Contes de Fees Maerchen
Forscher: er wollte schöne Märchen erzählen und kümmerte sich nicht um ihre Herkunft. Er sammelte nicht. Er sah sich nicht als Sachwalter und Überlieferer, auch wenn einige seiner Märchen reines Volksgut sind: vor allem «Rotkäppchen», das die Brüder Grimm sich über hundert Jahre später oft wörtlich gleich von der «Alten Marie» in Kassel erzählen ließen, und «Der gestiefelte Kater», das sie in der ersten Auflage ihrer Sammlung brachten und in der zweiten nur deshalb wegließen, weil ihnen bekannt geworden war, dass Perrault es veröffentlicht hatte, und sie ihrer eigenen Erzähl-Quelle nicht ganz trauten.
Unsere Ausgabe ist im französischen Text eine getreue Wiedergabe der Erstveröffentlichung von 1697. [Nach Les Contes de Ch. Perrault, précédés d’une préface par P. C. Jacob, Bibliophile, et suivis de la Dissertation sur les Contes de Fées, par le Baron Walckenaer. Paris, Librairie des Bibliophiles, E. Flammarion, Successeur, o.J. ] Nur die Schreibweise entspricht der heute gebräuchlichen. Die Zeichensetzung des Originals allerdings erschien uns gelegentlich so reizvoll und einleuchtend, dass wir sie nicht in allen Fällen der modernen angeglichen haben.
Bei der deutschen Fassung haben wir uns bemüht, so wörtlich und schlicht wie möglich zu übersetzen. Die Versuchung, «selber das Märchen zu erzählen», war oft groß. Wir haben ihr einigermaßen widerstehen können, weil die «Moral» am Ende jeweils die Möglichkeit zu größerer Freiheit gab. Die Eigennamen haben wir übersetzt, wenn sich ein deutsches Wort aufdrängte; aus dem «Riquet» (zu «Henri») einen Heinz oder Heiner zu machen, wollte uns allerdings nicht gefallen. Das Wort «ogre» hat uns Kopfzerbrechen bereitet. Zwar bedeutet es immer einen mit Zauberkräften begabten «Menschenfresser», dennoch haben wir im «Gestiefelten Kater» nur von einem «Zauberer» gesprochen.
Möge diese zweisprachige Ausgabe – für Deutschland seit langem die erste vollständige – den Perraultschen Prosamärchen viele Freunde gewinnen!
ufm
Was für die Franzosen Charles Perrault war, das waren für die Deutschen, gut hundert Jahre später, die Brüder Grimm, für die Russen, Mitte des 19. Jahrhunderts, A. N. Afanasjew, für die Briten, Ende des 19. Jahrhunderts, Joseph Jacobs, für die Spanier, in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, Vater und Sohn Espinosa. Wunderbare Märchen-Welten:
English Fairy Tales / Englische Märchen – dtv 9281
Hapодные русские сказки / Russische Volksmärchen – dtv 9413
Nicolasín y Nicolasón. Cuentos populares / Nicolasin und Nicolason. Spanische Volksmärchen – dtv 9382
Informationen zum Buch
Dieses Taschenbuch enthält in französisch-deutschem Paralleldruck sämtliche ‹Contes en Prose› von Charles Perrault, dem französischen Pendant der Brüder Grimm: die Märchen vom Rotkäppchen und von der Schönen, die im Walde schlief (unser Dornröschen), vom Blaubart und vom Gestiefelten Kater, von den Feen, vom Aschenputtel, von Riquet mit dem Schopf und vom Däumling.
Charles Perrault (I628-1703) hat diese Märchen nicht erfunden, sondern er hat Märchen-Stoffe, die mündlich überliefert waren, aufgegriffen und literarisch gestaltet. Seine Absicht war, seinen und anderen Kindern im Rahmen spannender Erzählungen ein paar passable «Moralitäten» zu vermitteln – und zugleich den erwachsenen Vorlesern und Lesern ein gebildetes Vergnügen zu machen. Beides gelingt seinen Märchen noch heute.
** Texte für Fortgeschrittene
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