Chiffren im Schnee
Jahre Folgen der Kastration waren. Eines Tages würden diese Leiden seinen Organismus zum Erliegen bringen. Die Arzneien gewährten ihm nur einen Aufschub, heilen würden sie ihn nicht.
Wieder angekleidet setzte er sich vor den Schreibtisch. Plötzlich erklang ein Singen in seinen Ohren, gleichzeitig bewegte sich etwas unter dem linken Ärmel. Der Kitzel ließ ihn erschauern und jagte ihm eine Gänsehaut über die ganze linke Seite. Mit der flachen Hand klopfte er auf seinen Unterarm und blickte auf. »Wo ist meine Medizin?«
Dr. Saretzki hatte ihn genau beobachtet und machte sich eine Notiz. »Hören Sie noch Stimmen?«
»Jeder hört Stimmen.«
»Hm, hm. Wie viel haben Sie zuletzt injiziert?«
»Ein halbes Gramm pro Dosis, zwischen drei und vier Gramm am Tag.«
»Neueste Forschungen belegen, dass Kokain zu Wahnvorstellungen führen kann.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich habe Ihnen Kokain verschrieben, um Sie von Ihrer Morphiumsucht zu heilen. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass wir uns nach Alternativen umsehen sollten.«
»So langsam habe ich genug von Ihren Ausflüchten, Saretzki. Entweder Sie rücken meine Medizin heraus, oder ich marschiere geradewegs zu Ihrer Frau und berichte ihr, was Sie dem armen Mädchen angetan haben.«
Dr. Saretzki musterte ihn kalt. Dann zog er eine Schublade auf, griff hinein und warf eine braune Papiertüte auf den Schreibtisch. »Das ist das letzte Mal. Danach bekommen Sie von mir nichts mehr.«
Er nahm die Tüte und kontrollierte mit zitternden Fingern den Inhalt. »Ich bestimme, wann das letzte Mal ist. In vier Wochen komme ich wieder. Und wehe, Sie liefern nicht. Einen schönen Gruß an die Frau Gemahlin«, sagte er und eilte hinaus. Zu Hause bewahrte er ein ganzes Arsenal an Ingredienzien und Gerätschaften auf, um die wirksamste aller Lösungen herzustellen. Diese Medizin würde ihm die nötige Energie schenken, um den großen Plan zu vollenden.
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