Catriona
bezahlen. Ich mußte laut auflachen; meiner Meinung nach geschah es dem Manne ganz recht; gleichzeitig fuhr ich instinktiv mit der Hand in die Tasche, in der ich mein Geld aufbewahrte. Wahrscheinlich war mir die Sache in der Gasse zugestoßen, als die Weiber uns anrempelten; das eine war gewiß: ich hatte meine Börse verloren. »Ihr habt soeben einen guten Gedanken gehabt«, sagte Catriona, als sie merkte, wie ich stutzte.
In der Klemme, in der wir uns jetzt befanden, sah ich plötzlich ganz klar wie durch ein Fernrohr, daß uns keine Wahl übrigblieb. Ich besaß keinen Groschen Bargeld, aber in meiner Brieftasche ruhte mein Kreditbrief auf das Leydener Bankhaus. Es gab nur eine Möglichkeit, dorthin zu gelangen: unsere zwei Paar Füße. »Catriona,« sagte ich, »ich kenne Euch als ein tapferes und kräftiges Mädchen – glaubt Ihr, Ihr könntet auf ebener Landstraße dreißig Meilen wandern?« Es stellte sich später heraus, daß die Entfernung nur zwei Drittel davon betrug, aber ich glaubte, der Weg wäre so weit. »David,« entgegnete sie, »wenn Ihr mich in Eurer Nähe behaltet, will ich überall hingehen und alles tun, was Ihr wollt. Mir ist der Mut ganz gebrochen. Laßt mich nur nicht in dieser furchtbaren Stadt allein; sonst ist mir alles recht.« »Könnt Ihr jetzt aufbrechen und die Nacht über marschieren?« »Ich will alles tun, was Ihr von mir verlangt, und Euch niemals nach dem Grunde fragen. Ich habe mich Euch gegenüber als schlechtes, undankbares Mädchen gezeigt; macht jetzt mit mir, was Ihr wollt! Ich finde auch, Miß Grant ist das beste Fräulein von der Welt«, fügte sie hinzu, »und sehe nicht ein, weshalb sie Euch verleugnet hat.« Das war für mich Griechisch und Hebräisch, aber ich hatte anderes zu bedenken. Vor allem mußten wir aus der Stadt heraus auf die Leydener Heerstraße. Das erwies sich als ein hartes Problem, und es mochte ein bis zwei Uhr nachts geworden sein, ehe wir die glückliche Lösung fanden. Sobald die Häuser hinter uns lagen, hatten wir nichts, das uns als Wegzeichen dienen konnte, weder Mond noch Sterne, nur das weiße Band der Straße inmitten zweier schwarzer Seitenwege. Außerdem gestaltete sich das Gehen zu einer ungemeinen Schwierigkeit infolge eines eisigen Nachtfrostes, der ganz plötzlich nach Mitternacht eingesetzt und die Landstraße in eine einzige, lange Rutschbahn verwandelt hatte.
»Nun, Catriona,« bemerkte ich, »jetzt gleichen wir den Königssöhnen und den Töchtern der alten Hexe aus Euren wunderlichen Hochlandssagen. Bald wandern auch wir über die ›sieben Berge, die lieben Täler und die sieben Sümpfe‹ .« Das war so eine Redensart, die immer wieder in ihren Märchen vorkam, und die ich mir gemerkt hatte.
»Ja,« entgegnete sie, »nur gibt es hier keine Berge und Täler! Aber ich will nicht leugnen, einige der Bäume und der Ortschaften hier in der Ebene sind recht hübsch. Trotzdem ist unser Land das beste.«
»Ich wollte, wir könnten das gleiche von unseren Landsleuten behaupten«, erwiderte ich und dachte dabei an Sprott und Sang, vielleicht an James More selbst.
»Ich werde nie und nimmer Nachteiliges über meines Freundes Heimat sagen«, bemerkte sie mit so eigentümlicher Betonung, daß ich den Ausdruck ihres Gesichtes klar vor mir sah.
Ich sog scharf den Atem ein und wäre auf dem schwarzen Eise fast hingeschlagen.
»Ich weiß nicht, was Eure Meinung ist, Catriona,« sagte ich, als ich mich ein wenig gefaßt hatte, »aber ich finde, heute war bisher der schönste Tag unserer Reise. Ich schäme mich, es einzugestehen, da Ihr so viel Unglück und Unannehmlichkeiten hattet; aber für mich war es der schönste.«
»Es war ein guter Tag, da Ihr mir so viel Liebe zeigtet.« »Trotzdem schäme ich mich, so glücklich zu sein, während Ihr Euch hier in tiefster Nacht auf der Landstraße befindet.« »Wo in weiter Welt sollte ich sonst wohl sein?« rief sie. »Ich meine, bei Euch bin ich doch am sichersten.«
»Ihr habt mir also ganz verziehen?«
»Wollt Ihr mir nicht so weit verzeihen, nie wieder über die Sache zu sprechen?« stieß sie hervor; »in meinem Herzen lebt für Euch nichts als Dankbarkeit. Aber ich will ehrlich sein,« fügte sie überraschend hinzu, »jenem Mädchen kann ich nie vergeben.«
»Sprecht Ihr wieder von Miß Grant? Ihr sagtet doch selbst, sie sei das gütigste Fräulein von der Welt.«
»Das ist sie auch, das ist sie auch! Trotzdem kann ich ihr nie verzeihen. Nie und nimmer werde ich ihr verzeihen, also
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