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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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„Kläuschen, was meinst du? Meinst du, der Benni macht der Julia heute einen Antrag?“
    Mein Vater murmelt etwas Unverständliches im Hintergrund.
    „Mama, das weißt du doch gar nicht“, schimpfe ich. „Wir wohnen ja noch nicht einmal zusammen.“
    „Eine Mutter hat so etwas im Gefühl. Nicht wahr, Kläuschen? ...“
    Ich seufze. Mütter haben eine Gabe, immer den wunden Punkt zu treffen. Das muss so eine Art Radar sein, das erst aktiviert wird, wenn man ein Kind zur Welt gebracht hat.
    „Dann stimmt etwas mit deinem Gefühl nicht. Schließlich hat dein Gefühl damals auch gesagt, dass ich schwanger von Johann sei ... Was totaler Quatsch war“, fahre ich fort.
    „Aber du hast so rund und wohlig ausgesehen ...“, verteidigt sich meine Mutter.
    „Das lag daran, dass ich vier Kilo zugenommen hatte“, entgegne ich mit leicht säuerlicher Stimme.
    „Ach, ist doch auch egal“, sagt meine Mutter. Das tut sie immer, wenn sie einem Konflikt aus dem Weg gehen will. „Jedenfalls ist heute dein Geburtstag. Ich weiß noch, als wäre es erst gestern gewesen, wie Papa und ich ins Krankenhaus gefahren sind. Papa war so aufgeregt, dass er sich verfahren hat. Damals war alles noch nicht so fortschrittlich wie heute. Dein Vater musste draußen bleiben, als man mich in den Kreißsaal gefahren hat. Es war schrecklich! Diese Schmerzen und dann dieser Drachen von einer Hebamme und das viele Blut! Mit der ganzen Käseschmiere hast du ausgesehen wie ein Alien ...“
    Ich seufze laut. „Mama, die Geschichte hast du mir schon tausendmal erzählt! Ich bin ein wenig in Eile, weißt du! Bitte sei nicht böse, aber ich würde mich jetzt gerne fertig machen. Ich bin in einer halben Stunde mit Benni verabredet.“
    Schweigen.
    „Mama?“
    „Gut, wenn du keine Zeit für deine Eltern hast ... Wir wollen dich wirklich nicht aufhalten“, fährt sie beleidigt fort.
    „Mama, jetzt sei doch nicht sauer, aber ich muss mich wirklich beeilen“, bitte ich sie.
    „Schon gut. Du kannst ja anrufen, wenn du Zeit hast“, antwortete meine Mutter immer noch leicht säuerlich.
    „Ich hab euch lieb“, versuche ich, die Wogen zu glätten. „Und vielen Dank für den Anruf.“
    „Wir dich auch“, meldet sich mein Vater zu Wort, wie immer um Harmonie innerhalb der Familie bemüht.
    „Danke. Ich melde mich morgen.“
    Ich lege auf. Puh, geschafft! Darauf muss ich erst einmal einen Schluck aus der Rotweinflasche nehmen. Meine Güte, die ist ja schon fast leer. Sind die Flaschen kleiner geworden? Langsam wird mir in meiner Reizwäsche kalt. Ich lege das Telefon zur Seite und widme mich erneut Katjas Kleiderschrank.
    Bilde ich es mir ein oder bewegt sich der Boden unter meinen Füßen? Ich halte die Luft an. Der Boden schwankt leicht, und ich habe Mühe, mich auf den Beinen zu halten. Ein schrecklicher Verdacht beschleicht mich. Könnte es sein, dass Hamburg gerade von einem Erdbeben heimgesucht wird, während ich ahnungslos in Katjas Kleiderschrank wühle? Hilfe!
    Ich muss mich in Sicherheit bringen. Hastig sehe ich mich um. Nichts, was mir Schutz vor herunterfallenden Gegenständen bieten könnte. In einem Bericht über Erdbeben habe ich mal gelesen, dass der Türrahmen der beste Ort ist, um sich bei einem Erdbeben zu schützen, also stakse ich zur Tür, stütze mich mit den Händen seitlich im Rahmen ab und verharre. Der Boden schwankt zwar immer noch und die Lichter im Raum scheinen lustig zu tanzen, ansonsten passiert aber nichts. Mit angehaltenem Atem warte ich auf das Ende des Bebens. Keine herunterfallenden Glassteile, keine Risse in der Decke und keine Wände, die einstürzen.
    Mmh. Vielleicht doch kein Erdbeben? Von meiner Position aus betrachtet, scheint alles ruhig. Ich hole Luft und stöckele wieder zum Kleiderschrank. Irritiert und immer noch unsicher auf den Beinen, trete ich vor den großen Spiegelschrank. Meine Güte, wie sehe ich denn aus! In meinem Haar hängt ein Fussel, mein Strumpfband hat sich bei der Aktion von eben gelöst und baumelt verloren über meinem Oberschenkel. Ich entferne die Spinnwebe und bücke mich, um das Strumpfband zu richten. Ups! Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren, kann mich jedoch in letzter Minute noch abstützen, um nicht zu fallen.
    Na, endlich. Der Straps sitzt wieder da, wo er sitzen soll. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel. Fehlt nur noch der Mantel. Zwei Minuten später habe ich das gute Stück über meine nackte Haut gezogen und fühle mich gleich deutlich wärmer. Zeit, Plan B

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