Columbus war ein Englaender
private Zuhälterdienste, indem sie unterbesetzten Schulen Personal vermittelt, arbeitslose Lehrer bei der Stellensuche unterstützt und Eltern, die nicht wissen, wohin sie ihren Nachwuchs schicken sollen, bei der Schulwahl berät. 1977 war die zweite Dienstleistung der Grund meines Besuchs, letztere der meiner Eltern im Jahr 1961.
Sie wollten für meinen Bruder Roger und mich die geeignete Prep School finden. Ich war damals vier, Roger fast sechs. Heutzutage, nach der Durchsetzung sozialer Gleichheit, der Abschaffung des Klassensystems und den großen Errungenschaften einer Nation, die mit sich selbst ins reine gekommen ist, ist es natürlich längst viel zu spät, sich um eine Schule zu kümmern, wenn der Nachwuchs bereits stolze vier oder fünf Jahre alt ist: Mittlerweile ist der Run auf die Privatschulen so groß, daß man sein Kind nicht erst nach der Geburt, sondern bereits in utero anmeldet, am besten vor der ersten Zellteilung.
Es mag Leser geben, die (mit einem gewissen Stolz) nur eine ungenaue Vorstellung davon haben, was die Begriffe ›Prep School‹ und ›Public School‹ überhaupt bedeuten.
Eine Prep School ist eine Einrichtung, die, wie der Name schon sagt, was durchaus ungewöhnlich für eine britischeInstitution ist, Kinder vorbereitet. Und zwar in diesem Fall vorbereitet auf den Eintritt in die Public School. Eine Public School ist, wie der Name nun ganz und gar nicht sagt, was eben durchaus typisch für eine britische Institution ist, ausschließlich privat. Public Schools sind dazu da, Schüler im Alter zwischen dreizehn und achtzehn Jahren moralisch zu unterweisen, zu formen und auszubilden. Prep Schools rekrutieren ihre Schüler irgendwo im Alter von acht, neun oder zehn Jahren und bereiten sie auf die Common Entrance Examination vor, eine Prüfung, die für sämtliche Public Schools verbindlich ist. Gleichwohl gelten für die einzelnen Public Schools unterschiedliche CE-Ergebnisse. Winchester etwa, wo man nur an den wirklichen Schlauköpfen interessiert ist, nimmt nur Schüler auf, deren CE-Resultate deutlich über siebzig Prozent liegen, während Malvern, Worksop und Monckton Combe sich unter Umständen bereits mit Ergebnissen knapp über oder auch unter fünfzig Prozent zufriedengeben. Das bedeutet zugleich, daß es keine Bestehensgrenze für das Common Entrance gibt. Public Schools entscheiden über die Aufnahme eines Schülers nach der Zahl der zu vergebenden Plätze, nach dem Selbstverständnis ihrer akademischen Reputation, nach den sportlichen, musikalischen oder künstlerischen Qualitäten des Bewerbers oder auch danach, ob es sich um den Nachwuchs eines Ehemaligen oder das Kind berühmter, reicher oder umworbener Eltern handelt.
Zu meiner Zeit, also in den frühen Sechzigern, waren alle Prep und Public Schools nahezu ausnahmslos reine Jungeninternate. Heute sind in vielen Schulen auch Mädchen zugelassen, manchmal nur in der Sixth Form, anderswo von der ersten Klasse an aufwärts. Andererseits scheuen sich viele Eltern, ihre Kinder so früh aus dem Haus zu geben, und ziehen es vor, sie als Externe oder Wochenschüler anzumelden. Die Direktoren sind jünger als früher und in den meisten Fällen auch verheiratet. Die Eltern verlangen mehr Mitspracherecht,erscheinen regelmäßig auf Klassenpflegschaftssitzungen und beschweren sich sehr viel unumwundener über Unterbringung, Disziplinfragen und das Curriculum. Heizung, Kost, Ausstattung, Lehrplan und Disziplin scheinen heutzutage weit weniger streng und spartanisch als noch vor zwanzig Jahren. Abgesehen von diesen Veränderungen aber ist das System selbst, soweit ich das feststellen konnte, noch weitgehend das alte.
Der Tradition folgend, schicken Väter ihre Zöglinge gewöhnlich auf die Prep School, die sie selbst besucht haben. Mein Vater war nun allerdings Chorknabe an St. Paul’s Cathedral gewesen und hatte die dortige Chorschule besucht. Daß mein Bruder und ich in seine Fußstapfen treten würden, war mehr als unwahrscheinlich. Die Gesangsversuche von Roger und Stephen Fry, selbst bevor Mutter Natur uns allerlei pubertäre Veränderungen aufzwang, konnte Zuhörer dazu bringen, sich mit spitzen Bleistiften in den Hals zu stechen, aus dem dritten Stock zu springen, sich die inneren Hörwerkzeuge herauszureißen, Strom an ihre Genitalien zu legen, eine Jim-Reeves-Platte aufzulegen, sich mit hysterischem Lachen vor den nächsten Bus zu werfen ... kurzum, alles und jedes zu unternehmen, um dieser Qual zu entkommen. Die Cathedral
Weitere Kostenlose Bücher