein Zauber noch wirkt. Er sagt Ja.
Ich habe festgestellt, dass es viel spannender ist, das eigene Leben zu leben, als ständig berufsmäßig in Rollen zu schlüpfen und die Fantasien anderer auszuagieren.
Ich lebe und arbeite noch immer in der Gegend von Boston. Ich habe meinen Namen geändert, habe geheiratet und bin sogar mehr oder weniger unverhofft zu einer Familie gekommen. Ich bin glücklich mit meiner Vollzeitstelle, mein Beruf füllt mich aus und stellt mich immer wieder vor spannende Herausforderungen. Scuzzy hat einen Mini-Garten hinter dem Haus, wo er seinen nie endenden Traum von der Erlegung eines Eichhörnchens verfolgen kann.
Mein Mann setzt sich weiterhin mit seinem Wissen um meine frühere Beschäftigung auseinander. Einmal habe ich ihn gefragt, wie er sich fühlen würde, falls jemals einer seiner Freunde herausfinden würde, dass ich als Professionelle bei einer Escort-Agentur gearbeitet habe. »Kennst du die Werbespots, in denen davor gewarnt wird, irgendwelche gefährlichen Sachen zu Hause nachzumachen, weil das nur Leute können, die speziell dafür ausgebildet sind, die das professionell machen?«, fragte er. »Ich würde einfach sagen: Tja, wir können das zu Hause machen.«
In den Monaten, nachdem Tony meine E-Mail an Roger gelesen hatte, hat er sicherlich lange gebraucht, um die Mythen und Klischees loszuwerden. Er hielt sich selbst für ziemlich tolerant. Ich stellte alle seine Überzeugungen auf eine harte Probe. Er ist
besser als die meisten Männer, weil er bereit ist, dies mit mir gemeinsam durchzustehen.
Auch Peach geht es gut. Sie ist verheiratet und hat sich ein eigenes Haus gekauft. Sie steht nicht mehr im Mittelpunkt eines schillernden Zirkels von Bewunderern, und sie geht häufiger ins Sportstudio als in die neuesten Klubs und Restaurants der Stadt. Sie reist viel. Sie gibt Grillpartys.
Ich denke nicht, dass eine von uns sich noch daran erinnern kann, wann wir das letzte Mal zusammen aufgeblieben sind, aufgekratzt und beschwipst, um bis Sonnenaufgang feuchtfröhlich weiterzufeiern. Ich glaube nicht, dass eine von uns es bedauert.
Über die anderen Leute, von denen ich hier erzählt habe, kann ich im Grunde nichts berichten. Obwohl ich mich für diesen Teil meiner Vergangenheit nicht schäme, hänge ich doch auch nicht daran, und die Kontakte, die damals entstanden sind, spielen heute kaum noch eine Rolle in meinem Leben. Das Schicksal einiger macht mich traurig, und diese Traurigkeit wird wohl für immer bleiben.
Ich gehe davon aus, dass einige der Frauen diesen Job zu ihrem Vorteil nutzen konnten und sich später ebenso wie ich für Beruf und Familie entschieden haben. Ich gehe auch davon aus, dass viele andere nicht wussten, wann sie aufhören sollten, nicht mit Geld umgehen konnten, wenige Optionen für sich sahen und keine Ausstiegsstrategien entwickelt hatten. Es ist eine Welt, die solche Haltungen begünstigt.
Aber manchmal ertappe ich mich immer noch bei genau dem gleichen Ich-habe-ein-Geheimnis-Lächeln wie früher, zum Beispiel wenn ich einen schlechten Tag hatte oder die Kinder schwierig sind oder ein Stapel unkorrigierter Klausuren vor mir liegt … Dann erinnere ich mich an den Glamour jener Zeit. Und das bringt mich manchmal zum Lächeln.
Nachwort
Da die in diesem Buch beschriebenen Ereignisse einige Jahre zurückliegen, möchte ich an dieser Stelle noch ein Wort der Erklärung abgeben. Heute Morgen habe ich einen BBC-Bericht über die Ekel erregende Praktik gehört, dass Mädchen aus bitterarmen osteuropäischen Ländern als Prostituierte verkauft werden, um die »Bedürfnisse« der Uno-Friedenstruppen im Kosovo zu befriedigen.
Ich bin auch heute noch entsetzt über die falschen Vorstellungen, die über Prostitution und Prostituierte herrschen. Es versetzt mich immer wieder in Wut und Erstaunen, mit welcher Selbstverständlichkeit man davon ausgeht, dass Männer, die zu Prostituierten gehen, normal sind, während die Frauen, die in dem Gewerbe tätig sind, irgendwie nicht normal sind.
Ich habe hier nur eine einzelne, nämlich meine eigene Geschichte erzählt. Ich habe freiwillig und in voller Absicht eine Tätigkeit bei einer Escort-Agentur aufgenommen. Zu keiner Zeit, damals oder heute, habe ich diese Entscheidung oder die Arbeit in der Agentur bereut.
Weil es Agenturen wie
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