Castle 3: Heat Rises - Kaltgestellt (German Edition)
doch bevor sie ging, setzte sie sich an einen der Computer. Sie loggte sich in den Server des Dezernats ein und forderte eine digitale Kopie der Fallakte über Gene Huddleston jr. an.
Als Nikki durch den Vorraum in den Eingangsbereich des Reviers ging, stand eine Frau neben der blauen Samtkordel, die die Wand mit den Gedenkfotos für gefallene Kollegen und den Plaketten absperrte, und trat ihr in den Weg. „Verzeihung, Detective Heat?“
„Ja, das bin ich.“ Sie blieb stehen und warf einen schnellen Blick auf die Hand der Frau, die sich langsam hob. Jemand hatte offenbar entschieden, dieses Jahr die Jagdsaison auf Polizisten zu eröffnen und sogar vor Polizeirevieren keinen Halt zu machen, und Heat reagierte mit instinktiver Vorsicht. Doch die Frau hielt nur eine Visitenkarte in der Hand. Darauf stand: Tam Svejda, Metro-Reporterin,
New York Ledger
.
„Ich würde Sie gern um ein paar Minuten Ihrer Zeit bitten, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen.“
Heat erwiderte das Lächeln der Reporterin höflich, sagte aber: „Hören Sie, es tut mir leid, Ms. …“ Sie sah wieder auf die Visitenkarte. Nikki hatte ihren Namen gesehen, war aber nicht sicher, wie man ihn aussprach.
„Schfai-dah“, half ihr die Frau auf die Sprünge. „Mein Vater ist Tscheche. Das muss Ihnen nicht peinlich sein, der Name lässt jeden stutzen. Nennen Sie mich einfach Tam.“ Sie schenkte Nikki ein freundliches Grinsen und ließ ihre perfekten Zähne aufblitzen. Tatsächlich wirkte ihre gesamte Erscheinung wie die eines Supermodels: blonde Haare mit aufgehellten Strähnchen und einem tollen Schnitt, große grüne Augen, in denen Intelligenz und ein Anflug von Schalkhaftigkeit funkelten, jung genug, um ohne viel Make-up auszukommen – vermutlich noch keine dreißig, groß und schlank. Es war eine Erscheinung, hinter der man eher eine Fernsehreporterin als eine Printmedienjournalistin vermutet hätte.
„Gut. Meinetwegen also Tam“, sagte Nikki. „Aber ich bin nur eine Minute hier, denn ich muss gleich weiter. Tut mir wirklich leid.“ Sie machte einen Schritt in Richtung der Innentüren, doch Tam folgte ihr. Sie zückte ihren Notizblock. Es war ein spiralgebundenes Exemplar, genau wie das, was Heat benutzte.
„Eine Minute reicht völlig aus. Ich werde Sie nicht länger aufhalten. Ordnen Sie Pater Grafs Tod als Mord oder als Unfall ein?“
„Nun, damit kann ich mich kurz fassen, Ms. Svejda“, sagte sie mit fehlerloser Aussprache. „Die Ermittlungen sind noch nicht weit genug fortgeschritten, um dazu irgendeinen Kommentar abgeben zu können.“
Die Reporterin sah von ihren Notizen auf. „Ein sensationeller Mord geschieht – ein Gemeindepriester wird in einem Sadomasoclub gefoltert und getötet –, und Sie wollen mich allen Ernstes mit einem klischeehaften ‚kein Kommentar‘ abspeisen?“
„Was Sie drucken, ist Ihnen überlassen. Diese Ermittlung steht noch am Anfang. Ich verspreche, dass wir es Ihnen mitteilen werden, sobald wir etwas Erwähnenswertes herausgefunden haben.“ Wie jede gute Befragerin sammelte Heat auch dann Informationen, wenn sie selbst diejenige war, die befragt wurde. Und was sie von Tam Svejdas Interesse an dem Graf-Fall erfuhr, war, dass Nikki nicht die Einzige zu sein schien, die das Gefühl hatte, dass es hier um mehr als nur einen weiteren Mord ging.
„Verstehe“, sagte die Reporterin und fügte dann sofort hinzu: „Und was können Sie mir über Captain Montrose erzählen?“ Heat beäugte sie und wusste, dass sie mit ihrem nächsten „kein Kommentar“ sehr vorsichtig umgehen musste. Tam Svejda würde diesen Artikel schreiben, nicht sie, und Nikki wollte sie nicht zu irgendwelchen Zeitungsmetaphern über Wagenburgen oder wortkarge Polizisten inspirieren. Schließlich sagte Svejda: „Wenn Ihnen dieses Thema unangenehm ist, können wir gerne inoffiziell darüber sprechen. Ich habe nur eine Menge wenig schmeichelhafter Dinge gehört, und wenn Sie mich bei meinen Nachforschungen in eine Richtung lenken könnten, würden Sie ihm damit womöglich einen Gefallen tun … Falls die Gerüchte nicht stimmen.“
Detective Heat wählte ihre Worte mit Bedacht. „Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich Gerüchten Beachtung schenke, oder? Ich halte es für das Produktivste, dort hineinzugehen und mich wieder meiner Aufgabe zu widmen, den Fall um Pater Graf aufzuklären, damit ich Ihnen ein paar brauchbare Informationen liefern kann. Klingt das fair, Tam?“
Die Reporterin nickte und steckte ihren
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