Cora Historical Gold 129 - Die Novizin
eilen, um die Fische zu füttern.
Ihr eiserner Anführer war allerdings kaum besser dran. Peril, der Earl of Whitmore, war dem offenen Meer abhold … zu oft schon war er in Seenot geraten, um sich auf schwankenden Planken wohl zu fühlen. Doch er musste den anderen ein Vorbild sein und auch einen guten Eindruck auf die Kandidatenprüferin hinterlassen. Er musste stark sein und ihr zeigen, dass er Herr der Lage war, sonst verlor er ihre Achtung. Als Wind und Wellen an Stärke zunahmen, sah er öfter zu ihr hin. Dort hockte sie, Rock und Füße patschnass, kämpfte darum, aufrecht sitzen zu bleiben, das Kinn gereckt, die Augen geschlossen. Sie betete also. Er stöhnte laut, was sie zum Glück im brausenden Wind nicht mitbekam.
Peril hangelte sich an den quer über das Deck gespannten Seilen bis zur Ladeluke, um Anweisungen für seine Männer in den Frachtraum zu rufen. Sie sollten die Pferde ruhig halten, so gut es eben ging. Dann arbeitete er sich an der Reling zum Steuerrad vor, wo der Kapitän mit den Unbilden des Wetters und der dräuenden See rang. »Wir kommen durch«, schrie der alte Seebär ihm zu, »es sei denn, der Wind dreht noch gewaltig auf.«
Der Earl nahm seinen Helm ab und verstaute ihn in einer Taurolle. Er ließ seinen Blick über das ganze Schiff schweifen. Der Anblick dieser Nussschale, die sich durch die hohen Wellen kämpfte, war ernüchternd. Einen Augenblick lang bereute er fast, auf der Abreise am Morgen beharrt zu haben. Zwar war seine baldige Rückkehr nach Whitmore dringend geboten, doch was zählten die dort lauernden Gefahren und die Störmanöver eines habgierigen, herrischen Nachbarn noch, wenn er selbst mit Mann und Maus und Wagen auf dem kühlen Meeresgrund landete? Unwillkürlich schmunzelte er bei dem Gedanken, dass er ausgerechnet zur Fastenzeit ein Fraß der Fische werden würde.
Just in diesem Augenblick hob sich der Bug aus den Wellen, und ein Teil der Ladung auf dem Deck geriet ins Rutschen, darunter auch das Nonnengefährt, das für den Transport mit den Rädern nach oben auf dem Vordeck verstaut war. Zwei Matrosen eilten sofort herbei, konnten aber nicht mehr verhindern, dass es auf die Reling zuschlidderte und dort hart aufprallte. Peril war schon unterwegs, langte nach einem Seil und hielt auf den Karren zu, um ihn festzubinden, als eine heftige Bö das Segel einriss und das Schiff sich hart auf die Seite legte.
Peril wurde gegen die Reling geschleudert und musste tatenlos mit ansehen, wie das Schiff kippte … immer, immer weiter. Als das Deck beinahe senkrecht im Wasser stand, rutschte der Karren über die Reling. Er sah ihn im Meer versinken und wenig später in einiger Entfernung auftauchen. Dann zerriss ein Schrei das Meeresbrausen, und die Gattengutachterin rollte mit Sack und Pack, Kisten, Kästen und Fässern in seine Richtung.
Bestürzt sah er sie über das Deck wanken und wild mit den Armen wedeln, um irgendwo Halt zu finden, aber geradewegs auf die Öffnung im Schanzkleid zusteuern, wo schon der Karren über Bord gegangen war. Er ließ die Reling los und stürzte hinter Eloise her, die bereits dem Wasser am Decksrand bedrohlich nahe war. Sein Gewicht trug ihn an der Öffnung vorbei, wo er die Nonne an sich reißen und sich mit den Füßen zwischen den Streben der Reling verankern konnte.
Die Rahnocke grub in die Wellen, und das zerfetzte Segel füllte sich teilweise mit Wasser, so dass das Schiff scheinbar ewig auf der Seite lag. Eisiges Wasser ergoss sich allenthalben. Perils betäubte Sinne spürten nur noch den Druck der Relingpfosten auf seine Füße und Schwester Eloises Gewicht auf seinem Körper.
Dann fiel das Deck so plötzlich, wie es gestiegen war, wieder in die Waagerechte, der Earl und die Nonne mit dumpfem Aufprall hinterdrein. Bebend und stöhnend rollte das Schiff wieder auf den Kiel zurück, und Peril und Eloise stöhnten und bebten nicht minder.
Der Kapitän und die Mannschaft brauchten nicht lange, um den Schaden zu begutachten. Sie eilten zu den Seilen und holten das zerfetzte schlaffe Segel ein.
Eloise lag lang ausgestreckt auf dem Ritter, mit dem Gesicht auf seiner Brust, die Finger tief in seine muskulösen Arme gekrallt. Trotz aller Kälte und Nässe spürte sie dort, wo sie Körperkontakt mit ihm hatte, nichts davon. Seine Arme, die sie fest umschlossen hielten, zuckten. Als sie den Kopf hob und ihm in die Augen sah, las sie große Erleichterung darin. Gemeinsam rappelten sie sich auf. Eloise musste schwer ankämpfen gegen den
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