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Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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und ich würde es sofort finden. Und das nicht nur aufgrund seiner wundervoll roten Haare. Auch wegen dieser sensationell dunkelgrünen Augen. Am liebsten würde ich sofort auf der Stelle in ihnen sterben.
    Ein bisschen fühlt es sich sogar tatsächlich so an, als wäre ich gerade gestorben, denn ich sitze völlig erstarrt da und kann nicht mal mit einer Wimper zucken, weil ich Angst habe, auch nur eine Millisekunde dieses göttlich tödlichen Anblicks zu verpassen.
    »Ach du Scheiße«, höre ich drei Plätze neben mir Antoinette flüstern. »Das hat uns ja gerade noch gefehlt, eine Emo-Zicke.«
    Echt? Ist sie das? Ich meine, ich habe keine Ahnung von Emos. Was genau macht denn einen Emo aus? Reichen da schon schwarze Klamotten? Emo kommt von emotional, so viel weiß ich noch. Emos haben demzufolge also Gefühle, was ja grundsätzlich erst mal nichts Schlechtes ist. Aber was für Gefühle? Ich meine, da muss ja schon ein Konzept dahinterstecken. Nur weil ein paar Leute irgendwelche Gefühle haben und sich schwarz anziehen, wird ja nicht gleich eine ganze Jugendbewegung gegründet. Das hat bestimmt auch irgendwas mit Musik zu tun. Ist ja meistens so. Hip-Hopper hören Hip-Hop. Punks hören Punk. Emos hören Emo? Ist das eine Musikrichtung? Emotionale Musik? Fängt man da an zu lachen oder zu weinen, wenn man die hört? Keine Ahnung. Aber das lässt sich ja im Internet mit Sicherheit leicht rauskriegen.
    Jedenfalls mal wieder typisch, dass Antoinette die Erste ist, die etwas zu meckern hat. Von wegen Zicke. Sie fürchtet wohl die Konkurrenz, aber da muss sie sich nun wirklich keine Sorgen mache n – eine größere Zicke als Antoinette gibt es nämlich nicht.
    Antoinette ist ein absolut typisches Beispiel für das, was ich vorhin gemeint habe. Sie sieht echt gut aus, hübsches Gesicht, tolle Figur, lange blonde Haare, strahlendes Lächeln. Aber wenn man sie zehn Minuten lang nicht gesehen hat und dann die Augen schließt, um sie sich vorzustellen, dann entsteht kein klares Bild, dann könnte das genauso gut Paris Fucking Hilton oder Britney Spears oder Jessica Simpson oder die blonde Bedienung aus der Bäckerei bei uns um die Ecke sein. Sie hat nichts Eigenes, nichts, was sie unverwechselbar macht. Außer ihrem Lästermaul vielleicht. Ja, ich weiß, ich lästere auch gerade. Aber nicht über jemanden, den ich überhaupt nicht kenne und mir deswegen noch gar kein Urteil erlauben kann.
    »Also, Leute«, sagt Schubert. »Das hier ist eure neue Mitschülerin. Ihr Name ist Leonie K ö …«
    »Leo«, brummt unsere neue Mitschülerin dazwischen. »Leo reicht vollkommen. Leonie ist ein Scheißname.«
    Aha. Der Tod heißt also Leonie, ist aber mit seinem Namen nicht zufrieden. Schade eigentlich, ich finde Leonie einen sehr schönen Namen. Aber ich werde mich natürlich hüten, sie jemals so zu nennen. Den Tod verärgert man besser nicht.
    »Okay«, sagt Schubert sichtlich irritiert. »Eure neue Mitschülerin heißt also Leo König. Sie ist gerade aus Hamburg hierher gezogen un d …«
    »Ich wurde hierhergezogen«, unterbricht sie ihn erneut.
    »Ä h … gut«, fährt Schubert noch irritierter fort. »Leo wurde also aus Hamburg hierhergezogen, und ich hoffe, ihr helft ihr ein bisschen dabei, sich bei uns einzugewöhnen. Wirst schon sehen, Leo, in ein paar Wochen, wenn du neue Freunde gefunden hast, wird es dir hier bestimmt genauso gut gefallen wie in Hamburg.«
    »Eher friert die Hölle zu«, brummt Leo.
    »Wieso?«, fragt Lazlo grinsend. »Habt ihr die Ölrechnung nicht bezahlt?«
    Ein paar Leute lachen, Antoinette am lautesten.
    Leo geht langsam auf Lazlos Pult zu, stützt sich mit beiden Händen darauf und lehnt sich nach vorne, sodass ihr Gesicht fast das von Lazlo berührt.
    »Nicht nötig«, sagt sie und verstellt ihre Stimme dabei teuflisch tief. »Wir heizen mit Arschlöchern. Und der Nachschub ist anscheinend grenzenlos, wie man sieht.«
    Mann, ist die cool!
    Lazlo ist mit seinem Stuhl ein ganzes Stück nach hinten gerutscht. Leo fixiert ihn mit einem herausfordernden Blick.
    »Wie jetzt?«, sagt sie. »Das war’s schon? Ein einziger blöder Spruch? Mehr fällt dir nicht ein? Fuck, hier sind ja selbst die Arschlöcher langweilig.«
    »Di e … die ist ja wohl total irre«, stammelt Lazlo und schaut sich Hilfe suchend um.
    »Ich sehe schon«, seufzt Schubert in Richtung Leo. »Du hast es nicht gerade darauf angelegt, neue Freunde zu finden. Na, das kann ja lustig werden.«
    »Klar wird das lustig«, antwortet Leo

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