Cool
Polizei auch den Schuldigen findet, läßt sich Spaggiari verhaften, aber man ist nicht sicher, daß er alle Verhöre durchsteht und verhilft ihm zur Flucht. Was kann der Supermann noch mehr tun, um seine Identität zu wahren?
Nun, er kann Spaggiari töten lassen.
Im Herbst 1977 tauchen in Nizza tatsächlich Gerüchte auf, daß Spaggiari tot ist. Jedoch werden diese bald von einigen öffentlichen Auftritten des Monsieur Albert zerstreut. Er schickt den Journalisten vom Nice Matin eine Postkarte: Sie zeigt sein Porträt, und er trägt einen schwarzen Mantel und eine Baskenmütze - vielleicht, um einen neuen Haarschnitt zu verbergen. Der Gruß lautet: »Bien le bonjour, d’Albert!«
Ein Graphologe vergleicht die Schrift mit der von Spaggiari und erklärt sie für identisch.
Albert schreibt auch an Nice Matin, daß Gérard Rang nicht der Mann ist, der die Kawasaki 900 gefahren und ihm zur Flucht verholfen hat.
Die Postkarte, der Brief und das Geldmandat, das er dem Besitzer des beschädigten Renault 6 geschickt hat, sind alle in Nizza abgestempelt. Das will jedoch nichts heißen. Die alten Kameraden aus dem >Roi du Yan< erzählen fröhlich bei Wein und Spaghetti: »Wir haben ihn damals rausgebracht. Und jetzt ist er in Südamerika in Sicherheit.« Die Aufregung ist verflogen, über das Superding ist Gras gewachsen. In dem bescheidenen Prozeß des Jahrhundertbankraubs werden nur fünf kleinere Haftstrafen ausgesprochen. Der Hauptangeklagte Spaggiari fehlt und wird in Abwesenheit zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Für Dominique Poggi werden vom Staatsanwalt zwar ebenfalls zwanzig Jahre gefordert, doch er wird mangels Beweisen freigesprochen. Und auch Audi, die zwei Monate nach ihrem Verschwinden, ohne Angabe von Details nach Nizza zurückkehrt, wird freigesprochen.
Sie führt - allein - das bescheidene Leben der kleinen Krankenschwester in der Praxis an der Route de Marseille und fährt am Wochenende auf ihre Farm nach Bézaudun, wo sie von den glücklichen alten Zeiten träumt, als sie noch mit Albert Spaggiari zusammenlebte. Monsieur Albert dagegen führt endlich das erträumte Leben eines Playboys und Multimillionärs. Auf einer Hazienda irgendwo in Südamerika läßt er die Puppen tanzen und badet, wie er Reportern in Interviews freizügig erklärt, in Champagner.
P.S. Für die besonders gute Zusammenarbeit bedanken wir uns bei der Polizei, den Behörden und der Unterwelt von Nizza.
Die Autoren
POSTSCRIPTUM
»Tout me fait rire«
»Ich finde alles zum Lachen«
Es ist Samstag, fünf Uhr morgens, der 10. Juni 1989. Ein anthrazitfarbener Peugeot mit dunkelgetönten Scheiben rast durch die Straßen von Hyères in Südfrankreich. Der Wagen wäre völlig unauffällig, wenn er nicht so schnell fahren würde. Schließlich hat er französische Nummernschilder und ist das Modell, was so viele französische Bürger bevorzugen.
Er gleicht dem metallgrauen Peugeot, der vor dreizehn Jahren eine Schlüsselrolle in diesem Ganovenstück gespielt hat. In dem Stück, in dem die Société Générale von Nizza um hundert Millionen Francs, rund sechzig Millionen Mark, gebracht wurde. Der Peugeot bleibt unbemerkt im Morgengrauen, selbst, als er mit quietschenden Reifen vor dem Haus von Madame Juliette Clement zum Halten kommt. Im Inneren des düsteren Hauses der älteren Frau findet ein seltsames Schauspiel an diesem Morgen statt. Der Fahrer des Peugeot und ein Beifahrer öffnen ihre Türen. Beide Männer reisen incognito. Sie tragen schwarze Overalls und Masken. Sie sehen aus wie exotische Kriminelle oder, als ob sie einem James-Bond-Film entsprungen seien. Die Masken und die Bekleidung verleihen den ohnehin obskuren Erscheinungen noch etwas Unheimlicheres. Die beiden Gangster sind sehr nahestehende Vertraute zu einem Dritten, der im Fond liegt. Die zwei flüstern hektisch auf italienisch, öffnen eine der hinteren Türen, beugen sich vor und heben behutsam den dritten Mann aus dem Auto. Er trägt nicht die ninja-ähnliche Kleidung seiner zwei Freunde, die ihn in solcher Heimlichkeit hierhergebracht haben. Er hat sich nicht verkleidet, weil - was immer an Polizeiaktionen an diesem Morgen passiert - es in seinem Leben keine Rolle mehr spielen wird. Er ist tot. Sein Name: Albert Spaggiari. Aber selbst, wenn er noch leben würde, wäre es unwahrscheinlich, daß er sein Gesicht hinter einer gewöhnlichen schwarzen Maske verstecken würde. Seine Arroganz und sein übermächtiges Selbstbewußtsein würden
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