Ahnung, ich rufe mich so selten selbst an. Meine E-Mail-Adresse ? … Moment mal. Diese ganzen Telefonnummern und Mailadressen hie r … das bedeutet doch, das s … Das wäre doch dann vielleich t … Genau, das ist es! Das ist meine Möglichkeit, Kontakt zu Leo zu kriegen, ohne sie ansprechen zu müssen! Ich kann ihr eine E-Mail schreiben! Vielleicht sogar erst mal anonym? Vielleicht bin ich ja cooler, wenn ich nicht Charlie Brown sein muss, sondern der rätselhafte, unbekannte Held bin. Lois Lane hat sich schließlich auch zuerst in Superman und erst dann in Clark Kent verliebt. Ja, das könnte funktionieren. Ich werde ihr schreiben.
Dafür brauche ich allerdings ihre Mailadresse. Und die steht auf dieser blöden Liste leider noch nicht drauf, weil sie ja hinter mir sitzt und somit nach mir mit Eintragen dran ist. Das bedeutet, ich muss diese Liste unbedingt noch mal in die Hände kriegen.
Ich drehe mich um und versuche den restlichen Weg, den die Liste nehmen wird, einzuschätzen. Mist, das sieht schlecht aus. Die Chance, dass sie auf dem Rückweg noch mal bei mir landet, ist sehr klein. Es sei denn, ich gebe sie nicht nach rechts, sondern nach links weiter, dann könnte sie erst hinten bei Doreen landen und über Philipp und Jakob dann zu Leo und Marie gehen und danac h …
»Bist du fertig?«, reißt mich Ralf von rechts aus meinem Masterplan.
Nein, bin ich nicht, verdammt! Was will der denn jetzt? Ich starre ihn fragend an.
»Die Liste, du Penner!«, fährt er mich an und verdreht genervt die Augen. »Bist du damit fertig oder schläfst du gerade noch mal drüber?«
»Ä h … nei n … bin gleich fertig«, antworte ich und kritzle noch schnell meine Mailadresse fertig, bevor ich ihm die Liste gebe.
Das war’s dann wohl mit meinem genialen Masterplan. Mist. Ich brauche diese Liste unbedingt. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Was würde Superman an meiner Stelle tun? Nein, dieser Gedankengang führt zu nicht s – ich kann nicht fliegen, habe keinen Röntgenblick und kann auch nicht mit Superpuste die Liste wie zufällig durch die Luft segeln und auf meinem Pult landen lassen. Und auf einen plötzlich aufkommenden Windstoß, der das übernimmt, brauche ich hier drinnen auch nicht zu hoffen.
Die Liste ist mittlerweile bei Leo angelangt. Ich beobachte, wie sie gelangweilt etwas reinschreibt.
»Ich wusste gar nicht, dass es so viel Krach machen kann, eine Liste auszufüllen«, sagt Schubert, der gerade wieder reingekommen ist. »Oder seid ihr etwa schon fertig damit?«
»Gleich!«, ruft jemand von hinten. »Ich bin der Letzte.«
Moment mal, war das nicht Jakob? Ich drehe mich um. Ja, das war er! Und er sitzt zwei Reihen hinter mir! Wenn er die Liste direkt nach vorne weitergibt, landet sie noch mal kurz bei mir. Aber viel Zeit werde ich nicht haben, um draufzugucken.
Jakob ist fertig und gibt die Liste nach vorne an Iris weiter. Iris gibt sie mir.
Meine Augen scannen hektisch über das untere Drittel des Blattes. Da bin ich, da ist Ralf, dann Marie. Bingo! Da steht Leo. Mein Blick rast nach rechts in die Spalte mit den Mailadressen.
Verdammt, was ist denn das für eine Sauklaue?! Was steht da?
[email protected]? Das kann ja wohl nicht sein, oder? Sieht aber so aus. Ist das ein U oder ein A? Das kann doch echt kein Schwein lesen! Verdammt, ich brauche mehr Zeit!
»Danke, Charlie«, sagt plötzlich jemand und reißt mir den Zettel aus der Hand.
Ich blicke nach oben und schaue direkt in Schuberts Gesicht.
»Gibt es sonst noch irgendwelche organisatorischen Fragen eurerseits?«, fragt er, während er sich umdreht und mit der Liste zurück nach vorne läuft. Da geht sie hin, die lebenswichtigste Liste aller Zeiten, und verschwindet für immer in Schuberts Tasche! Und alles, was ich habe, ist
[email protected]! Schreib es auf, Charlie Brown. Was? Oh ja, klar. Ich kritzle schnell
[email protected] unter meinen Stundenplan und lehne mich erleichtert aufatmend in meinen Stuhl zurück.
Puh, was für ein Stress. Und wofür das Ganze? Ach ja, genau. Für das schönste, coolste, schlechtgelaunteste Mädchen der Welt.
Und plötzlich weiß ich auch, was ich ihr schreiben werde, falls ich das
[email protected]ätsel entschlüsseln kann. Ich werde ihr gar nichts schreiben. Ich werde ihr etwas zeichnen.
3
Endlich zu Hause! Die letzten Stunden in der Schule haben sich gezogen wie bitter schmeckender Kaugummi.
Ich schließe die Tür auf, stürze sofort in mein