Commander Scott 11 - Versklavte Erde
Guirda Han, die zu kämpfen gedachte, hatte man tot aufgefunden, ehe ihr die letzte Demütigung zugefügt werden konnte. Hatte sie wirklich selbst Hand an sich gelegt, oder war sie das Opfer eines Meuchelmörders geworden?
»Wir wollen einander doch verstehen, Natalie«, sagte Teri Kramer leise und setzte sich neben sie. »Ich will ja gar nicht behaupten, wir seien Freundinnen, aber ich hasse dich doch nicht. Ich möchte wirklich nicht haben, daß man dich in aller Öffentlichkeit demütigt. Du bist krank, das weiß jeder, und alle würden es natürlich finden, wenn dir die Last deiner Ämter zu schwer würde.« Natalie versteifte sich. Jetzt kam es also. »Und?« fragte sie.
»Meinst du nicht auch, daß ein Rücktritt am besten wäre? Wir würden ihn verstehen. Es wäre vernünftig, wenn du das Unvermeidliche mit Anstand hinnehmen würdest. Dein Ansehen im Rat ist sehr gesunken. Niemand hat für deine Vorschläge gestimmt. Und so bleibt dir wirklich keine andere Wahl als der Rücktritt.«
»Es gibt immer noch eine andere Möglichkeit, Teri.«
»Richtig. Aber denk doch an die Alternative. Guirda Han war eine sehr törichte Frau. Sie war indiskret und dickköpfig. Dein Gefährte ist der lebende Beweis ihrer Dummheit. Du hast doch sicher die Gerüchte gehört?«
Natalie fühlte, wie sich ihre Kehle zusammenschnürte und ihr Magen verkrampfte. Sie trank einen Schluck Wasser aus dem Glas am Tisch und kämpfte um Selbstbeherrschung und Haltung.
»Royce ist Guirdas natürlich geborener Sohn«, flüsterte Teri, und die Andeutung von Bosheit in ihrer Stimme ließ sich nicht leugnen. »Sie trug ihn selbst aus und gebar ihn auch. Er wurde insgeheim auf ihrem Besitz in Formelaque erzogen und erst in die Gesellschaft eingeführt, als er gelernt hatte, seine Zunge zu hüten.
Selbstverständlich lag ihr daran, ihm einen starken Schutz zu sichern, und da warst eben du die beste Lösung. Damals wenigstens.«
Ja, es geschah immer wieder, daß Frauen darauf bestanden, ein Kind selbst auszutragen und aufzuziehen, so sehr es gegen alle Konventionen verstieß. Meistens waren es Frauen der unteren Ränge, die sich dafür mit Schande bedeckten, und ihren Kindern war jeder gesellschaftliche Aufstieg verwehrt. Aber Guirda Han?
Natalie erinnerte sich ihrer gut. Sie war eine große, starke Frau mit einem weichen Mund und warmen Augen. Ihre Hüften und Brüste waren ausgeprägter als die Mode es vorschrieb. Eine Kreatur der Erde mit einem tiefen Gefühl des Mitleidens. Und sie war lieber gestorben, um ihrem Sohn Schande zu ersparen, um ihm Sicherheit zu geben.
»Dir kann man daran selbstverständlich keine Schuld geben«, sprach Teri Kramer weiter. »Aber du weißt doch, wie es ist. Wer glaubt dir, daß du nichts gewußt hast, wenn die Geschichte erst einmal durchgesickert ist? Schließlich hat Gurda dir zu einer hohen Stellung verholfen. Du hast aus dieser Verbindung Nutzen gezogen. Wenn du nun in etwa einer Woche zurücktreten würdest, könnte das Geheimnis zwischen uns bleiben.«
Wie lange? Frauen schwatzten gern und neigten zu Skandalen. Und Teri war bestimmt keine Freundin, wie sie das selbst zugegeben hatte. Sobald Natalie den Rat verließ, würde sie reden. Dann gab es häßliche Kommentare und obszöne Unterstellungen. Klar, einmal würden sie auch wieder zu schwatzen aufhören, aber dann war Natalies Ruf schon ruiniert, sie hatte alle Macht und Verantwortung verloren und war öffentlich beschämt worden. Ihr Haus würde ihr ebenso wenig verzeihen wie die Gesellschaft.
Aber jetzt wußte sie wenigstens, womit sie rechnen mußte.
»Hast du Beweise dafür, Teri?«
Die Frau lächelte, gab aber keine Antwort. Also kein gültiger Beweis. Guirda hatte sicher dafür gesorgt. Höchstens Diener konnten aussagen, und die waren alle bestechlich. Aber Guirda war tot, und mit ihrem Tod hatte sie für alle Zeiten die einzige Zeugin beseitigt, die etwas anderes hätte beweisen können.
»Hast du Beweise, Teri?« wiederholte Natalie. »Willst du denn kämpfen? Glaub mir, das wäre ein Fehler. Ich habe alle Beweise, die nötig sind.« Natalie konnte sich denken, weshalb Teri auswich. Für Gerüchte brauchte man ja keine Beweise. Geworfener Schmutz konnte nie völlig abgewaschen werden. Ihr wurde schlagartig klar, daß ihre einzige Verteidigungsmöglichkeit die war, die Glaubwürdigkeit dieser Frau zu untergraben. Das mußte sie so gründlich besorgen, daß alles, was sie danach sagte, als boshafte und gemeine Lüge angesehen wurde.
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