Eternal - Die Geliebte des Vampirs
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Kapitel 1
W ie war eigentlich Florenz?« Fia stand vor Fin, schob seine Hände beiseite und griff nach seiner schmalen marineblauen Krawatte. »Lass mich das machen, bevor du dir noch weh tust.«
»Florenz war …« Er zuckte die Achseln und ließ ergeben die Hände fallen. Er war nun fast 1600 Jahre alt und ließ sich noch immer von seiner großen Schwester herumkommandieren. »Italien eben: Motorräder, schönes Leder, sexy Girls und geiles Pistazieneis.« Er musste ziemlich laut sprechen, um das Geplärre von
SpongeBob Schwammkopf
zu übertönen, das aus dem Fernseher im Wohnzimmer drang. Das Ferienhaus, das er und sein Bruder für den Sommer gemietet hatten, fühlte sich jetzt schon zu klein an.
»Probleme?« Sie blickte in seine grünen Augen, in denen sich ihre eigenen spiegelten, während sie am Stoff der Krawatte nestelte.
Fin stieß die Luft aus. Seine Nervosität vor dem ersten Arbeitstag überraschte ihn selbst. Vor allem, weil er den verdammten Job nicht einmal gewollt hatte. »Die Beauftragung ging gut über die Bühne. Wir sind hinter einem Kerl her, der hier in den USA einer Organisation angehört, die sich
Die Bruderschaft
nennt. Das ist so eine Art Verein für Serienkiller.« Er lachte hohl. »Ein Haufen Irrer.«
»Sind wir das nicht auch?«, neckte sie.
Er schnitt eine Grimasse. »Der Kerl war im
Urlaub
. Vom Café im Palazzo aus habe ich zugesehen, wie er innerhalb von vier Tagen drei verschiedenen Frauen mittleren Alters nachgestiegen ist.«
Fia konzentrierte sich auf ihre Hände, während sie den Knoten unter seinem hellblauen Kragen zurechtzog. »Ich zweifle nicht an deinen Fähigkeiten, ihn zu überführen. Du bist der Beste. Ich rede von den Visionen.«
Fin stieß ihre Hände fort. Plötzlich hatte er das Gefingere seiner Schwester satt. »Sie sind ziemlich übel.« Er berührte den Krawattenknoten, und seine Hand glitt über den Stoff hinab. Die Erinnerungen waren noch so frisch, dass er nicht einmal die Augen schließen musste, um das Blut auf die Pflastersteine des Marktplatzes spritzen zu sehen. »Bist du sicher, dass der Knoten sitzt?«
»Du siehst toll aus.« Sie trat zurück und lächelte. Dann fixierte sie ihn erneut. »Du solltest wegen dieser Visionen zu Dr.Kettleman gehen.«
»Zu einem Seelenklempner? Das sehe ich nicht so.« Er nahm die Bürste vom Waschbecken und fuhr sich damit durchs noch feuchte dunkle Haar. »Mir geht es gut.«
Sie wich noch einen Schritt zurück, um ihm Platz zu machen. »Aber du hast doch gesagt, dass sie anfangen, deine Arbeit zu behindern.«
Er versuchte, nicht an die abgeschlagenen Köpfe zu denken, die durch Ströme von Blut rollten. »Sie sind nur dann schlimm, wenn ich mich dematerialisiere.«
Sie verschränkte die Arme über der Brust, und ihr Gesicht drückte zugleich den Ärger, die Ungeduld und die Besorgnis einer großen Schwester aus. »Und das behindert deine Arbeit nicht? Jedes Mal, wenn du dich dematerialisierst, stürzt du in ein karmisches Blutbad, und du willst behaupten, dass dir das nicht schadet?«
»Sie verschwinden auch wieder. Das tun sie immer. Sie werden nur vor und nach jeder Reise nach Italien schlimmer. Das weißt du doch.« Die Visionen hatten ihn seit jenem Zwischenfall im 16 . Jahrhundert in unregelmäßigen Abständen heimgesucht, aber auf dieser Reise schienen sie heftiger gewesen zu sein. Realer, er hatte keine Ahnung, warum.
Er warf einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken des winzigen Badezimmers. Er sah zu jung aus für einen Polizisten. Sein jugendliches Äußeres verschaffte ihm Vorteile, wenn er im Auftrag des Clans ins Ausland reiste. Es fiel ihm zwar leicht, die Leute glauben zu machen, dass er ein Student war, doch er hatte den Polizeichef gewarnt – das sei keine gute Idee: Er war für die Strandpromenade nicht geeignet; er wusste es einfach. »Ich muss jetzt gehen. Danke, dass du vorbeigekommen bist.« Er ging um sie herum in den Flur, wo er sich zwischen der Wand und einem Stapel Kartons durchzwängen musste, um ins Wohnzimmer zu gelangen. »Kümmerst du dich um die restlichen Kartons?«, rief er Regan zu, der ausgestreckt auf der karierten Couch von der Wohlfahrt lag.
Mit der Fernbedienung in der Hand starrte sein eineiiger Zwillingsbruder auf den Fernseher, der auf einem Karton mit der schwarzen Filzstiftaufschrift »Bettzeug und Decken« thronte. Auf dem Bildschirm bereitete
SpongeBob
gerade einige Krabbenburger zu, während er mit seiner Hausschnecke stritt.
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