Cotton Reloaded - 13: Die Informantin (German Edition)
gedroht hat. Verhagen konnte sie bis zum nächsten Tag hinhalten, wahrscheinlich mit dem Versprechen einer glaubwürdigen Erklärung. Doch er war in Panik. Dann entdeckte er in Sandras Redaktionsnotizen zufällig die Nummer, unter der Roberto González sie wegen des Interviewtermins angerufen hatte.«
»Leider wussten wir nichts von dieser Nummer«, warf Decker mit bitterer Stimme ein. »Und natürlich hat Verhagen dafür gesorgt, dass sie sich nicht in den Unterlagen befand, die er uns so überaus freundlich zur Verfügung gestellt hat.«
»Möglicherweise hätten wir sonst das dazugehörende Telefon orten und Gold vielleicht früher schnappen können«, fügte Zeerookah mit einem entschuldigenden Schulterzucken hinzu.
»Diese Details tun jetzt nichts zur Sache«, unterbrach ihn Mr High mit einer ungeduldigen Handbewegung und fuhr dann fort: »Jedenfalls hatte Verhagen eine ebenso geniale wie perfide Idee. Er rief Roberto González an und verriet ihm Sandras Adresse. Er wusste, dass González außer sich vor Wut war wegen des Todes seines Bruders, und er wusste, dass er sich dafür an Sandra rächen wollte. Also hat er sie verkauft.«
»Aber warum?«, flüsterte Dottie Overmeyer mit tränenerstickter Stimme.
»Weil er ein Feigling ist«, sagte Cotton. »Er wollte Sandy tot sehen, aber er war zu feige, sie selbst umzubringen. Also hat er Gold, den Psychopathen, in ihre Wohnung geschickt, in der Hoffnung, dass der Kerl Sandy tötet. Was er dann ja leider auch getan hat.«
»Und kaum dass Gold Sandys Apartment verlassen hat«, fuhr Decker fort, »ist Verhagen nach oben gestürmt und hat alle belastenden Unterlagen in seine schicke große Tasche gepackt. Und hat sie vor unser aller Augen seelenruhig hinausgetragen. Ich bin sicher, die Unterlagen sind längst Asche.«
»Aber eines konnten Sie nicht vorhersehen, Verhagen«, sagte Cotton. »Dass Bobby Gold, obwohl er ein Psychopath war, seine Tochter liebte und ihr häufig Spielzeug mitbrachte. Als er die Tweety-Figur auf Sandys Schreibtisch sah, wusste er nicht, dass es sich um einen USB-Stick voller brisanter Informationen handelte. Deshalb hat er ihn seinem kleinen Mädchen gebracht.«
Atticus Verhagen hob die Arme, trat ein paar Schritte nach hinten, bis er mit dem Rücken zur Wand stand, und stammelte: »Ich … Ich wollte das nicht, glauben Sie mir. Ich wollte das alles nicht. Ich wollte nur meine Zeitschrift retten, mein Lebenswerk …«
»Sie wollten bloß Ihren Hintern retten, Sie Bastard!«, entfuhr es Cotton. »Sie wären wegen Unterschlagung im Knast gelandet, und das wollten Sie verhindern. Sie sind nichts Besonderes, Verhagen. Sie sind bloß ein gewöhnlicher Krimineller, der zur Vertuschung einer Straftat noch weitere Straftaten begeht.«
»Ich bin kein Verbrecher!«, brüllte der Verleger. »Ich bin Atticus Verhagen! Ich habe Jahrzehnte in einer der härtesten Branchen überlebt. Ich verliere nicht, niemals, hören Sie!«
Les Bedell, der Psychologe, der das G-Team manchmal bei seinen Fällen beriet, hätte das ungesunde Funkeln in Verhagens Augen wahrscheinlich als manisch übersteigertes Selbstwertgefühl interpretiert. Für Cotton war dieses Funkeln der letzte Beweis, dass Atticus Verhagen vollkommen übergeschnappt war. Die ganze Zeit, als sie hinter Bobby Gold her waren, hatten sie gedacht, dass sie ein Monster jagten, dabei waren es in Wirklichkeit zwei.
Ohne ein Wort zu sagen, erhob sich Richard Overmeyer von seinem Stuhl, ging zu Verhagen und verpasste ihm eine Ohrfeige, die dem Verleger die Brille aus dem Gesicht fegte und ihn zu Boden schickte.
Verhagen blieb ein paar Sekunden röchelnd liegen, ehe er sich umdrehte, sich die zerbrochene Brille mühsam auf die Nase fummelte, auf Richard Overmeyer deutete und mit überschnappender Stimme schrie: »Dafür zeige ich Sie wegen Körperverletzung an! Ich habe Zeugen!«
Cotton sagte: »Ich habe nur einen tölpelhaften Verleger gesehen, der gestolpert ist und sich das Kinn aufgeschlagen hat.«
Zeerookah und Decker nickten. »Ich auch«, sagten beide unisono.
»Aber Sie, Sie haben doch alles gesehen?«, wandte sich Verhagen an Mr High.
John D. High starrte den Verleger eisig an, ehe er zu Cotton sagte: »Agent, entfernen Sie dieses Individuum aus meinem Büro. Und zwar sofort.«
»Mit Vergnügen, Sir!« Cotton packte Verhagen unsanft am Arm.
Epilog
Als Cotton ein paar Tage später am Abend von der Arbeit nach Hause kam, fand er eine Einladung zur Beerdigung von Sandra Overmeyer in seinem
Weitere Kostenlose Bücher