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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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gesunden Gesicht.
    »Um des Himmels willen, nicht so hastig, Sir!« stieß er hervor. »Ich habe wahrhaftig nicht die Absicht, jemanden zu beleidigen. Aber Ihr wißt schon, Sir, ich gehöre zu den gutmütigen, ehrlichen, vorsichtigen alten Rauhbeinen. Wenn man mich hört, könnte man fast meinen, ich sei ein wenig sauertöpfisch; aber nein, nein, im Grund seines Herzens ist Sandie Sprott ein guter alter Kerl! Und Ihr könnt Euch nicht denken, welchen Ärger ich schon mit jenem Mann gehabt habe.«
    »Gut, Sir, dann werde ich Eure Güte so weit in Anspruch nehmen, Euch um die letzten Nachrichten von Mr. Drummond zu bitten.«
    »Herzlich gern, Sir! Und was die junge Dame betrifft (respektvollsten Diener!), so wird er sie rein vergessen haben. Sie begreifen, ich kenne den Mann; ich habe schon früher Geld an ihn verloren. Er denkt an niemand als an sich selbst; Clan, König und Tochter, er ließe sie und seinen Geschäftsfreund im Stich, um nur erst sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Gewissermaßen bin ich sein Geschäftsfreund. Tatsache ist, wir sind zusammen an einem Unternehmen beteiligt, und es scheint mir ganz so, als sollte das Sandie Sprott teuer zu stehen kommen. Der Mann ist so gut wie mein Teilhaber, trotzdem geb ich Euch mein Wort, daß ich nicht weiß, wo er steckt. Vielleicht ist er auf dem Wege nach Helvoet; vielleicht kommt er morgen, vielleicht in einem Jahr. Ich werde mich über nichts in der Welt mehr wundern, nur noch über das eine: wenn ich mein Geld zurückerhalte. Ihr seht also, wie's um mich steht und daß ich keine große Lust habe, mich um die junge Dame zu kümmern, wie Ihr sie nennt. Hier kann sie nicht bleiben, das ist sicher. Bei Gott, Sir, ich bin Junggeselle! Wenn ich sie bei mir aufnähme, der Teufelskerl bekäm's fertig und zwänge mich bei seiner Rückkehr, sie zu heiraten!«
    »Genug von diesem Geschwätz«, sagte ich. »Ich werde die junge Dame zu besseren Freunden bringen. Gebt mir Feder, Tinte und Papier, und ich werde James More die Adresse meines Leydener Korrespondenten dalassen. Er kann sich bei mir erkundigen, wo seine Tochter zu finden ist.«
    Ich schrieb und versiegelte einen Zettel dieses Inhalts, während Sprott von sich aus das willkommene Angebot machte, die Sorge für Miß Drummonds Gepäck zu übernehmen, ja einen Träger nach dem Gasthaus zu senden. Zu diesem Zweck händigte ich ihm als Deckung ein paar Taler aus, und er überreichte mir dafür eine schriftliche Quittung.
    Darauf bot ich Catriona meinen Arm, und wir verließen zusammen das Haus dieses unausstehlichen Gauners. Sie hatte während der ganzen Zeit kein Wort gesprochen und mir statt dessen das Reden und das Handeln überlassen; ich meinerseits hatte mir Mühe gegeben, sie durch keinen Blick in Verlegenheit zu setzen. Und selbst jetzt war es meine Sorge, vollkommen unbefangen zu erscheinen, obwohl mein Herz vor Scham und Zorn stillzustehen drohte.
    »So,« sagte ich, »jetzt wollen wir in das Wirtshaus zurückkehren, in dem man französisch spricht, zu Mittag essen und uns nach einer Reisemöglichkeit nach Rotterdam erkundigen. Ich werde keine Ruhe haben, bis ich Euch wieder sicher in Mrs. Gebbies Händen weiß.«
    »Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben,« meinte Catriona, »obwohl ich kaum glaube, daß sie sich darüber freuen wird. Ich möchte Euch auch noch einmal daran erinnern, daß ich nur einen Schilling und sechs Pence besitze.«
    »Und ich sage nochmals, es ist ein Segen, daß ich Euch an Land begleitete.«
    »Meint Ihr, ich hätte die ganze Zeit an etwas anderes denken können?« entgegnete sie und lehnte sich, wie mich dünkte, etwas stärker auf meinen Arm. »Ihr seid mir ein treuer Freund.«
     

Wanderungen durch Holland
     
    Der Postwagen, ein langes Gefährt mit Reihen von Bänken, brachte uns in vier Stunden nach der großen Stadt Rotterdam. Es war inzwischen längst dunkel geworden, aber die Straßen waren ziemlich hell erleuchtet und gedrängt voll wilder, fremdländischer Gestalten – bärtiger Hebräer, Neger und Scharen von Kurtisanen, die äußerst unanständig aufgeputzt waren und Seeleute am Ärmel festhielten. Das Schreien und Reden dröhnte uns in den Ohren, und, was das Erstaunliche von allem war: all diese Ausländer schienen auf uns ebensowenig Eindruck zu machen, wie wir auf sie. Um des Mädchens willen hatte ich das zuversichtlichste Gesicht von der Welt aufgesetzt; in Wahrheit jedoch kam ich mir wie ein verirrtes Schäfchen vor, und das Herz klopfte mir vor

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