CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
fuhr fort: ›Schauen Sie, in dem Lied Ihrer Partei, der Internationale, heißt es: Das Recht wie Glut im Kraterherde nun mit Macht zum Durchbruch drängt . Das stimmt‹, sagte ich, ›aber es ist nicht der Durchbruch, auf den Sie hoffen!‹« Acht Tage später begann die Mauer zu Staub zu zerfallen.
Heute scheint der Frieden so flüchtig wie ein Moskauer Frühling. Während amerikanische Politologen das bevorstehende Ende der Geschichte verkündeten, bauten die Krieger des politischen Islam in Kandahar, Kuala Lumpur und Hamburg ihre Zellen auf. Unentdeckt vom amerikanischen Nachrichtendienst, trugen sie die Kriegsschrecken von Berlin und London ins Herz von New York und in die Flure des Pentagons. Aufgabe der CIA wäre es gewesen, vor einem solchen Angriff zu warnen. Und zumal wäre es ihre Pflicht gewesen, dem Präsidenten die Informationen zu verschaffen, die er für eine Strategie zum Einsatz sämtlicher Machtmittel der Vereinigten Staaten gegen jeden möglichen Feind gebraucht hätte. Im Oktober 2002 gab die CIA eine Warnung heraus, in der sie behauptete, der Irak stecke voller chemischer und biologischer Waffen. Der BND lieferte eine der Einzelquellen, die diese falsche und überholte Information bestätigte, den betrunkenen Lügenagenten, der unter dem Namen »Curveball« weltweit bekannt geworden ist. Als die USA in den Krieg zogen, taten sie es nicht zuletzt aufgrund der von der CIA gelieferten falschen Erkenntnisse. Dieser Fehler war nicht zu korrigieren. Heute, fünf Jahre später, kommen amerikanische Verbände zum Fronturlaub auf die US-Militärbasis in Wiesbaden. Von hier aus brechen die Soldaten der ersten Panzerdivision zu ihrem zweiten 15-monatigen Einsatz im Irak auf. Die Division hat bereits 122 Tote zu beklagen. Für die Zivilisten ebenso wie für die Soldaten bedeutet Krieg das extremste Versagen der Nachrichtendienste.
Vor 60 Jahren wurde die CIA gegründet, um ein zweites Pearl Harbor zu verhindern. Doch der amerikanische Nachrichtendienst blieb jahrzehntelang fast ebenso gespalten und ungeordnet, wie er es schon 1941 gewesen war. Und das war kein Geheimnis. Vor nicht allzu langer Zeit warnten die für die Spionagearbeit Verantwortlichen in einem Bericht ans Weiße Haus, die Vereinigten Staaten müssten eine neue Form der Sammlung, Analyse und Bearbeitung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse finden. Gelänge das nicht, so die Autoren, könnte es zu einer Katastrophe kommen. Das war am 11.September 1998.
Vorwort
In diesem Buch geht es um die ersten 60 Jahre des amerikanischen Auslandsnachrichtendienstes Central Intelligence Agency (CIA). Geschildert wird, dass und wie das mächtigste Land in der Geschichte der westlichen Zivilisation an der Aufgabe gescheitert ist, einen erstklassigen Spionagedienst aufzubauen. Dieses Scheitern stellt eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten dar.
Die Nachrichtenbeschaffung eines Landes geschieht immer im Geheimen und dient dazu, das, was in anderen Ländern vor sich geht, zu begreifen oder zu verändern. US-Präsident Dwight D. Eisenhower nannte sie »ein widerwärtiges, aber lebenswichtiges Muss«. Eine Nation, die über ihre Grenzen hinaus Macht und Einfluss ausüben möchte, muss ihren Gesichtskreis erweitern, um zu wissen, was auf sie zukommt, und um Angriffe auf ihre Bevölkerung verhindern zu können. Sie muss jedem Überraschungsangriff zuvorkommen. Ohne einen starken, gewitzten, aufmerksamen Nachrichtendienst können Präsidenten und Generäle blind und handlungsunfähig werden. Aber niemals in ihrer Geschichte als Supermacht haben die Vereinigten Staaten über einen solchen Nachrichtendienst verfügt.
Geschichte, so heißt es bei Edward Gibbon in Verfall und Untergang des römischen Reiches , ist kaum mehr als ein Verzeichnis der Verbrechen, Torheiten und Missgeschicke der Menschheit. In den Annalen der Central Intelligence Agency häufen sich – neben Beweisen für Tapferkeit und List – Torheit und Missgeschick. Sie sind angefüllt mit kurzlebigen Erfolgen und langlebigen Misserfolgen im Ausland. Sie sind geprägt durch politische Gefechte und Machtkämpfe im Inland. Mit ihren Triumphen hat die CIA hier und da Menschenleben gerettet und Geld gespart. Mit ihren Fehlern hat sie beides vergeudet. Verhängnisvoll waren sie nicht nur für zahllose amerikanische Soldaten und Auslandsagenten, sondern auch für die etwa 3000 Amerikaner, die am 11.September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania sterben mussten, und
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