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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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sagt Ihr da?«
    »Ihr wißt sehr gut, was ich sage.« Cyrion trat an ein Fenster und bewunderte den Blick auf einen verwilderten Rosengarten.
    »Ich weiß von nichts. Ich -«
    »Um es ganz offen zu sagen. Obwohl Ihr sehr sorgfältig vorgegangen seid, habt Ihr doch einiges übersehen. Erstens, selbst der wenig phantasievolle Roilant, der plötzlich Erscheinungen sah und sich wenig erfolgreich vor herumfliegenden Amuletten duckte, gab weder seinem schlechten Gewissen noch Gottes Zorn die Schuld, sondern ließ die Vorfälle untersuchen. Der Mann, den er damit beauftragte, versicherte ihm, daß Zauberei am Werke war. Da das nun geklärt war, mußte Roilant Eliset für die Zauberin halten. Ich bin sicher, daß Ihr niemals die Gerüchte gehört habt, die Eliset der Zauberei bezichtigten, und Roilant wird sich ritterlich darüber ausgeschwiegen haben, oder Ihr hättet das berücksichtigt. Inzwischen hat Roilant heraus gefunden, daß Eliset schuldlos ist, und verdächtigt eine andere Person. Aber ich hatte Gelegenheit, diese Person zu beobachten. Ihre magischen Fähigkeiten waren kaum der Rede wert. Ohne Unterstützung von Trunken und Giften war sie so gut wie machtlos. Obwohl sie selbst vielleicht davon überzeugt war, daß sie das, was Roilant zugestoßen war, mit ihrer Willenskraft bewirkt hatte, war es nicht an dem. Und da ist noch etwas. Da bestimmte Gegenstände bei diesen geheimnisvollen Vorfällen eine Rolle spielten - Amulett, Blumen - muß man davon ausgehen, daß derjenige, der dafür verantwortlich war, davon wußte. Eliset wußte natürlich Bescheid. Sie hatte die Geschenke an Roilant geschickt. Aber Eliset war nicht die Zauberin. Während die zweite Person, von der ich sprach, kaum Bescheid gewußt haben dürfte. Eliset hatte weder zu der Frau, noch zu ihrem anderen Cousin, Mevary, genug Vertrauen, um ihnen irgendwelche Geheimnisse anzuvertrauen. Was mir außerdem auffiel, war das Aussehen der Eliset, die Roilant als Geist erschien. Sie war schlank und hatte goldenes Haar, aber kein Gesicht. Auch sprach sie kein Wort. Was sie zu sagen hatte, erschien als Flammenschrift in der Luft. All das lief auf ein Rätsel hinaus. Wer konnte über Elisets Haarfarbe und ihre kleinen Geschenke Bescheid wissen - ohne aber - verständlicherweise - solche Einzelheiten wie die Gesichtszüge und Stimme zu kennen, da er sie nie getroffen hatte?«
    Es gab eine kleine Unterbrechung, und Cyrion betrachtete rücksichtsvoll den Rosengarten, während hinter ihm eine Reihe von Protesten geäußert wurden. Dann schloß er: »Es tut mir leid, aber das sind die Tatsachen. Aber was ist der Grund? Es scheint, daß Ihr doch nicht den Wunsch habt, den unglücklichen Roilant zu heiraten. Sobald Euch klar wurde, aus welcher Richtung der Wind seiner Zuneigung wehte, trieb Euch der Schreck das Blut in die Wangen, wie auch jetzt. Was er bedauerlicherweise für Zustimmung hielt. Daraufhin habt Ihr Eure beachtlichen Fähigkeiten dazu benutzt, seine Aufmerksamkeit von Euch ab- und auf seine langjährige Verlobte zurückzulenken. Ihr mußtet ihn nur an seine Pflichten gegenüber Eliset erinnern, und er würde Euch nicht mehr belästigen.«
    Roilants Auserwählte blieb der Mund offen stehen. Da das einen unvorteilhaften Eindruck machte, entschloß sie sich etwas zu sagen.
    »Wer seid Ihr?«
    »Ach ja. Mein Name ist Cyrion. Hilft Euch das weiter?«
    »Ihr - Ihr Schuft, Ungeheuer! Beschuldigt Ihr mich ungesetzlicher Handlungen?«
    »Eure magischen Fähigkeiten interessieren mich absolut nicht, nur in diesem besonderen Fall. Ihr könnt Schlangen aus König Malbans Ohren hervorzaubern und werdet nichts von mir hören, außer vielleicht einen gedämpften Applaus. Was Roilant betrifft, so sehe ich mich genötigt, ihn zu unterrichten. Allerdings gibt es noch eine andere Möglichkeit.«
    Roilants Auserwählte preßte die Lippen zusammen. Sie war blaß geworden.
    »Geld. Ihr wollt mich erpressen.«
    »Ich will eine unglückliche Ehe verhindern. Die andere Möglichkeit ist die, daß Ihr selbst Roilant zurückweist, wie Ihr es von Anfang an tun wolltet.«
    Sie fing an ihn zu beschimpfen, hörte aber bald wieder damit auf. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, daß Streiten sinnlos war.
    »Ja«, sagte sie schließlich. »Ja, ja. Es ist, wie Ihr sagt. Roilant ist ein guter Mann, aber ich verspüre nicht die geringste Neigung, ihn zu heiraten. Oder sonst jemanden. Was ich mir mein ganzes Leben lang gewünscht habe, ist zu reisen, zu lernen - allein, ungehindert.

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