CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
ihren deutschen und britischen Kollegen lernten, waren die Grundelemente der Spionage. In der Berliner CIA-Basis, in München, Wiesbaden, Pullach und einem Dutzend anderer Stützpunkte im besetzten Westdeutschland wurden junge amerikanische Spione, die nur Englisch sprachen und fast nichts über ihren Feind wussten, in der Kunst des Betrugs, der Erpressung, der Sabotage und der Anstiftung zum Verrat unterrichtet. Die Amerikaner hatten das Glück, in ihren Reihen junge, in Deutschland und Mitteleuropa geborene Männer zu haben – darunter etliche »wurzellose Kosmopoliten«, wie sie bei den Stalinisten hießen –, die Sprache, Geschichte und Kultur jedes Landes kannten, das sie ausspähen sollten. Und sie hatten das zusätzliche Glück, dass es östlich des Eisernen Vorhangs bei ihrem Feind Männer gab, die so viel Hass auf den sowjetischen Kommunismus empfanden, dass sie ihr Leben für den Westen aufs Spiel setzten.
Aber von Beginn an, seit dem Ende der vierziger Jahre, wurde der Nachrichtendienst in Westdeutschland auf höchster Ebene von Leuten unterwandert, die heimlich für die Sowjets arbeiteten. Den Berliner Tunnel verriet ein britischer Spion der Sowjets, noch ehe man die erste Schaufel mit Erde bewegt hatte. Moskau wusste, was die CIA-Spione machten. Spätestens mit der Errichtung der Berliner Mauer wurde der CIA schmerzlich bewusst, dass die Kommunisten in Deutschland dabei waren, den Krieg der Nachrichtendienste zu gewinnen. Sie kannten den Feind sehr viel besser als die Amerikaner den ihren.
Peter Sichel, ehemaliger Mitarbeiter der Berliner CIA-Basis und in den fünfziger Jahren verantwortlich für die Spionageoperationen in Osteuropa, machte von Anfang an geltend, dass man seinen Feind nur bekämpfen kann, wenn man ihn kennt: »Ist man erst einmal in Ideologie verstrickt«, so warnte Sichel seine Vorgesetzten, »bekommt man keine zuverlässigen Informationen mehr. Man gefährdet die Geheimagenten. Politischer Agent kann man nicht sein, ohne sich dem System, das man unterminieren will, auszusetzen. Wer versucht, ein autokratisches politisches System zu Fall zu bringen, wird nicht heil davonkommen.« In den ersten dreißig Jahren des Kalten Krieges in Deutschland kamen die Amerikaner ganz und gar nicht heil davon. Für die sowjetische Spionageabwehr war der BND eine leichte Beute. Moskau stellte den westdeutschen Nachrichtendienst als ein Rattennest voller Faschisten dar. Der BND schluckte sowjetische Fehlinformationen – darunter in den späten fünfziger Jahren die Behauptung, Moskau besitze Tausende von Kernwaffen, die es nachweislich nicht hatte. Im Jahr 1961, auf dem Höhepunkt der durch den Berliner Mauerbau ausgelösten Spannungen, musste die CIA zu ihrem Entsetzen feststellen, dass Gehlens Chef der Spionageabwehr, also der Mann, der für ihn auf Spionjagd ging, für den Kreml arbeitete. Das hieß: In alles, was die CIA eine Generation lang an geduldiger Spionagearbeit und hektischer politischer Kriegführung betrieben hatte, war der sowjetische Nachrichtendienst eingeweiht. Die Agency musste ganz von vorn anfangen. Zehn Jahre brauchte sie, um ihre komplette Leistungskraft in Westdeutschland wiederherzustellen. Dann läuteten Präsident Nixon und Henry Kissinger die Ära der Entspannungspolitik ein. Aus den damaligen Bemühungen ging 1975 die KSZE-Schlussakte von Helsinki hervor, unterzeichnet im Namen des freien Verkehrs von Menschen und Gedanken – und dies war der Anfang vom Ende der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten.
Der Kalte Krieg ging so plötzlich zu Ende, dass nur wenige im Westen es voraussahen. Einer von ihnen war der amerikanische Drei-Sterne-General Vernon Walters, ehemaliger stellvertretender CIA-Direktor und mittlerweile US-Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland. Nach seiner Darstellung traf er sich am 1.November 1989 mit seinem sowjetischen Botschafterkollegen in Berlin zum Mittagessen: »Ich sagte: ›Sie wollen doch die Deutschen für sich gewinnen, und da haben Sie diese Mauer gebaut, durch die Ehemänner von ihren Frauen und Eltern von ihren Kindern getrennt werden.‹ Darauf er: ›Die Mauer dient einem vernünftigen Zweck und wird noch in hundert Jahren stehen.‹ ›Herr Botschafter‹, sagte ich, ›wenn Sie das wirklich glauben, haben Sie den Kontakt zur Realität verloren. ‹ Damals«, so Walters weiter, »flohen Hunderttausende aus der DDR und entkamen über Ungarn. Die Botschaften in Prag und Warschau und überall sonst waren voll mit Menschen. Ich
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